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Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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zu räumen. Andererseits ging aber sein Großmut auch nicht soweit, daß er den Geliebten Rowenas, für den er den Ritter nach den Ereignissen des Turniers halten mußte, befreit hätte. Ein Mittelweg zwischen Gut und Böse war das einzige, was er fand, und er befahl zweien seiner Knappen, dicht bei der Sänfte zu bleiben und jeden davon zurückzuweisen. In Torquilstone hatten sie alle genug für sich selber zu tun, und de Bracys Knappen brachten den verwundeten Ritter in ein entlegenes Gemach, wo er zuerst nur mit der alten Urfried zusammen war, dann aber wieder unter die Pflege der Rebekka kam.

Sechsundzwanzigstes Kapitel.
    Als Rebekka wieder am Lager Ivanhoes saß, war sie verwundert über die verzückte und selige Stimmung, in der sie sich fühlte, während alles um sie her in Gefahr und Verzweiflung schwebte. Als sie ihm den Puls fühlte und fragte, wie er sich befinde, lag in der Berührung ihrer Hand und im Ton ihrer Stimme eine innigere Anteilnahme, als sie hatte zum Ausdruck bringen wollen. Ihre Hand zitterte und ihre Hand bebte, und nur Ivanhoes kalte Frage: »Seid Ihr es, freundliches Mädchen?« brachte sie wieder zu sich und erinnerte sie daran, daß sie nie auf eine Erwiderung der Gefühle, die sie empfand, hoffen durfte. Sie seufzte kaum vernehmlich. Fragen, die sie nun an den Ritter richtete, sprach sie wieder im Tone ruhiger Freundschaft. Ivanhoe antwortete ihr rasch, er fühle sich wohl und besser, als er selber es erwartet hatte. »Dank Eurer kunstreichen Hilfe, teure Rebekka,« setzte er hinzu.
    »Teure Rebekka nennt er mich,« dachte sie bei sich selber, »aber er sagt es so kalt und gleichgültig. Sein Streitroß und sein Jagdhund sind ihm lieber als die verachtete Jüdin.«
    »Mehr quält Sorge mein Gemüt, freundliches Mädchen, als Schmerz meinen Leib,« fuhr Ivanhoe fort. »Ich habe erfahren, daß ich ein Gefangener bin, und wenn ich die rauhe starke Stimme richtig erkannt habe, die oft durch diese Hallen donnerte, so bin ich im Schlosse des Front-de-Boeuf. Wenn das der Fall ist, wie soll das enden und wie kann ich meinen Vater und Rowena schützen?«
    »Von dem Juden und seiner Tochter spricht er nicht,« sagte Rebekka zu sich selber, »es ist eine gerechte Strafe für mich, daß ich meine Gedanken an ihn hing.« Dann eilte sie fort und kehrte mit den spärlichen Nachrichten wieder, die sie hatte einziehen können. Sie konnte ihm nur erzählen, daß das Schloß belagert werde, von wem wisse sie aber nicht.
    Sie hatten nicht lange Zeit, so ungestört miteinander zu sprechen, denn bald wurde der Lärm im Schlosse stärker. Der schwere, eilige Schritt der Bewaffneten hallte durch die Gänge und Gemächer und die engen gewundenen Treppen. Es klang herüber, wie die Ritter ihre Krieger ermunterten und Befehle erteilten oder Verteidigungsmaßregeln anordneten, und oft genug verhallten ihre Worte im Waffengetöse. So furchtbar diese Laute auch waren, und so entsetzlich das, was sie verkündeten, so lag doch eine Erhabenheit darin, die selbst in diesen Augenblicken des Grausens Rebekkas starke Seele ergriff. Das Blut wich aus ihrer Wange, aber ihr Auge leuchtete. Furcht und Schauer der Erhabenheit erfüllten sie, während sie halb zu sich, halb zu ihrem Gefährten sagte: »Der Köcher klirrt – Speer und Schild erglänzt – der Ruf der Führer und Reisigen schallt laut.«
    Ivanhoe glühte vor Ungeduld, daß er zur Untätigkeit verurteilt war, und vor Verlangen, sich in den Kampf zu stürzen. »Könnte ich mich nur bis an das Fenster da schleppen, daß ich zusehen könnte,« sagte er, »hier liege ich nun ohne Kraft und ohne Waffen.«
    »Quält Euch nicht selber, edler Ritter,« sagte Rebekka. »Das Getöse ist plötzlich verstummt. Vielleicht kommt es gar nicht zum Kampfe.«
    »Davon versteht Ihr nichts,« sagte Wilfried. »Diese Todesstille bedeutet nur, daß die Männer an ihre Posten auf den Wällen gegangen sind. Sie erwarten den Angriff. Der Sturm steht bevor, und wird gleich mit voller Wut losbrechen. – Könnte ich nur das Fenster dort erreichen.«
    »Ich will mich an das Gitter stellen und Euch erzählen, was ich sehe,« sagte Rebekka.
    »Das dürft Ihr nicht,« fiel ihr der Ritter ins Wort. »Jedes Fenster, jede Öffnung wird bald ein Ziel für die Bogenschützen sein. Wenn ein aufs Geratewohl abgeschossener Pfeil –«
    »Er soll mir willkommen sein,« sagte Rebekka zu sich selber. Mit festen Schritten war sie gleich darauf die Stufen emporgestiegen. »Rebekka! teure Rebekka!« rief

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