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Jacob beschließt zu lieben - Roman

Jacob beschließt zu lieben - Roman

Titel: Jacob beschließt zu lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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strahlte mich an und hatte plötzlich Grübchen in den Wangen. Dann brach es aus ihr heraus: «Natürlich will ich das, Jacob Obertin.»
    Am selben Tag wurde die große Glocke unter vielen Mühen vom Turm hinuntergelassen und reisefertig gemacht. Kurz danach setzten die beiden anderen Glocken ein, um die Nacht einzuläuten, aber ihr Klang war kraftlos und falsch. Wie ein gedämpfter Ruf, der keiner sein wollte. Wie ein Paukenschlag mit halber Pauke. Wie eine trostlose Vorahnung, dass alles zu Ende ging. Man hatte unserer Kirche die Stimme entrissen.
    Am nächsten Morgen kam endlich der Rosshändler zurück. Wir scharten uns vor der Kirche alle um ihn herum, dort, wo die Russen angehalten hatten, wo Pfarrer Schulz Gröfaz’ Stimme aus den Bäumen hatte sprechen lassen und wo Vater seine Rede gehalten hatte. Er sagte: «Lange hat es nicht danach ausgesehen, dass man uns auch wirklich ausreisen lässt. Ich habe auch befürchtet, dass sie mich einsperren würden. Aber wir haben Glück gehabt, sie haben schlussendlich akzeptiert, was ich ihnen gegeben habe. Wir kriegen drei Züge. Am Tag der Abfahrt bringt uns ein Offizier die Pässe. Unser Bürgermeister muss ihnen noch eine Liste mit allen Namen zuschicken. Dazu einen Antrag. Es soll so aussehen, als ob der Bürgermeister sich unsere Aussiedlung wünscht, damit sich hier Rumänen niederlassen können. Wir müssen ihn also noch mehr bestechen, aber auch das kriegen wir hin.»
    «Und wann soll es so weit sein?», fragte jemand.
    «Mitte Mai. In zwei Wochen also. Es bleibt euch noch genug Zeit, um euch zu verabschieden.»
    Wenn man Jubel erwartet hatte, war man jetzt enttäuscht. Wortlos schwärmte man aus und kehrte nach Hause zurück.
    * * *
    Zwischen Vater und mir herrschte eine Ruhe, die mehr war als bloßes Innehalten oder Abwarten. Wir arbeiteten konzentriert, wir kannten jede Bewegung des anderen. Mit dem Auftauen des Bodens hatten die Arbeiten des Frühjahrs eingesetzt, der Mais wurde ausgesät und das Brachfeld für den Winterweizen ein erstes Mal gedüngt. Vater gefielen meine Kraft und Geschicklichkeit. Manchmal spürte ich, wie er mich zufrieden musterte.
    Wenn er etwas nicht tragen konnte, tat ich es für ihn. Wenn der Karren im Schlamm stecken blieb, schob ich ihn. Im Gegenzug zeigte er mir abends, wenn Mutter kochte oder ein bisschen Ordnung in unserem Zuhause machte, wie man Uhren und Fotoapparate auseinandernahm und wieder zusammensetzte. Wenn sie uns ausgingen, schickte er mich in die Nachbarschaft, um Nachschub zu holen. Jeder Nachbar hatte schon mal eine Uhr oder ein anderes Gerät bei uns in Reparatur gehabt. Wenn ich mit vollen Armen zurückkehrte, jubelte er, machte sich gleich an die Arbeit und murmelte: «Vielleicht können wir einmal wirklich Geld damit verdienen. Wir müssen nicht für ewig im Kuhdreck stecken bleiben.»
    Er schien es kaum zu bedauern, dass bald das halbe Dorf umziehen würde, und schmiedete neue Pläne. Er sah sich als Kommunist und Uhrenflicker in Temeschwar, denn dass man aus dem fast verlassenen Dorf ausziehenmusste, war auch ihm klar. Dieses Leben war noch nicht zu Ende, schon träumte er vom nächsten.
    Wir saßen stundenlang über den Tisch gebeugt, so lange, wie es unsere vor Kälte klammen Finger zuließen und die Petroleumlampe brannte. Er gab mir Anweisungen, doch meine großen Hände eigneten sich nicht so gut für die vielen Rädchen und Federn im Uhrengehäuse, sodass ich oft von Neuem anfangen musste. Er nahm meine Hand und führte sie. Doch wenn ich etwas richtig machte und es zu einem guten Ende führte, packte er meine Schulter und drückte sie so fest, dass ich vor Schmerz fast aufschrie. Dieser Schmerz in der rechten Schulter, nicht als Strafe, sondern als Zeichen seiner Zufriedenheit, begleitete mich in jenen Monaten. Heute noch berühre ich mich manchmal selbstvergessen an jener Stelle.
    In diesen Wochen des Schweigens und Arbeitens wurde mir Vater vertrauter denn je. Sein strenger Geruch, seine schlechten Zähne, seine nun schütteren Haare. Einmal, als Mutter noch in der Mühle war, faltete er eine vergilbte Zeitungsseite auseinander und legte sie aufs Bett.
    «Was ist das?», fragte ich.
    «Da steht etwas über deine Mutter. Deshalb bin ich nach Triebswetter gekommen. Sie hat mir von Anfang an gefallen.»
    «Der Hof hat dir auch gefallen.»
    «Wieso auch nicht? Dir gefällt er auch, du hättest ihn ja am liebsten zurück.»
    «Ich werde einen haben, keiner kann mich daran hindern. Wenn nicht hier, dann

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