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Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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schwarze Ritter von den großmütigen Geächteten verabschiedet hatte, ritt er geradewegs nach einem kleinen, nicht fernen Kloster, Sankt Botolph genannt, wohin Gurth und Wamba nach dem Fall von Torquilstone den verwundeten Ivanhoe gebracht hatten. Was in der Zwischenzeit Wilfried und sein Befreier begannen, braucht nicht berichtet zu werden, es genügt die kurze Bemerkung, daß nach langen ernsthaften Beratungen mehrere Boten in verschiedenen Richtungen das Kloster verließen und daß sich am Morgen nach seiner Ankunft der schwarze Ritter schon wieder anschickte, in Wambas Gesellschaft, der ihm als Begleiter dienen sollte, seine Reise anzutreten.
    »Wir wollen nach Conningsburgh,« sagte er, »dort wollen wir uns treffen. Dein Vater Cedric feiert dort das Leichenbegängnis seines edeln Vetters Athelstane. Ich finde dort deine edle sächsische Anverwandtschaft beieinander, Wilfried, und will sie besser kennen lernen als bisher. Dort sollst du mich aufsuchen und dich dann mit deinem Vater versöhnen.« Mit diesen Worten nahm er herzlich Abschied von Ivanhoe, der ihm die Hand küßte und ihm lange nachschaute.
    Kurz nach der Morgenandacht begehrte Ivanhoe den Prior des Klosters zu sprechen. Der alte Mann kam eilig herbei und fragte besorgt nach Wilfrieds Befinden. »Es geht besser,« antwortete Ivanhoe, »als ich selber gehofft habe. Der Balsam hat Wunder getan. Fast ist mir, als könnte ich schon meine Rüstung tragen, und um so besser, denn die Gedanken, die mir das Herz bewegen, machen mir eine längere Untätigkeit zur unerträglichen Qual.«
    »Davor sei Gott,« erwiderte der Priester, »daß der Sohn Cedrics des Sachsen dieses Kloster eher verlasse, als bis seine Wunden geheilt sind.«
    »Ich würde auch kein Verlangen danach tragen, Euer gastfreundliches Dach zu verlassen, wenn ich mich nicht stark genug dazu fühlte und wenn es mich nicht triebe...«
    »Und was kann Euch zu so schneller Abreise treiben?« fragte der Prior.
    »Habt Ihr nie, ehrwürdiger Vater,« entgegnete Ivanhoe, »eine Ahnung nahenden Ungemachs verspürt, für die Ihr keinen Grund finden konntet? Ist nie Euer Gemüt verdüstert worden, wie die sonnige Landschaft von einer Wolke, die mit einem Gewitter drohte? – Meint Ihr nicht, daß man auf solche Antriebe achten soll wie auf den Wink eines Schutzgeistes bei bevorstehenden Gefahren?«
    »Das will ich nicht bestreiten,« versetzte der Priester, indem er sich bekreuzte, »solche Ahnungen kamen und kommen vom Himmel, aber dann haben sie einen offenkundig guten Zweck. Ihr jedoch seid verwundet. Was soll es für Zweck haben, daß Ihr den Fußstapfen dessen folgt, dem Ihr doch nicht helfen könntet?«
    »Ich bin stark genug,« erwiderte Ivanhoe. »Ich bitte Euch, gebt mir ein Pferd, das leichter geht, als mein Streitroß.«
    Der Prior erfüllte seine Bitte und bald darauf schwang sich Ivanhoe in den Sattel und folgte, begleitet von seinem Knappen Gurth, der Spur des schwarzen Ritters in den Wald hinein.
    Unterdessen zog der schwarze Ritter mit dem Narren Wamba seine Straße durch das Dickicht des Forstes, zuweilen sangen sie ein Lied, zuweilen plauderten sie lustig miteinander. So waren sie ein gutes Stück fürbaß geritten, da drängte sich Wamba, der schon ein Weilchen in das Gebüsch zu beiden Seiten des Weges hineingespäht hatte, plötzlich dichter an den Ritter heran und fragte:
    »Was würdet Ihr wohl tun, wenn uns 'n paar Kerle von Malvoisins Soldaten begegneten?«
    »Wenn sie uns ein Hindernis in den Weg legten,« erwiderte der schwarze Ritter, »so wollte ich sie mit meiner Lanze an den Boden festnageln.«
    »Und wenn es ihrer nu vier wären?«
    »So täte ich dasselbe. Alle sollten sie daran glauben.«
    »Und wenn sie ihrer nu sechs wären?« fuhr Wamba fort, »während wir bloß zwei sind. Würdet Ihr nicht in Locksleys Horn stoßen?«
    »Ich sollte um Hilfe rufen?« rief der schwarze Ritter aus. »Nicht gegen ein ganzes Dutzend solchen Gesindels, das ein guter Ritter vor sich hertreiben kann wie der Wind die dürren Blätter.«
    »Ei nu, so laßt mich doch mal das Horn näher betrachten,« sagte der Narr. »Es hat nen mächtigen Atem.«
    Der Ritter nahm es ab und gab es seinem Gefährten, der es sich um den Hals hängte. »Tralala!« summte er. »Ich kann es so gut wie jeder andere.«
    »Was soll das heißen, Schelm?« rief der Ritter. »Gib mir das Horn wieder.«
    »Gemach, Herr Ritter,« antwortete Wamba. »Wenn Tapferkeit und Narrheit miteinanderreisen, so muß die Narrheit das

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