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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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war am Telefon, als ich in sein Büro stürzte und mich vor seinem Schreibtisch niederließ. Er deutete auf die Tür und nickte; er wollte, dass ich draußen wartete, bis er sein Gespräch beendet hatte. Doch ich rührte mich nicht. Er deutete wieder auf die Tür, aber ich schüttelte den Kopf.
    »Hören Sie, hier tut sich etwas«, sagte er in den Hörer. »Kann ich Sie zurückrufen? Sehr schön. Okay.«
    Er legte auf. »Was ist...«
    »Ich muss nach Chicago«, sagte ich. »Noch heute. Und dann wahrscheinlich nach Washington und vielleicht auch nach Quantico, Virginia. Zum FBI.«
    Glenn sah mich entgeistert an, nachdem ich ihm die Geschichte erzählt hatte.
    »Jenseits von Raum? Jenseits von Zeit? Also, Jack, das wird ein Gedanke sein, der vielen Leuten durch den Kopf geht, die an Selbstmord denken oder ihn tatsächlich begehen. Die Tatsache, dass diese Worte in einem Gedicht stehen, das irgendein morbider Kerl vor hundertfünfzig Jahren geschrieben hat, und dass dieser Kerl auch noch ein anderes Gedicht schrieb, das dieser andere tote Cop zitiert hat, ist nicht der Stoff, aus dem Verschwörungen gemacht werden.«
    »Was ist mit Rusher und Roderick Usher? Halten Sie das auch für einen Zufall? Damit haben wir immerhin drei Hinweise, und Sie sind der Ansicht, es lohne sich nicht, das zu überprüfen?«
    »Ich habe nicht gesagt, dass sich eine Überprüfung nicht lohnen würde.« Seine Stimme hob sich ein wenig und signalisierte Entrüstung. »Natürlich sollen Sie es überprüfen. Hängen Sie sich ans Telefon, überprüfen Sie es. Aber ich denke nicht daran, Sie auf der Basis dessen, was Sie bis jetzt haben, auf eine Reise durchs ganze Land zu schicken.«
    Er drehte seinen Stuhl so, dass er einen Blick auf seinen Computer werfen konnte, um festzustellen, ob irgendwelche Nachrichten eingegangen waren. Es gab keine. Also wandte er sich wieder mir zu.
    »Wo ist das Motiv?«
    »Wie bitte?«
    »Wer hätte ein Motiv gehabt, Ihren Bruder und diesen Mann in Chicago zu ermorden? Es macht... Wie kommt es, dass den Cops das entgangen ist?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Schließlich waren Sie einen ganzen Tag dort und haben die Akte gelesen. Also, wo passt etwas nicht zu Selbstmord? Wie hätte jemand das tun und dann einfach verschwinden können? Wie kommt es, dass Sie gestern noch davon überzeugt waren, es sei Selbstmord gewesen? Wie kommt es, dass die Cops davon überzeugt sind?«
    »Darauf habe ich noch keine Antworten. Deshalb will ich ja nach Chicago und dann zum FBI.«
    »Hören Sie, Jack, Sie haben hier einen gemütlichen Job. Sie glauben gar nicht, wie oft Reporter hier hereinkommen und sagen, sie möchten Ihr Ressort. Sie ...«
    »Wer?«
    »Was...«
    »Wer will mein Ressort?«
    »Das tut nichts zur Sache. Darüber sprechen wir jetzt nicht. Aber worauf es hinausläuft - Sie haben es gut hier, und Sie können innerhalb dieses Staates fahren, wohin Sie wollen. Aber eine solche Reise muss ich vor Neff und Neighbors rechtfertigen können. Außerdem arbeiten hier jede Menge Reporter, die von Zeit zu Zeit auch gern einer Story wegen eine Reise unternehmen würden. Und ich würde sie gern fahren lassen. Es trägt zu ihrer Motivation bei. Aber wir müssen Kosten sparen, und ich kann nicht jede Reise genehmigen, die mir jemand vorschlägt.«
    Ich hasste diese Predigten, und ich fragte mich, ob Neff und Neighbors, der kaufmännische Direktor und der Herausgeber der Zeitung, sich überhaupt dafür interessierten, wer wohin reiste, solange sie gute Storys bekamen. Das war eine gute Story. Glenn verzapfte Blödsinn, und er wusste es.
    »Okay, dann nehme ich eben Urlaub und mache es auf eigene Faust.«
    »Sie haben Ihren gesamten Urlaub nach der Beerdigung aufgebraucht. Außerdem werden Sie nicht im Lande herumrennen und sagen, Sie seien Reporter bei der Rocky Mountain News, wenn Sie keinen Auftrag von der Rocky Mountain News haben.«
    »Was ist mit unbezahltem Urlaub? Gestern haben Sie noch gesagt, wenn ich mehr Zeit brauche, würden Sie etwas arrangieren.«
    »Ich meinte Zeit zum Trauern, nicht zum Reisen. Außerdem kennen Sie die Regeln für unbezahlten Urlaub. Ich kann Ihre Stelle nicht schützen. Sie nehmen Urlaub, und wenn Sie zurückkommen, kann es sein, dass Sie Ihr Ressort los sind.«
    Ich hätte am liebsten auf der Stelle gekündigt, aber ich war nicht tapfer genug, und ich wusste, dass ich die Zeitung brauchte. Ich brauchte die Institution der Zeitung als Eintrittskarte bei Cops, Rechercheuren, bei allen Beteiligten. Ohne

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