Jaegerin der Daemmerung
Landschaftsstudien - so, als hätte die Künstlerin die Außenwelt eingefangen und Stück für Stück in die Tiefe des Erdreiches gebracht.
Eine Frau, die ihn wieder Farben sehen ließ. Nach all den Jahren, in denen er nichts als Schwarz, Weiß oder Grau gesehen hatte, war er nun förmlich von den vielen Farben, die über ihn hereinbrachen, geblendet. Seine Augen brannten. Er erinnerte sich an die besänftigenden Berührungen ihrer Hände, an ihre beruhigende Stimme, an den Geschmack ihres Blutes, heiß und süchtig machend, als wäre es nur für ihn gedacht. Sie hatte ihn gerettet, obwohl er das nicht wollte. Diese Frau hatte ihn trotz seiner Warnungen gepflegt, sich seiner angenommen, und nun ...
Er konnte wieder fühlen. Alles. Die Schuldgefühle, den Zorn und das Gefühl der absoluten Verlassenheit. Er hatte keinen blassen Schimmer, wie er sich in Gesellschaft anderer bewegen sollte. Außer Folter und Qual kannte er kaum etwas anderes. Und jetzt fand er sich an diesem ungewöhnlichen Ort wieder, vollkommen unvorbereitet darauf, sein Leben weiterzuführen. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten ging es ihm gut - ein höchst befremdlicher Zustand.
Razvan reckte und streckte sich, genoss das Spiel seiner Muskeln. Sein Körper fühlte sich anders an - warm, lebendig, machtvoll. Weil er nicht wusste, wohin mit all der Kraft, begann er so stark zu zittern, dass er sich fragte, wie jemand über so viel Energie verfügen konnte, ohne jeden in seiner Umgebung zu verletzen. Nachdem er einen tiefen Atemzug getan hatte, begann er, die gesamte Höhle in Augenschein zu nehmen.
Alles deutete darauf hin, dass die Frau - seine wahre Gefährtin - in jahrhundertelanger, mühsamer Arbeit sich ein Zuhause geschaffen hatte. Das Ergebnis ihrer Mühen war ungewöhnlich, sagte ihm aber zu. Doch dass sie ihn gerettet hatte, passte ihm gar nicht. Er hatte keine Zeit, zu bleiben und sie dafür zu schelten - oder von ihr in Versuchung gebracht zu werden. Endlich hatte er eine Chance, gegen Xavier zu bestehen. Er musste die Machenschaften des dunklen Magiers stoppen - und jetzt hatte er endlich genug Kraft dazu.
Razvan kniete sich hin, um das große Bett zu untersuchen. Die Vertiefung bestand aus reinem, undurchdringlichem Fels, in den sie ein kreisrundes, tiefes Loch geschlagen und es anschließend mit der reinsten, gehaltvollsten und mineralhaltigsten Erde aufgefüllt hatte, die er je gesehen hatte. Er konnte nicht widerstehen, musste mit den Händen noch einmal tief in die dunkle, lehmige Erde tauchen und spürte ihre schmerzlindernden, verjüngenden Eigenschaften. Wo mochte sie die Erde wohl gefunden haben?
Razvan setzte sich auf die Fersen und musterte die Ausmaße des Betts. Die Füllung musste nach und nach in mühsamer Kleinarbeit hergebracht worden sein, bis die Schicht mehrere Meter dick war. Welche Ausdauer notwendig gewesen war, die geräumige Höhle zu erweitern und anschließend das Steinbassin mit Erde zu füllen! Eine Arbeit, die zweifelsohne mehrere Jahrhunderte in Anspruch genommen hatte. Und dennoch hatte sie ihre Idee bis zum Ende durchgeführt.
Mit einer Leichtigkeit, die ihm fremd war, kam er auf die Füße, überrascht, wie sein Körper mit der wiedergewonnenen Kraft umging. Doch mehr als dies interessierten ihn diese mysteriöse Frau und ihr Reich, das sie sich in der Tiefe der Erde erschaffen hatte.
Am meisten faszinierte ihn die Atmosphäre, die dem Raum innewohnte. Wie von selbst legten sich seine Hände gegen die Wand, woraufhin er ein kraftvolles Knistern spürte und sich das wohlige Gefühl von Wärme und Frieden in ihm breitmachte. Stirnrunzelnd ließ er die Hände wieder sinken und widmete sich den formvollendeten Steinmetzarbeiten an den gut zehn Meter hohen Wänden. Auf einer Seite des Raums erstreckte sich ein Wald, der so detailgetreu gearbeitet war, dass er jede einzelne Tannennadel und jedes Astloch mit dem bloßen Auge erkennen konnte.
An der Wand gleich neben dem Bett war ein Wasserfall dargestellt, der in einen von einer Wiese umgebenen See mündete. Im und um das Wasser entdeckte er sechs Wölfe, von denen jeder eine andere Pose einnahm. Razvan studierte selbst die Büsche, Blumen, den vollen Mond und die Sterne. Erst dann fiel ihm der Satz auf, den sie eine Handbreit über dem Rand des Bettes in den Fels gemeißelt hatte.
Kućlak és kuηe jeläam és andsz éntölam sielerauhoet, andsz éntölam pesädet és andsz éntölam kontsíverauhoet - Mögen die Sterne und der Mond mir ihr strahlendes
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