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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nyx Smith
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paar Tage oder so. Ihre menschliche Nase ist in dieser Beziehung nicht unbedingt das Wahre.
    Sie sieht sich um.
    Das Haus ist schmal und sehr tief. Es gibt fünf Stockwerke, darunter eine Kellerwerkstatt und einen Speicher unter dem Dach. Erdgeschoß: Wohnzimmer, Küche, Eßzimmer. Erster Stock, Schlafzimmer, Arbeitszimmer. Zweiter Stock: weitere Schlafzimmer. Die Hauptgeschosse sind durch eine Treppe miteinander verbunden. Der Zugang zum Speicher erfolgt über eine ausziehbare Leiter. Die Möbel sind dunkel und schwer und haben einen maskulinen Charakter.
    Die Gerüche bringen sie wieder zurück zur Straße nach Nirgendwo, eine Erinnerung an kühle Luft, Bäume, Schnee und Eis, dann das Bild der schlaksigen Gestalt vor der Kabine des Mostrans Luftkissenfahrzeugs. Sie erinnert sich an seinen grauweißen Tamanzug, an sein Gewehr, an seinen Gemch. Es ist noch keine weitere Sekunde verstrichen, als sie sicher ist, daß sie am richtigen Ort ist - seinem Ort -, seinem Heim. Im Schlafzimmer des ersten Stocks findet sie ein paar auf den Namen Eigin O'Keefe ausgestellte Dokumente, die das bestätigen.
    Kopfgeldjäger. Ehemaliger Söldner. Die Frage, die Tikki sich stellt, lautet, was so ein Zweibeiner mit ihrem Jungen will. Hat ihm jemand ein Kopfgeld für ihr Junges angeboten? Das kommt ihr unwahrscheinlich vor. Tikki bezweifelt, daß außer ihr und dem Vater des Jungen überhaupt jemand von der Existenz des Jungen wußte. Könnte sich ein Feind auf diese Weise an ihr rächen wollen? Sie sieht sich gezwungen, die Möglich keit in Betracht zu ziehen, fühlt sich jedoch nicht wohl damit. Jemand, der sich rächen wollte, hätte einfach ihren Tod angeordnet.
    O'Keefe weiß offenbar einiges über Werwesen. Er wußte genug, um sie mit ausreichend Feuerkraft zu erwarten, um sie niederzustrecken, während er und seine Partner sich mit dem Jungen aus dem Staub machten. Was weiß er sonst noch? Womit rechnet er?
    Eigentlich ergibt nichts von alledem einen Sinn.
    Wenn er weiß, daß Werwesen ihr Leben auf vier Beinen anstatt auf zweien beginnen, könnte er annehmen, daß sie mehr mit den sogenannten Tieren als mit den Metamenschen gemeinsam hat. In diesem Fall sollte er damit rechnen, daß sie nach ihrem Jungen sucht, aber nicht sehr lange. Kein gewöhnlicher Vierbeiner würde so lange nach seinem Jungen suchen. Das gewöhnliche Weibchen würde der Spur so lange folgen, bis die Witterung verblaßt und verschwunden wäre, und das Junge dann vergessen. Auf die nächste Brunft, die nächste Paarung, den nächsten Wurf warten. In der Wildnis sind die Gefahren zahlreich und die Jungen leichte Beute. Verluste sind unvermeidlich. Vierbeiner wissen das. Sie sind zu sehr mit dem Überleben beschäftigt, mit der Jagd nach der nächsten Mahlzeit, um sehr weit über die Grenzen ihres Reviers vorzustoßen und Zeit mit Erinnerungen zu verschwenden, die verblassen wie flüchtige Witterungen.
    Wenn O'Keefe andererseits ihren Ruf als Striper kennt, könnte er damit rechnen, daß sie Rache um jeden Preis suchen wird, und sei es auch nur, um jene büßen zu lassen, die sie zusammengeschossen haben.
    Vielleicht gehört das zu seinem Plan, sie zu reizen, Rachedurst in ihr zu wecken, um sie irgendwohin zu locken. Aber warum sich dann mit dem Jungen abgeben? Sie zusammenzuschießen und das Junge zu töten, wäre der sicherste Weg gewesen, sie in Wut zu bringen. Wahrscheinlich hätte sie völlig durchgedreht, mögli cherweise so sehr, daß sie bereitwillig in eine Falle gelaufen wäre.
    Vielleicht hat irgendein Sammler exotischer Wesen O'Keefe angeworben, um etwas wirklich Einzigartiges zu besitzen. Vielleicht hatte es O'Keefe ursprünglich auf Tikki abgesehen, sich dann aber, als er ihr Junges entdeckte, für die leichtere Beute entschieden. Das kommt ihr einigermaßen logisch vor, aber höchstwahrscheinlich ist alles Teil eines Plans, den nur ein Elf verstehen kann. Einer Verschwörung, die letzten Endes gar nichts mit Tikki oder ihrem Jungen zu tun hat. Sie und das Junge werden lediglich benutzt. Das ist genau das, was Elfen tim.
    Sie ist gerade dabei zu entscheiden, was sie als nächstes tun soll, als sie Geräusche hört: das Klicken des Schlosses, das Zuschlägen einer Tür.
    Der Geruch, der plötzlich in der Luft liegt, hebt sich kraß von den anderen ab. Eine Elfin hat gerade den Flur im Erdgeschoß betreten. Die Elfin grunzt und sagt: »Wo ist dein verdammtes Telekom, Tang?«
    Tang ist O'Keefe.
    Tikki zieht die Viper Automag unter ihrer Jacke hervor

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