Jäger der Schatten
Aus den persönlichen Aufzeichnungen von Lawrence van Alen
11 . November 2005
Als der Orden gegründet wurde, waren wir sieben. Es wurde eine geheime Versammlung einberufen, um über die wachsende Bedrohung zu sprechen, die von den Pfaden des Todes ausging. Außer mir waren anwesend: Gemellus, der Cousin des römischen Kaisers und ein Schwächling, Octilla und Halcyon von den Vestalinnen, General Alexandrus, Oberhaupt der kaiserlichen Armee, Pantaelum, ein getreuer Senator, und Onbasius, ein Heiler.
Während meiner Nachforschungen fand ich heraus, dass Halcyon höchstwahrscheinlich die Hüterin des dritten Tors zur Hölle war, dem Tor der Verheißung. Ich bin überzeugt, dass dieses Tor der Schlüssel zur Wahrheit ist, warum unsere Feinde, die wir besiegt zu haben glaubten, immer noch existieren. Auf dieses Tor müssen wir unser Augenmerk richten, denn es ist das wichtigste von allen.
Vermutlich hat sich Halcyon in Florenz niedergelassen. Ihre letzte aufgezeichnete Wiedergeburt als Katharina von Siena, eine bedeutende italienische Mystikerin, geht auf das Jahr 1347 zurück. Nach Katharinas Tod gibt es keine weiteren Hinweise auf eine namhafte weibliche Person in der Stadt. Sie scheint keine Erben hinterlassen zu haben, denn ihre Blutslinie endet nach Giovanni de Medicis Herrschaft im Jahre 1429.
Seit dem 15 . Jahrhundert ist die Stadt Zentrum des mächtigen Petruvianerordens, gegründet von dem ehrgeizigen Priester Benedictus Linardi. Die petruvianische Schule und das Kloster unterstehen derzeit einem Pater namens Roberto Baldessarre. Ich habe Pater Baldessarre geschrieben und mache mich morgen auf den Weg nach Florenz.
Verfolgungsjagd
Florenz, 1452
Der Klang von Schritten auf Pflastersteinen hallte durch die leeren Straßen der Stadt. Tomasia gab das Tempo vor, ihre Sandalen aus Ziegenleder hinterließen kaum ein Geräusch, während hinter ihr Andreas’ schwere Stiefel laut aufschlugen und Giovannis leichtere Schritte zu hören waren. Sie rannten im Gänsemarsch, ein eingespieltes Team, das daran gewöhnt war, mit der Dunkelheit zu verschmelzen. Als sie die Mitte des Platzes erreichten, trennten sie sich.
Tomi flog den nächstgelegenen Eckpfeiler hinauf und hockte sich auf einen Sims. Von hier aus hatte sie eine gute Sicht. Sie blickte von der halb errichteten Kuppel der Basilika zur Alten Brücke, dem Ponte Vecchio, und weiter den Fluss entlang. Sie spürte, dass die Kreatur in der Nähe war, und bereitete sich darauf vor, überraschend und unsichtbar zuzuschlagen. Ihr Opfer wusste noch nicht, dass es verfolgt wurde. Jede Spur des Silver Bloods musste ausgelöscht werden, als hätte die Besti e – getarnt als Palastwach e – niemals existiert. Nicht einmal ihr letzter Atemzug durfte zu hören sein. Tomi hielt die Stellung und wartete darauf, dass die Bestie in die Falle laufen würde, die sie ihr gestellt hatten.
Sie hörte Andreas ächzen, ein wenig außer Atem, und dann erkannte sie neben ihm Giovanni, der bereits sein Schwert gezogen hatte. Die beiden verfolgten den Vampir in die Gasse.
Das war ihre Gelegenheit! Mit dem Dolch zwischen den Zähnen stürzte sich Tomi aus ihrem Versteck.
Aber als sie auf dem Boden aufkam, war die Kreatur nirgends zu sehen.
»W o …?«, fragte sie, doch Gio legte einen Finger auf seine Lippen und zeigte in die Gasse hinein.
Tomi zog die Augenbrauen hoch. Das war ungewöhnlich. Das Silver Blood war stehen geblieben und unterhielt sich mit einem vermummten Fremden. Seltsam, die Croatan verachteten die Red Bloods und mieden sie, es sei denn, sie wollten sie zum Zeitvertreib quälen.
»Sollen wir?«, fragte sie.
»Warte!«, befahl Andreas. Er war neunzehn Jahre alt, groß und breitschultrig, mit wohlgeformten Muskeln und einer hohen Stir n – gut aussehend und rücksichtslos. Er war ihr Anführer. So war es schon immer gewesen.
Neben ihm wirkte Gio fast elfenhaft. Seine Schönheit konnte er weder bestreiten noch unter seinem Zottelbart oder dem zerzausten Haar verbergen. Er hielt seine Waffe fest umklammer t – sichtlich bereit loszuschlagen.
Tomi war ebenfalls bereit und strich über die scharfe Klinge ihres Dolches. Das beruhigte sie.
»Lasst uns abwarten, was passiert«, entschied Andreas.
Erster Teil
1
Cinque Terre
S kyler van Alen rannte, so schnell sie konnte, die blank polierte Messingtreppe hinauf, die zum Oberdeck des Schiffes führte. Jack Force wartete am Bug. Sie schirmte die Augen vor der heißen, mediterranen Sonne ab und nickte ihm zu.
Es ist
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