Jaegerin der Daemmerung
von den Füßen riss. Gary schlug kopfüber hin. Ivory rappelte sich auf und wollte sich gerade über Gary werfen, um ihn vor Sergijs Abschiedsattacke zu schützen, als Unmengen von Schnee in die Luft stoben. Alles um sie herum war weiß. Im selben Moment spürte Ivory, wie sie von dem Wirbelsturm emporgehoben und mit voller Wucht auf den Boden geschleudert wurde, wo Gary lag. Der Wind war stark genug, um einen Menschen zu töten, und sie fühlte, wie Knochen splitterten.
Mit schaukelnden Bewegungen bewegte Ivory sich vorwärts und erlaubte dem Sog, sie in eine halb kniende Position zu bringen. Den Schmerzwellen, die unablässig durch ihren Körper hindurchströmten, schenkte sie keinerlei Beachtung. Stattdessen hielt sie fieberhaft Ausschau nach Sergij, doch der war fort. Um sie herum herrschte Stille, die lediglich von schwerem, unregelmäßigem Atmen unterbrochen wurde. Erschöpft sackte Ivory in sich zusammen, als sich ihre letzten Kraftreserven dem Ende zuneigten.
Auf allen vieren robbte sie zu Farkas, um den sich die anderen Wölfe bereits geschart hatten. Sie umarmte den Wolf, versuchte zu ergründen, wie viel Zeit ihr noch blieb, ihn zu heilen. Sie war definitiv zu schwach und benötigte dringend frisches Blut.
Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Gary sich hochrappelte. »Bist du wohlauf?«
»Danke, ja.« Die Worte kamen ihr schärfer über die Lippen, als sie es beabsichtigt hatte. »Wie ist der Ghul überhaupt an das Kind gekommen? Wieso war der Junge nicht in Sicherheit?« Während Ivory den Wolf nach gebrochenen Rippen abtastete, warf sie Gary einen tadelnden Blick zu.
»Travis ist der Adoptivsohn von Sara und Falcon, und obwohl er übersinnliche Fähigkeiten hat, ist er ein Mensch. Tagsüber gehen die Kinder zur Schule und nehmen an den normalen Aktivitäten der Dorfkinder teil. Falcon und Sara haben eigens Wachen für sie eingestellt. Die anderen und ich waren im Schulgebäude, aber Travis wollte mit einer der Frauen, die uns helfen, etwas erledigen. Wir hatten keine Ahnung, dass Gefahr im Anzug war.«
Ivory seufzte. »Für Meistervampire ist es ein Leichtes, ihre Anwesenheit vor Jägern zu verbergen. Mittlerweile sind sogar schwächere Vampire dazu in der Lage. Eure Jäger sollten das wissen und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.«
Irgendwo über ihren Köpfen rollte ein Donner, und ein lautes Krachen antwortete, als zwei mächtige Energiefelder am Himmel aufeinandertrafen.
Ivory war sich sicher, dass Sergij einen weiteren Blitz geschickt hatte, in der Hoffnung, sie aus der Ferne zu treffen. Doch eine unsichtbare Hand hatte sie davor gerettet. Eine Energiequelle, die sich irgendwo in der unmittelbaren Nähe befinden musste. Ivory wusste, dass ihr nicht viel Zeit blieb. Sie musste verschwinden, ehe die karpatianischen Jäger eintrafen.
Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht, erschütterte eine weitere Energieexplosion die Lichtung. Die Erde bebte, die Bäume zitterten. Einige herumliegende Felsen gerieten ins Rollen und lenkten Ivorys Aufmerksamkeit auf die Metallteile, die verstreut im Schnee herumlagen. Ivory erhob eine Hand und rief sie zu sich zurück. Als sie sicher war, alle gefunden zu haben, verstaute sie sie vorsichtig in den dafür vorgesehenen Schlaufen an ihrem Gürtel.
Gary runzelte die Stirn. »Was hast du da?«
»Waffen.« Ivory zuckte mit den Achseln, um keine unnötige Aufmerksamkeit auf ihr Geheimnis zu lenken. »Ich muss mich jetzt um meinen Wolf kümmern. Am besten lässt du die Armbrust hier und gehst zurück. Hab Dank für alles.«
»Ich würde lieber noch etwas bleiben, um mich zu vergewissern, dass es dir gut geht.«
Ivory stieß ein abweisendes Grunzen aus, schloss die Augen und legte die Hände auf die gebrochenen Rippen des Wolfes. Sie benutzte gerade so viel Energie, wie sie benötigte, um Farkas' Heilung in Gang zu setzen und ihn transportieren zu können. Ein Licht brach aus ihrer Handfläche und ergoss sich über den Rücken des Tieres.
»Wärst du bereit, ihm etwas Blut zu geben?« Ivory sah zu Gary auf, der jetzt neben ihr stand.
»Wie bitte?«
»Ich bitte nicht für mich selbst. Ich frage nur, weil er dringend frisches Blut braucht, um wieder zu genesen. Er wird dir nichts tun, darauf gebe ich dir mein Wort«, erklärte sie, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. »Ich würde dich nie dazu zwingen. Die Entscheidung liegt einzig und alleine bei dir.«
Gary ging neben Ivory in die Hocke und spürte, wie die fünf anderen riesigen Wölfe
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