Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
Vom Netzwerk:
aber seine bessere Natur gewann die Oberhand, er drückte die Hand gegen seine Stirn und sah einen Augenblick dem am Boden liegenden Baron ins Gesicht, darin Beschämung und Stolz miteinander rangen.
    »Fleht Ihr nicht um Euer Leben, Waldemar?« fragte der König.
    »Wer im Rachen des Löwen liegt, weiß, daß es umsonst ist,« antwortete Fitzurse.
    »So nehmt es unerfleht,« sagte Richard. »Der Löwe nährt sich nicht von vorgeworfenen Kadavern. Nehmt Euer Leben, jedoch unter der Bedingung, daß Ihr in drei Tagen England verlaßt und Eure Schande in Euerm normännischen Schlosse verbergt, auch nie den Namen Johann von Anjou im Verein mit Eurer Freveltat nennt. Werdet Ihr nach der angegebenen Frist noch in England betroffen, so sterbt Ihr. Wenn Ihr das Geringste gegen die Ehre meines Hauses äußert, dann beim heiligen Georg! der Altar selber soll Euch keine Zuflucht gewähren! An den Zinnen Euers eigenen Schlosses laß ich Euch den Raben zum Fraße aufhängen! – Gebt dem Ritter da ein Pferd, Locksley, denn wie ich sehe, haben Eure Yeomen die ledig herumlaufenden Tiere eingefangen – und laßt ihn ungehindert von dannen reiten!«
    »Wenn ich nicht Eurer Stimme gehorchen müßte,« erwiderte der Yeoman, »so würde ich dem Schurken einen Pfeil nachsenden, der ihm eine weite Reise ersparen sollte.«
    »In deiner Brust schlägt ein englisches Herz,« sagte der schwarze Ritter, »und du hast recht, wenn du fühlst, daß du mir gehorchen mußt. – Ich bin Richard von England.«
    Diese Worte waren mit einer Hoheit gesprochen, die dem hervorragenden Charakter des Löwenherzigen entsprach. Die Yeomen fielen vor ihm nieder, brachten ihm ihre Huldigung dar und baten um Vergebung ihrer kühnen Taten.
    »Steht auf, meine Freunde,« sprach Richard in gnädigem Tone, »was Ihr in Forst und Flur Böses getan haben mögt, Ihr habt es wieder gut gemacht durch die treuen Dienste, die Ihr meinen bedrängten Untertanen vor den Mauern von Torquilstone geleistet habt, und durch die Hilfe, die Ihr heute Euerm Monarchen gebracht habt. Steht auf, meine Untertanen, und seid in Zukunft brave Leute. Und Ihr, Locksley ...«
    »Nennt mich nicht mehr Locksley, sondern lernt mich, mein Fürst, bei meinem wahren Namen kennen, den, wie ich fürchte, das Gerücht nur zu weit verbreitet hat. Ich bin Robin Hood vom Sherwoodswalde.«
    »König der Geächteten und Fürst guter Gesellen,« sprach der König. »Wer sollte einen Namen nicht kennen, der selbst bis nach Palästina gedrungen ist? Doch sei getrost, guter Robin, was auch in den unruhigen Zeiten, die unsere Abwesenheit hervorgerufen hat, verübt worden sein mag, keine Tat soll dir von mir zu Ungunsten ausgelegt werden.«
    »Das Sprichwort bewahrheitet sich,« mischte sich Wamba ins Gespräch, wenn auch ein wenig schüchterner als sonst. »Wenn die Katz weg ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch rum.«
    »Ei, Wamba,« sagte Richard, »bist du auch noch da? Lange habe ich deine Stimme nicht gehört, schon glaubte ich, du hättest Reißaus genommen.«
    »Ich und Reißaus nehmen?« erwiderte der Narr. »Da liegt die Trophäe meines Schwertes, das gute Pferd, dem ich gern wieder auf die Beine hölfe, wenn ich statt seiner seinen Herrn hinlegen könnte. Freilich, im Anfang wich ich zurück, weil ein Narrenwams einen Lanzenstich nicht so gut abhält wie ein Harnisch von Stahl. Aber wenn ich auch nicht viel gefochten hab, so hab ich doch desto besser geblasen.«
    »Und zu gutem Zwecke, wackerer Wamba!« sagte der König. »Dein guter Dienst soll dir nicht vergessen werden.«
    »Confiteor, confiteor!« rief eine Stimme dicht beim König. »Mein Latein reicht nicht weiter, ich bekenne meinen Hochverrat und bitte um Verzeihung, ehe ich zum Tode geführt werde.«
    Richard sah sich um und erblickte den lustigen Mönch, der ihm zu Füßen lag und seinen Rosenkranz betete, während sein Streitknüttel, der im Gefecht nicht müßig gewesen war, neben ihm am Boden lag. Sein Gesicht hatte den Ausdruck tiefster Zerknirschung angenommen, aber in diesen Schein demütigster Reue mischte sich ein Zug von Spott, der nur zu deutlich verriet, daß seine Furcht und seine Reue erheuchelt waren.
    »Warum so trostlos, toller Priester?« fragte Richard. »Fürchtest du, dein Diöcesar könnte erfahren, wie treu du dem heiligen Dunstan und der heiligen Jungfrau dienst? Richard von England verrät keine Geheimnisse, die über der Flasche ausgeplaudert wurden.«
    »Das ist es nicht, mein gnädiger Monarch,« versetzte der

Weitere Kostenlose Bücher