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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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barfuß, und ihre Füße waren voller Erde und Dreck.
    Jetzt bewegte sie den Kopf ein wenig, und die Augen öffneten sich, das eine ganz, das andere halb, und sahen ihn voller Angst an. Es kam ihm so vor, als versuchte sie, sich zu bewegen, und als gelänge es ihr nicht. Als könnte sie nichts anderes mehr bewegen, nur den Kopf und die Augen.
    Ohne dass er es wollte, dachte er an die Hunde und Katzen, die in der Scheune gefesselt vor ihnen gelegen hatten. Sie hatten ähnlich geschaut wie die Frau, hilflos und voller Angst.
    Er kniete sich neben sie. Auf Bauchhöhe war die Decke nicht ganz geschlossen, und er sah einen schmalen Streifen Haut. Er hob den Saum an. Auch auf dem Bauch hatte die Frau Blutergüsse und verschorfende Kratzspuren.
    Als er die Decke zurückschlug, glaubte er, die Frau kurz wimmern zu hören, aber er war sich nicht sicher. Er starrte auf ihre linke Brust, die jetzt frei lag und rote Quetschungen aufwies. Er schob die Decke von ihrer anderen Brust, dann von ihrer Hüfte. Die Frau gab einen komischen Laut von sich, doch mehr geschah nicht. Zwischen ihren leicht gespreizten Beinen war Blut zu erkennen. Mit angehaltenem Atem legte Eddie die Hand auf ihren rechten Oberschenkel. Unter seiner Hand spürte er, wie ein Zucken durch den Körper der Frau lief. Mehr geschah auch jetzt nicht.
    Er dachte, dass er tun und lassen konnte, was er wollte, und es würde nichts geschehen.
    Langsam bewegte er die Hand über ihren Körper nach oben. Wegen der Blutergüsse und Kratzer berührte er ihre Haut nur leicht, obwohl er sie gern deutlicher gespürt hätte. Er wusste, wie weh solche Wunden taten, und er wollte ihr nicht wehtun.
    Erst als seine Hand bei ihrer Brust war, gab er dem Drang nach und legte sie darauf. Wieder ging ein Zucken durch den Körper der Frau, und ihre Schultern bewegten sich krampfartig, aber nicht ihre Arme, und als er genauer hinschaute, erkannte er, dass auch auf ihren Armen Blutergüsse waren. Wieder hörte er diesen merkwürdigen, leisen Laut aus ihrem Mund, und als der Laut abbrach, verebbten auch die Bewegungen. Aus dem Augenwinkel sah er, dass die Frau den Kopf weggedreht und die Lider geschlossen hatte, und er dachte wieder, dass er jetzt tun und lassen konnte, was er wollte, es würde nichts geschehen.
    Während seine Hand noch auf ihrer Brust lag, überlegte er, wie er die Frau überall berühren konnte, ohne ihr weh zu tun, denn weh tun wollte er ihr wirklich nicht. Die Sekunden vergingen, ohne dass er eine Lösung fand, und irgendwann hörte er auf nachzudenken, weil alle anderen Wahrnehmungen plötzlich ausgeblendet waren bis auf den Anblick seiner Hand auf ihrer Brust, und wie sich ihre Brust anfühlte, und dass da noch mehr war, das er tun konnte, ohne dass etwas geschehen würde.
    »Eddie.« Dennis’ weiße, fette Stimme brachte alles andere zurück.
    Er wandte sich um. Dennis musterte ihn mit einem dieser unergründlichen Dennis-Blicke, und er dachte, dass er Lust hätte, ihm diesen Blick aus dem Gesicht zu schlagen.
    »Wir müssen jetzt los, es gibt bald Essen.«
    »Geh schon vor.«
    »Eddie …«
    Schweigend starrten sie sich an.
    »Geh schon vor«, wiederholte er.
    Dennis erhob sich mühsam, indem er sich auf beide Hände stützte, und klopfte sich Staub und Heureste von den Shorts. Eddie glaubte zu sehen, dass er zitterte, aber vielleicht täuschte er sich. Vielleicht wabbelte nur das Fett. Dann sah Dennis ihn wieder an, und jetzt war sein Blick nicht mehr unergründlich, sondern verunsichert und fast ein bisschen erschrocken. »Komm jetzt.«
    Eddie sagte nichts.
    »Jemand wird sie suchen, und wenn die uns hier finden …«
    »Geh vor.«
    Dennis schüttelte den Kopf, und Eddie begriff, dass er ihn nicht allein mit der Frau zurücklassen würde. Dass er wusste, woran Eddie dachte, und dass er anfangs an dasselbe gedacht hatte, aber jetzt nicht mehr.
    Er nahm die Hand von der Brust der Frau und stand auf und ging hinaus.
    Dennis folgte ihm. Kaum war er draußen, rülpste und furzte er ausgiebig, als hätte er es sich in der Scheune verkniffen. »Wenn du mich fragst, wir sollten jemand anrufen.«
    »Ich frag dich nicht.«
    »Ich meine, einen Arzt. Oder die Polizei.«
    »Später«, sagte Eddie und dachte, dass Dennis vielleicht ein Problem werden würde und dass er noch nicht wusste, wie er damit umgehen sollte.
    In der Nähe der Scheune fand er ein Brett, das aus einer der Wände oder vom Dach stammen musste. Er schob es durch die Handgriffe der beiden Torflügel,

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