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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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meinen Presseausweis wäre ich nicht mehr als der Bruder eines Selbstmörders und würde nicht vorgelassen.
    »Jack, um das zu rechtfertigen, brauche ich mehr, als was Sie bisher haben«, sagte Glenn. »Wir können uns keine teuren Erkundungsreisen leisten, wir brauchen Fakten. Wenn Sie mehr hätten, wäre eine Reise nach Chicago vielleicht denkbar. Aber mit dieser Foundation und mit dem FBI können Sie auch am Telefon sprechen. Und wenn das nicht funktioniert, könnte ich vielleicht jemanden aus unserem Büro in Washington bitten, es zu übernehmen.«
    »Es ist mein Bruder und meine Story. Sie werden Sie nicht jemand anders geben.«
    Er hob beschwichtigend die Hände. Er wusste, dass sein Vorschlag inakzeptabel war.
    »Dann hängen Sie sich ans Telefon und kommen mit irgendetwas wieder.«
    Zurück an meinem Schreibtisch machte ich eine neue Computer-Datei auf und begann, alles einzutippen, was ich über den Tod von Theresa Lofton und meinem Bruder wusste. Ich hielt sämtliche Details fest, an die ich mich aus den Akten erinnerte.
    Das Telefon läutete, aber ich hob nicht ab. Ich wusste, dass ich mit einer stabilen Basis aus Informationen anfangen musste. Danach würde ich diese Basis benutzen, um den Fall meines Bruders zu klären.
    Glenn war schließlich doch noch auf einen Handel mit mir eingegangen. Wenn ich die Cops dazu bringen konnte, die Ermittlungen über den Tod meines Bruders wiederaufzunehmen, konnte ich nach Chicago fliegen. Er sagte, über Washington müssten wir noch reden, aber ich wusste, wenn ich nach Chicago flog, dann würde ich auch nach Washington fliegen.
    Während ich tippte, drängte sich mir immer wieder das Bild meines Bruders auf. Inzwischen machten mir diese sterilen, leblosen Fotos von ihm schwer zu schaffen. Denn ich hatte das Unmögliche geglaubt. Ich hatte ihn im Stich gelassen, und nun quälten mich Schuldgefühle. In jenem Wagen hatte mein Bruder gesessen, mein Zwillingsbruder. Ich selbst.
9
    Als ich fertig war, besaß ich vier Seiten voller Notizen, aus denen ich im Laufe einer Stunde intensiven Nachdenkens sechs kurze Fragen herausdestillierte, auf die ich Antworten finden musste. Ich hatte festgestellt, dass ich etwas sah, was den Cops möglicherweise entgangen war, sobald ich davon ausging, dass Sean nicht Selbstmord begangen hatte, sondern ermordet worden war. Ihr Fehler war, dass sie zu sehr geneigt gewesen waren, an den Selbstmord zu glauben. Sie kannten Sean und wussten, wie sehr ihm der Lofton-Fall zu schaffen machte. Vielleicht hatten sie auch alle zu viele Tote gesehen, und die einzige Überraschung bestand darin, dass die meisten sich nicht umbrachten. Aber als ich die Fakten mit den Augen des Ungläubigen studierte, sah ich, was sie nicht gesehen hatten.
    Ich betrachtete erneut meine Liste und schrieb die Fragen in mein Notizheft ab.
           Pena:                           seine Hände?
                                              danach – wie lange?
           Wexler / Scalari:           der Wagen?
                                              Heizung?
                                              Verriegelung?
           Riley:                           Handschuhe?
    Ich kam zu dem Schluss, dass es genügen würde, wenn ich Riley anrief. Ich wählte ihre Nummer und wollte nach sechsmaligem Läuten gerade auflegen, als sie den Hörer abnahm.
    »Riley? Hier ist Jack. Hast du gerade keine Zeit zu telefonieren?«
    »Was bedeutet mir schon Zeit?«
    Es hörte sich an, als hätte sie getrunken.
    »Soll ich zu dir kommen, Riley? Ich kann jederzeit kommen.«
    »Nein, das brauchst du nicht, Jack. Ich bin okay. Es ist nur einer dieser schwarzen Tage. Ich muss immerzu an ihn denken.«
    »Ja, ich denke auch ständig an ihn.«
    »Wie kommt es dann, dass du so lange nicht aufgekreuzt bist, bevor er ... Tut mir Leid, das hätte ich nicht sagen sollen.«
    Ich schwieg für einen Moment.
    »Ich weiß es nicht, Riles. Wir hatten Streit über etwas gehabt. Ich habe ein paar Dinge gesagt, die ich besser nicht gesagt hätte. Und er vermutlich auch. Ich glaube, wir waren gerade in einer Art Beruhigungsphase ... Er hat es getan, bevor wir wieder reinen Tisch machen konnten.«
    Mir wurde bewusst, dass ich sie schon lange nicht mehr Riles genannt hatte. Ich fragte mich, ob es ihr aufgefallen war.
    »Worüber

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