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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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sein Vater gewonnen hatte. Alles war entschieden, ohne dass er etwas hatte tun können, das die Dinge entschied. Wie so oft war sein Vater zu stark und er zu schwach.
    Sein Vater lächelte und sah sehr zufrieden aus.
    Eddie hob den Stein, holte aus und schleuderte ihn in Richtung seines Vaters. Aber der Stein verfehlte ihn um einen Meter. Als er gegen die Hauswand krachte, sprang sein Vater auf, und Eddie drehte sich um und rannte.

    Sein Vater folgte ihm nicht. Minutenlang stand Eddie am anderen Ende des Ortes im Schatten eines Baumes. Sein Herz raste, der Hass war da und noch mehr Angst. Doch sein Vater kam nicht. Warum auch, dachte er. Sein Vater musste nur abwarten, ob er es wagen würde, nach Hause zurückzukehren.
    Einen Augenblick lang überlegte er, was er jetzt machen sollte. Er hatte kein Geld, keine Kleidung. Um fortzugehen, musste er nach Hause. Aber er konnte nicht mehr nach Hause.
    Er verdrängte die Gedanken und folgte der Straße in Richtung Ortsmitte, um sein Fahrrad zu holen, das er vorhin am Taubenturm abgestellt hatte. Der Rhein würde Antworten haben.
    Als er das Schloss aufsperrte, spielte sein Handy die ersten Takte von »Candy Shop« von 50 Cent.
    Dennis.
    »Ich muss dir was zeigen«, sagte er, und seine Stimme klang nicht mehr weiß und fett, sondern geheimnisvoll.
    Eddie schwieg. Der Hass auf seinen Vater und die Angst saßen wie eine Faust in seiner Kehle und schienen das Sprechen unmöglich zu machen.
    »Komm zur alten Scheune.«
    Eddie schüttelte den Kopf, um die Faust loszuwerden. »Ich geh schwimmen.«
    »Schwimmen kannst du doch auch später.«
    Er dachte an das Mitleid in Dennis’ Blick. Dass er ihn vor einer Stunde dafür gehasst hatte und dass Dennis jetzt der einzige Mensch war, der übriggeblieben war.
    »Ich hab was gefunden.«
    »Was?«
    »Komm her«, wiederholte Dennis. »Aber pass auf, dass dich niemand sieht.«
    Eddie steckte das Handy in die Hosentasche. Während er durch den Ort fuhr, dachte er an die alte Scheune. Es hatte gute Tage gegeben in seinem Leben, und viele hatten mit der Scheune zu tun gehabt. Besäufnisse und Schlägereien mit Gleichaltrigen aus Hausen und Oberrimsingen, Fummeleien mit Mädchen, Pornos auf einem tragbaren Minifernseher, bis die Batterien den Geist aufgegeben hatten. Ein paar Wochen lang hatten sie Hunde und Katzen entführt und in der alten Scheune erschlagen. Hier hatten sie auch das Geld verteilt, das sie in der Kirche aus den Opferstöcken und Klingelbeuteln gestohlen hatten.
    Und dann die vielen stillen Nächte, nachdem sein Vater zugeschlagen hatte.

    Die alte Scheune lag zweihundert Meter westlich des Ortes inmitten eines brachliegenden Feldes. Krähen flogen aus dem kniehohen, ausgedörrten Gras auf, als Eddie auf dem schmalen Pfad über das Feld fuhr. Ihre Schatten und ihr gieriges Krächzen begleiteten ihn.
    Er legte sein Rad neben das von Dennis und betrat die Scheune. Sonnenlicht brach durch zahllose Ritzen und Scharten im Holz der Wände. In den Lichtlanzen tanzte Staub.
    Dennis saß im Schneidersitz an eine der Wände gelehnt, und Eddie setzte sich neben ihn. »Also?«
    Dennis hob das Kinn in Richtung der gegenüberliegenden Wand. Erst jetzt bemerkte Eddie, dass dort noch jemand war. Auf dem Boden lag eine Frau. Sie hatte das Gesicht nach oben gewandt und bewegte sich nicht und sah beinahe so aus, als wäre sie tot.
    »Wer ist das?«
    »Keine Ahnung.«
    »Ist sie tot?«
    »Nein.«
    Eddie ging hinüber. Die Frau lag in eine rote Decke gewickelt und hatte die Augen geschlossen, aber er hörte jetzt, dass sie atmete. Die Decke war verrutscht, er sah eine nackte Schulter und die nackten Beine. Oben auf den Beinen waren Blutergüsse und verschorfende Kratzer zu erkennen. Auch im Gesicht war Blut, und ein Auge war zugeschwollen und die Nase irgendwie schief. Die aufgeplatzten Lippen standen leicht offen, und Eddie hatte den Eindruck, als wären ihr die Schneidezähne ausgeschlagen worden, so viel Blut war da. Das Gesicht war derart verunstaltet, dass er nicht hätte sagen können, ob die Frau hübsch oder hässlich war. Nur dass sie nicht älter war als Anfang zwanzig und schlank.
    »Krass, wenn du mich fragst«, sagte Dennis.
    Eddie schwieg. Er fragte sich, weshalb Dennis ihn angerufen hatte, nicht den Notarzt oder die Polizei. Warum er da drüben an der Wand saß und nichts unternahm.
    »Schau dir das linke Bein an«, sagte Dennis.
    Eddie beugte sich vor. Vom Knie an abwärts war das Bein an der Seite blaugefärbt. Die Frau war

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