Jack McEvoy 01 - Der Poet
Verdächtigen gehört. Wir sind nicht daran interessiert, die Jungs, die den Wagen aufgebrochen haben, vor Gericht zu bringen, aber wir müssen mit ihnen reden. Sie haben eben gelogen, Mr. Adkins. Ich habe es Ihren Augen angesehen. Die Jungs wohnen hier auf diesem Platz.«
»Nein, ich ...«
»Lassen Sie mich ausreden. Doch, Sie haben uns angelogen. Aber wir wollen Ihnen noch eine Chance geben. Sie können uns jetzt die Wahrheit sagen. Wenn nicht, verschwinden wir und kommen mit viel mehr Agenten und Polizisten zurück, und dann nehmen wir uns diese Müllhalde, die Sie einen Wohnwagenpark nennen, einmal gründlich vor. Was glauben Sie - ob wir in diesen Blechbüchsen Diebesgut finden? Ob wir auf Leute stoßen, die per Haftbefehl gesucht werden? Illegale? Verstöße gegen die Sicherheitsvorschriften? Einer ist uns schon aufgefallen. Ich habe die Verlängerungsschnur gesehen, die in den Schuppen führt. Da drin wohnt jemand, stimmt’s? Und ich wette, Sie und Ihr Arbeitgeber kassieren extra dafür. Oder vielleicht auch nur Sie. Was wird Ihr Arbeitgeber sagen, wenn er das erfährt? Und was ist mit Ihnen selbst, Mr. Adkins? Wollen Sie, dass ich die Seriennummer dieses Fernsehers hier mal kurz durch den Computer laufen lasse?«
»Der Fernseher gehört mir. Den habe ich mit sauberem Geld gekauft. Es waren die Tyrell-Brüder, okay? Sie haben den Wagen aufgebrochen. Und wenn die jetzt hierher kommen und mich zusammenschlagen, dann verklage ich Sie. Kapiert?«
Mr. Adkins wies uns zu einer vier Plätze vom Eingang entfernten Behausung. Inzwischen hatte sich unsere Anwesenheit herumgesprochen. Es saßen noch mehr Leute auf den Vortreppen und den Sofas.
Als wir bei Nummer 4 anlangten, warteten die Tyrell-Brüder bereits auf uns. Sie saßen auf einer alten Hollywoodschaukel unter einer Segeltuchmarkise, die von der Seitenwand eines Wohnwagens mit doppelter Breite ausging.
Neben der Tür des Wohnwagens standen eine Waschmaschine und ein Wäschetrockner, zum Schutz vor dem Regen mit gleichfalls blauem Segeltuch abgedeckt. Die beiden Brüder waren Teenager, vielleicht ein Jahr auseinander, und Farbige. Rachel trat in den Schatten der Markise. Thompson platzierte sich ungefähr einen Meter links von ihr.
»Jungs«, begann Rachel, »Ist eure Mutter zuhause?«
»Nö, ist sie nicht, Officer«, sagte der Ältere.
Er warf seinem Bruder einen trägen Blick zu. Dieser setzte die Schaukel mit einem Fuß in Bewegung.
»Wir wissen«, sagte Rachel, »dass ihr cool seid. Wir wollen uns nicht mit euch anlegen. Wollen euch auch keinen Ärger machen. Das haben wir Mr. Adkins versprochen, als wir ihn fragten, wo euer Wohnwagen steht.«
»Adkins, Scheißkerl«, sagte der Jüngere.
»Wir sind wegen dem Wagen hier, der letzte Woche draußen auf der Straße gestanden hat.«
»Haben wir nicht gesehen.«
»Nee, den haben wir nicht gesehen.«
Rachel ging auf den Älteren zu und brachte ihren Mund ganz dicht an sein Ohr.
»Nun komm schon«, sagte sie leise. »Das ist einer der Momente, von denen eure Mutter immer gesprochen hat. Denk nach. Benutz deinen Grips. Denk daran, was sie dir gesagt hat. Du willst doch weder sie noch euch in Schwierigkeiten bringen, stimmt’s? Du willst, dass wir verschwinden und euch in Ruhe lassen. Und es gibt nur einen Weg, um das zu erreichen.«
Als Rachel das Dienstzimmer des Field Office betrat, trug sie den Plastikbeutel wie eine Trophäe. Sie stellte ihn auf Matuzaks Schreibtisch, und eine Hand voll Agenten scharten sich um sie und betrachteten ihn. Auch Backus kam herein und sah ihn an, als sei es der Heilige Gral. Dann blickte er zu Rachel, und die Begeisterung war ihm an den Augen abzulesen.
»Grayson hat sich mit der Polizei in Verbindung gesetzt«, sagte er. »In der Gegend dort ist kein Autoeinbruch gemeldet worden. Nicht an jenem Tag, nicht in jener Woche. Man sollte doch annehmen, dass ein ehrlicher Bürger, dessen Wagen aufgebrochen worden ist, Anzeige erstattet.«
Rachel nickte.
»Das sollte man annehmen.«
Backus wandte sich an Matuzak, der den Beutel mit dem Beweisstück ergriff.
»Sie wissen, was Sie zu tun haben?«
»Ja.«
»Bringen Sie uns gute Nachrichten. Wir brauchen sie.« Der Beutel enthielt ein Autoradio, gestohlen aus einem Ford Mustang, neueres Modell, weiß oder gelb, je nachdem, welcher der Tyrell-Brüder im Dunkeln besser sehen konnte.
Das war alles, was wir aus ihnen hatten herausholen können, aber wir hofften, dass es ausreichte. Rachel und Thompson hatten sie getrennt
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