Italienische Novellen, Band 1
umschlossen von den feinsten Rubinen und voll der reichsten und schönsten Perlen, wie sie nur je das gewürzreiche Morgenland uns gesandt. Sah er aber diese schönen Augen, diese funkelnden Sterne, diese blitzenden Sonnen, die sie so meisterlich hin und her strahlen ließ, so konnte man wohl beschwören, daß in diesen reizenden Flammen die Liebe wohne und in diesem hellen Glanz ihre scharfen Pfeile wetze. Und wie lieblich flatterten die krausen losen Locken umher, welche, die reine freie Stirn umspielend, gesponnener Seide und glänzendem Golde gleich, sich bei dem leisesten Hauch eines Lüftchens kosend umher schaukelten! Ihre Arme waren so ebenmäßig, ihre beiden Hände so zierlich gebildet, daß der Neid selbst daran nichts hätte ändern können. Überhaupt ihre ganze Gestalt war so anmutvoll und lebendig, so liebenswürdig von der Natur gebildet, daß ihr gar nichts fehlte. Sodann bewegte sie sich so leicht und heiter, je nach den Umständen, mit dem ganzen Körper oder teilweise, daß jede ihrer Handlungen, jeder Wink, jede Bewegung voll unendlicher Anmut war und es schien, sie dringe mit offener Gewalt in die Herzen der Beschauer ein. Wer sie daher Fenicia nannte, der entfernte sich nicht von der Wahrheit: denn sie war in der Tat ein Phönix, der alle anderen Jungfrauen unendlich weit an Schönheit übertraf. Und nicht weniger schön war das Aussehen Belfiores; nur hatte sie als ein jüngeres Kind noch nicht die Hoheit, den mächtigen Reiz in ihren Gebärden und Bewegungen.
Der ganze Tag also wurde in festlicher Freude hingebracht, und die beiden Bräutigame schienen sich an dem Anblick und der Unterhaltung mit ihren Frauen nicht ersättigen zu können. Herr Timbreo besonders schwelgte in Seligkeit und Entzücken und wollte sich fast selber nicht glauben, daß er wirklich da sei, wo er sich befand; denn immer fürchtete er, nur zu träumen, oder alles sei ein holder Sinnentrug, den die Kunst eines Zauberers ihm vorspiegele.
Am folgenden Tage schickten sie sich an, nach Messina zurückzukehren und dort die Hochzeit mit jener Feierlichkeit zu begehen, die sich für den Rang der beiden Ritter geziemte. Die beiden Ehemänner hatten schon durch einen Eilboten einen ihrer Freunde, der das Vertrauen des Königs besaß, von ihren Schicksalen unterrichtet und ihm aufgetragen, was sie wünschten, daß er für sie tun möchte. Daher ging dieser noch desselben Tages zu König Pedro, ihm im Namen der beiden Ritter aufzuwarten, und erzählte ihm die ganze Geschichte ihrer Liebe und was sich von Anfang bis zu Ende mit ihnen begeben habe. Der König bewies hierüber eine nicht geringe Freude. Er ließ die Königin herbeirufen und befahl dem Vermittler, noch einmal in ihrer Gegenwart die ganze Geschichte zu erzählen. Dies tat er denn auch gewissenhaft und zur größten Genugtuung und nicht geringen Verwunderung der Königin, die, da sie von Fenicias kläglichem Schicksale vernahm, aus Mitleid für das Mädchen zu Tränen gerührt wurde. Da nun der König Pedro freisinniger herrschte als irgendein Fürst seiner Zeit und besser als andere das Verdienst zu belohnen wußte, und da auch die Königin höflich und freundlich war, eröffnete ihr der König seine Gesinnung und was er zu tun willens war. Als die Königin einen so großmütigen Vorsatz hörte, rühmte sie sehr die Ansicht und den Willen ihres Herrn und Gemahls. Er ließ daher in aller Eile festliche Zubereitungen am Hofe treffen, den ganzen Adel von Messina, Herren und Frauen, einladen, und verordnete, daß die vornehmsten Barone des Hofes mit zahlloser Begleitung anderer Ritter und Edeln, unter Führung und Leitung des Infanten Don Giacomo Dongiavo, seines Erstgeborenen, stracks den neuvermählten Schwestern vor Messina hinaus entgegenritten. Dieser sein Beschluß wurde in schönster Ordnung ausgeführt; sie ritten zur Stadt hinaus und waren noch nicht eine Meile weit gekommen, als sie den beiden Bräuten begegneten, die mit ihren Gatten und vielen andern Personen in frohem Zuge auf Messina zukamen. Als sie zueinander kamen, hieß der Infant Don Giacomo die Ritter wieder aufsitzen, welche abgestiegen waren, um ihm ihre Ehrerbietung zu bezeugen, und beglückwünschte sie und die schönen Schwestern im Namen seines Vaters höflich zu ihrer Vermählung; er selbst aber wurde von allen mit der größten Ehrerbietung empfangen. Auch alle Hofbeamte und anderen Teilnehmer an dem Zuge, der aus Messina gekommen war, empfingen die beiden Ehepaare nicht minder zuvorkommend
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