Jägerin der Dämonen (Ein Patricia Vanhelsing Roman) (German Edition)
Gewässern. Bilder für Modekataloge oder Kalender. Unser Chefredakteur Michael T. Swann sagte nichts dazu, solange Jim seine Pflichten für die LONDON EXPRESS NEWS über diesen Nebentätigkeiten nicht vernachlässigte.
"Ach, Patti! Neidest du mir etwa den Erfolg? Dieser Kalender wird mich berühmt machen..."
"Hoffentlich berühmt genug, um Swanns Wutanfall und den Rauswurf bei der NEWS überleben zu können, wenn unser Chef erfährt, daß du so etwas während deiner Arbeitszeit machst." Jim lächelte spöttisch.
In seinen Augen blitzte es angriffslustig. Und ich wurde das leise Gefühl nicht los, daß er mich irgendwie aufs Glatteis geführt hatte.
"Swann weiß bescheid", erklärte er.
Ich sah ihn erstaunt an. "Und er hat nichts dagegen?"
"Er hat mir den Auftrag gegeben."
"Was?"
Jim genoß sichtlich meine Fassungslosigkeit. Dann nickte er. "Ja, die LONDON EXPRESS NEWS wird nächstes Jahr einen Kalender mit Fotomotiven aus London und Umgebung herausbringen. Für treue Leser und Abonnenten... Und natürlich auch, weil man die Rückseiten der Fotobögen als Werbefläche nutzen kann. Tja, und da ich in diesem Hause der mit Abstand beste Fotograph bin, hat man mich eben bekniet, diese außerordentlich anspruchsvolle Aufgabe auszuführen... Die Sache hat nur den Haken, daß es ziemlich schnell gehen muß. Ehe sich die Geschäftsleitung zu einem Okay für diesen Kalender durchringen konnte, ist jede Menge Zeit verplempert worden. Und jetzt soll das Ding am besten schon gestern fertig gewesen sein!"
"Typisch!" mußte ich zugeben.
"Ach, ehe ich es vergesse, du sollst übrigens zu Mr. Swann ins Büro kommen..."
Während Jim sich nach der Kaffeemaschine umsah, wandte ich ihm einen ziemlich ärgerlichen Blick zu.
"Ach, und das sagst du mir so nebenbei!"
"Hätte ich es dir nicht sagen sollen?"
"Du weißt genau, wie ungeduldig Swann ist! Der wird vor Wut an die Decke gehen, weil ich noch immer nicht bei ihm aufgetaucht bin..."
"Er wird sich zusammennehmen, Patti. Schließlich weiß er genau, was er an dir hat..."
"Na, hoffentlich!"
*
Als ich Michael T. Swanns Büro betrat, erlebte ich zwei Überraschungen. Die erste betraf Tom Hamilton, der offenbar ebenfalls hier einen Termin hatte. Er hatte in einem der dunklen Ledersessel platzgenommen, die Swann in seinem Büro aufgestellt hatte.
Die zweite Überraschung betraf Swanns Schreibtisch.
Ich war den Anblick einer völlig überladenen Tischplatte gewohnt, auf der sich Stapel von Akten, Manuskripten und Papieren zu Türmen von zweifelhafter Statik aufschichteten.
Jedesmal, wenn Swann eine heftige Bewegung machte oder aus Versehen mit einem Fuß ein Tischbein berührte, fürchtete man, daß eines dieser Gebäude umstürzen könnte und in einer Art Domino-Effekt einige weitere mit sich in die Tiefe reißen würde.
Aber diese Papiertürme waren verschwunden. Statt dessen befanden sie sich neben dem Schreibtisch und ein Computer-Terminal stand jetzt unübersehbar dort, wo sich früher die Manuskripte freier Mitarbeiter ins Uferlose stapelten.
Swann tauchte hinter dem Bildschirm hervor. Er war ein breitschultriger, etwas untersetzt wirkender Mann. Seine Krawatte saß ihm wie ein Strick um den Hals und die Hemdsärmel waren hochgekrempelt. Swann war ein Mann, der von seiner Arbeit besessen war. So etwas wie ein Privatleben schien es für ihn kaum zu geben. Oft war er der erste, der morgens in der Redaktion war, und abends war er nicht selten der letzte, der das Verlagsgebäude verließ. Einen ähnlichen Einsatz verlangte Swann auch von allen anderen Angestellten der LONDON EXPRESS NEWS.
Gefürchtet waren seine cholerische Anfälle, die ihn insbesondere immer dann überkamen, wenn er schlecht recherchierte Artikel zu redigieren hatte. Aber gute Leistung erkannte er immer an. In dem Punkt war er absolut fair.
"Hallo, Patti!" sagte er. "Ein hektischer Tag heute. Ich glaube, wir haben uns noch gar nicht gesehen..."
Ich schielte am Bildschirm vorbei und sah das aufgeschlagene Computerhandbuch. Manchmal ist es ein Trost, zu sehen, daß auch andere Menschen nicht perfekt sind...
Wie gewohnt kam Swann gleich zur Sache.
Er warf mir den Ausdruck einer Pressemeldung zu, die ich gerade noch auffangen konnte, bevor sie zu Boden segelte.
"Ich erwarte nicht, daß Sie den kleinen Ort Darrenby in der Grafschaft York kennen. Aber vielleicht haben Sie schon einmal etwas von einem gewissen Brian Meany gehört..."
Ich überlegte und kramte fieberhaft in meinem Gedächtnis herum.
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