Jäger
Nach was auch
immer. Die Bezirkspolizei dagegen hielt nach Kinderpornos Ausschau.
Auch die Polizisten aus San Diego konnten einen Durchsuchungsbefehl
vorweisen. Allerdings hatten sie nicht mit der Gegenwart des FBI
gerechnet und wirkten etwas beklommen.
Höflich war nicht ein Einziger.
Kapitel 28
10. und 11. Juni – San Diego/El Cajon
Mein Sinn für Ironie ist nicht sonderlich
ausgeprägt.
Drei Tage lang saß ich im Städtischen Gefängnis
von San Diego, ehe alle Anklagepunkte fallen gelassen wurden. Ohne
jede Erklärung, ohne jede Entschuldigung.
Meine Anwältin kostete mich die Hälfte meiner
Ersparnisse, Geld von Janies Rentenkonto, das ich nicht hatte
antasten wollen.
Die Anwältin, eine große, beleibte Dame in einem
dunkelgrünen Kostüm, erklärte mir, dass sie mich mit
Berufung auf die Habeas-Korpus-Akte herausgeboxt habe und gegen mich
keine Anklage erhoben werde. Informanten der Polizei hätten
Unsinn geredet, Gewährsmänner seien im wahrsten Sinne des
Wortes nach Süden abgetaucht, eine Reihe konkreter Spuren habe
sich, anstatt sich zu einem Strick für mich zu verdichten, in
Käse aufgelöst, in Fäden ziehenden Käse. Und mit
Käsefäden können sie einen nicht hängen.
Ich hatte Glück, dass sie nicht alles, was mir gehörte,
beschlagnahmt hatten. Mein Computer war allerdings immer noch bei der
Bezirkspolizei. Es konnte Wochen dauern, bis sie herausgefunden
hatten, was ich im World Wide Web alles angeklickt hatte.
Über Nacht war ich zum mutmaßlichen Drogenhändler
und Kinderschänder geworden. Meine Nachbarn hatten die Sache
wahrscheinlich mitbekommen, genau wie die örtliche Presse.
Niemand geht heutzutage noch sonderlich vorsichtig mit dem Ruf
anderer Leute um, schon gar nicht, wenn es sich um den Ruf eines
ehemaligen Marinesoldaten und Vietnam-Veteranen handelt, der als
dienstuntauglich entlassen und wahrscheinlich mit Agent Orange voll
gepumpt wurde. Wer konnte schon sagen, wie viele Kinder er mit dem
Bajonett aufgespießt hatte? Ich fühlte mich schuldig und
wie ein Dreckskerl, obwohl ich gegen kein einziges Gesetz
verstoßen hatte.
Ich fuhr nach Hause und starrte in dumpfer Bewunderung auf das
Chaos, das sie hinterlassen hatten. Wände waren aufgehackt,
Löcher in die Decke geschlagen und alte braune Wandisolierungen
heruntergerissen worden. Familienfotos lagen auf den Fußboden
des Wohnzimmers verstreut; sie waren mit ihren staubigen Stiefeln
darüber getrampelt. Alle elektronischen Geräte – der
Videorecorder, meine alte Kenwood-Stereoanlage, der
Triniton-Fernseher von Sony, das Tonbandgerät von Akai, der
CD-Player – waren hinter der Tür mit aufgeschraubten
Gehäusen und herausgezogenen Deckplatten zu einem Stapel
aufgetürmt.
Das Videoband war verschwunden.
Sie hatten sogar meinen Fäkalientank aus Fiberglas im Garten
ausgebaggert und zerstört. Das gesamte Anwesen stank nach in der
Sonne gereifter Scheiße. Gelbe Absperrbänder lagen
zusammengeringelt entlang der Einfahrt und überall im Umkreis
des Hauses.
Wenigstens hatten sie die Türen verschlossen, als sie
gegangen waren.
Im Vorgarten sammelte ich zerbrochene Möbel und eine
zersprungene Toilettenschüssel auf und warf in der Garage alles
auf einen Haufen, um es später auszusortieren.
Sie hatten mir nicht einmal einen Pott gelassen, in den ich pissen
konnte.
•
Janie hatte mich vor Jahren überredet, meinen Colt, meine
Schrotflinte und sämtliche Kampfmesser zu verkaufen. Ich war
dankbar dafür, denn erstens hatte ich etwas Geld dafür
bekommen und zweitens hatte ich so keine unmittelbare Bedrohung
für die bis an die Zähne bewaffneten Typen in kugelsicheren
Westen und Nahkampfstiefeln dargestellt. Sie hätten mich
über den Haufen knallen können.
Umso größer war meine Verblüffung, als ich auf
einem Stapel von vier Büchern eine beim besten Willen nicht zu
übersehende dreißig-null-sechs Smith & Wesson
entdeckte. Auf einem Stapel meiner eigenen Bücher,
Belegexemplare meiner Hardcover-Titel, mitten in meinem kleinen
Büro. An einem Platz, wo ich garantiert hinschauen
würde.
Der Rest meiner Bibliothek war von den Regalen gefegt und durch
das Zimmer geworfen worden.
Ich versuchte, eine Erklärung für die Pistole zu finden.
Sie war alt. Ihr Griff war mit einem weißen Verbandstreifen
umwickelt, der vom häufigen Gebrauch schon ganz grau war. Jemand
hatte sie für den Fall, dass ich sie brauchen würde, dort
hingelegt. Ich überlegte, ob ich auf der Polizeiwache anrufen
sollte, kam jedoch zu
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