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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Daraus ergab sich, dass sich der Lauf in Seans Mund befunden hatte, als sich der Schuss löste.
    Der nächste Bestandteil der Akte war eine Auflistung der Beweismittel, und daran fiel mir nichts Ungewöhnliches auf. Danach entdeckte ich die Zeugenaussage. Der Zeuge war Park- Ranger Stephen Pena, der in einer Ein-Mann-Station und an einem Informationsschalter am Bear Lake Dienst tat.
    Der Zeuge sagte aus, dass er, wenn er in der Station arbeitet, den Parkplatz nicht überblicken kann. Um etwa 16.58 Uhr hörte er einen gedämpften Knall, den er aus Erfahrung als einen Schuss identifizierte. Als Ursprungsort vermutete er den Parkplatz und lief sofort hinaus, weil er an einen illegalen Jäger dachte. Zu jener Zeit stand nur ein Wagen auf dem Parkplatz, und obwohl die Fenster teilweise beschlagen waren, entdeckte er das auf dem Fahrersitz zusammengesunkene Opfer. Der Zeuge rannte zu dem Wagen, konnte die Tür aber nicht öffnen, weil sie abgeschlossen war. Nach genauerem Hinsehen gelangte er zu dem Schluss, dass das Opfer in Anbetracht der erheblichen Zerstörung seines Hinterkopfs tot sein musste. Deshalb kehrte der Zeuge in seine Station zurück, von wo aus er sofort die Polizei und seinen Vorgesetzten informierte. Dann lief er wieder zum Wagen des Opfers, um dort auf das Eintreffen der Polizei zu warten.
    Der Zeuge sagte aus, dass er das Fahrzeug bereits fünf Sekunden, nachdem er den Schuss gehört hatte, in Sichtweite hatte. Der Wagen stand ungefähr 50 Meter von den nächsten Bäumen oder einem Gebäude entfernt. Der Zeuge hält es für ausgeschlossen, dass ein Mensch den Wagen des Opfers verlassen haben und in Deckung gegangen sein kann, ohne dass der Zeuge ihn gesehen hätte.
    Ich legte die Aussage wieder an die richtige Stelle in der Akte und überflog die anderen Berichte. Es gab eine Seite mit der Überschrift Case Report, auf der der letzte Tag meines Bruders registriert war. Er meldete sich um 7.30 Uhr zur Arbeit, ging um zwölf mit Wexler zum Lunch und meldete sich um 14 Uhr ab, um zum Stanley zu fahren. Er teilte weder Wexler noch sonst jemandem mit, mit wem er sich treffen wollte.
    Versuche der Ermittler, herauszufinden, ob Sean tatsächlich im Stanley gewesen war, blieben erfolglos. Sämtliche Kellnerinnen und anderen Bediensteten im Hotelrestaurant wurden ver nommen, aber niemand konnte sich an meinen Bruder erin nern.
    In der Akte befand sich auch ein einseitiger Bericht, der Scalaris Unterredung mit Seans Psychiater zusammenfasste. Irgendwie, vielleicht durch Riley, hatte er erfahren, dass Sean bei einem Therapeuten in Behandlung gewesen war. Scalaris Be richt zufolge hatte Dr. Colin Dorschner berichtet, dass Sean un ter akuten Depressionen gelitten hatte, ausgelöst durch Stress bei der Arbeit und insbesondere dadurch, dass es ihm nicht ge lang, den Lofton-Fall aufzuklären. In der Zusammenfassung stand nicht, ob Scalari Dorschner gefragt hatte, ob mein Bruder seiner Ansicht nach selbstmordgefährdet gewesen war. Wahr scheinlich war Scalari überhaupt nicht auf die Idee gekommen, ihm diese Frage zu stellen.
    Das letzte Blatt in dem Stapel Papiere war der Abschlussbericht des ermittelnden Beamten. Der letzte Absatz enthielt Scalaris Zusammenfassung und Schlussfolgerung.
    Auf Grund des Beweismaterials und des Augenzeugenberichts über den Tod von Detective Sean McEvoy ist der ermittelnde Beamte überzeugt, dass das Opfer an den Folgen eines selbst beigebrachten Schusses starb, nachdem er eine Nachricht auf die Innenseite der beschlagenen Windschutzscheibe geschrieben hatte. Kollegen, darunter der ermittelnde Beamte, wussten ebenso wie seine Frau und der Psychiater Colin Dorschner, dass das Opfer wegen seiner erfolglosen Bemühungen, den am 19. Dez. an Theresa Lofton (Fall Nr. 832) begangenen Mord mit einer Verhaftung abzuschließen, unter starkem emotionalem Stress stand. Man ist allgemein der Ansicht, dass diese Störungen ihn dazu veranlasst haben könnten, sich das Leben zu nehmen. Polizei-Psychologe Dr. Armand Griggs erklärte bei einem Gespräch (22. 2.), dass die auf die Windschutzscheibe geschriebenen Worte - Jenseits von Raum. Jenseits von Zeit. - als eine mit dem seelischen Zustand des Opfers in Einklang stehende Abschiedsbotschaft vor einem Selbstmord aufgefasst werden könnten.
    Gegenwärtig gibt es keinerlei Beweise, die dem Tatbestand eines Selbstmords widersprechen.
    Ausgefertigt 24. 2. I/O RJS D-II.
    Als ich die Berichte wieder zusammengeheftet hatte, gab es nur noch eine Sache, die ich

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