Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
irgendwann ein Bestseller werden würde – und
alles war von A bis Z eine faustdicke Lüge.
    Aber ich wusste es besser.
    Die Sonne stieg hinter den Hügeln empor. Es würde ein
strahlend schöner Tag werden.
    •
    Mit Hilfe einiger alter Gedächtnistricks, die ich mir in
Vietnam und Laos angeeignet hatte, war es mir möglich gewesen,
einige der Dokumente, die Cousins mir gezeigt hatte, im Kopf zu
speichern. Für einige Namen und Daten benötigte ich
fachkundigen Rat. Ich wählte mich ins Internet ein und schickte
eine verschlüsselte Anfrage an fünf meiner Freunde. Sie
hatten alle gedient, einige davon in der CIA, die anderen, wie ich,
beim Nachrichtendienst der Marine. Inzwischen waren wir ausnahmslos
im Ruhestand und hatten per Internet so etwas wie einen
Buschtrommel-Club aufgebaut. Wir hielten einander über gewisse
interessante Dinge – meistens neu erschienene
Geschichtsbücher oder Web-Sites mit scharfen Fotos von nackten
Damen – auf dem Laufenden.
    Einige der Jungs in unserem Buschtrommel-Club waren schon 1953
aktiv gewesen und nicht mehr die Jüngsten. Sie hatten den Rest
von uns ausgebildet.
    Wenige Stunden später trafen die Antworten ein. Zwei waren
Nieten. Zwei schrieben, sie könnten mir nichts darüber
sagen, und ihre E-Mails lösten sich vor meinen Augen in nichts
auf. Raffinierter Trick. Einer antwortete überhaupt nicht.
    Ich kann ein Wespennest einfach nicht in Ruhe lassen. Was Cousins
mir gezeigt hatte, war über alle Maßen scheußlich
gewesen – und beängstigend; doch davon abgesehen war es die
wichtigste historische Enthüllung meines Lebens.
    Ich war nur ein dummer, einsamer Alter, der sich danach sehnte,
wieder eine wichtige Rolle zu spielen.
    Ich zog mich an, goss mir die vierte Tasse Kaffee ein und stand in
der Küche herum. Während ich darüber nachdachte, wie
ich die Sache am besten angehen sollte, hörte ich draußen
einen Konvoi von Last- und Personenwagen mit quietschenden Reifen in
die lange betonierte Einfahrt biegen. Ich machte die Vordertür
auf, blinzelte in die Sonne und Hitze hinaus und entdeckte drei
weiße Tahoes, außerdem zwei Crown Victorias der
Bezirkspolizei von San Diego. Schwarz gekleidete Männer in
kugelsicheren Westen und Kampfhelmen sprangen mit gezückten
Sturmgewehren und automatischen Pistolen aus den Lastwagen, die
Waffen entsichert, die Finger am Abzug.
    Derweil blieben die Bezirkspolizisten in den Personenwagen sitzen,
bewegten die Köpfe und sprachen in Mikrofone. Sie wirkten
irritiert.
    Als ich die Fliegengittertür aufstieß, nahmen die Jungs
in Schwarz sofort die richtigen Stellungen ein, um Hackfleisch aus
mir zu machen. Unwillkürlich musste ich die Choreographie dieses
tödlichen Balletts bewundern, doch gleichzeitig kam es mir wie
eine bitterböse Ironie des Schicksals vor, dass ich ausgerechnet
jetzt, da ich endlich wieder einen Grund zu leben gefunden hatte,
sterben sollte.
    Langsam beugte ich mich nach vorn und stellte die Kaffeetasse auf
den Boden, dann streckte ich die Hände hoch, so dass
sämtliche Finger zu sehen waren. Ich war wegen Drogenbesitzes
verhaftet worden, als ich 1973 in die Staaten zurückgekehrt war.
Ich kannte die Prozedur.
    »Guten Morgen«, rief ich aufgeräumt.
    »DEA«, brüllte der Anführer. »Wir haben
vom Bundeskriminalamt den Auftrag, die Wohnung von Benjamin Bridger
zu durchsuchen.«
    »Das bin ich«, nickte ich. »Wenn Sie mir sagen, was
Sie suchen, kann ich Ihnen vielleicht eine Menge Zeit
sparen.«
    Der Mann bedachte mich mit demselben harten Blick, mit dem ich
früher die Pathet Lao niedergestarrt hatte. Er wedelte mit
irgendwelchen Papieren herum, während seine Truppe in mein Haus
polterte und den Tanz aus Vorwärtsstürmen, Deckung suchen,
Spähen, die Waffe in Anschlag bringen und Hineinstürmen
vollführte – es sah ganz nach Foxtrott oder Tango aus. Ich
wäre beeindruckt gewesen, wäre mir nicht das Blut in den
Adern gefroren.
    »Ist noch jemand hier?«, fragte er.
    »Nur ich. Meine Frau ist gestorben und…«
    »Halten Sie den Mund«, bellte er.
    Aus dem Laderaum eines Lastwagens hoben FBI-Agenten zwei
hocherfreute Beagles, die ebenfalls schwarze kugelsichere Westen
trugen. Sie ließen die Zungen heraushängen und jaulten
ekstatisch, als der Hundeführer den Hahn in meinem Garten
aufdrehte und Wasser in zwei rote Plastiknäpfe mit der
Aufschrift DEA füllte. Nachdem die Hunde gierig
geschlabbert hatten, wirbelten sie herum und machten sich an die
Arbeit.
    Das FBI suchte nach Kokain, Waffen, Marihuana.

Weitere Kostenlose Bücher