Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
geraubt haben mochte, und ein Teil von mir fürchtete sich davor, dass sie plötzlich schwer verstümmelt und verwest irgendwo auftauchen könnte. Aber das spielte keine Rolle mehr.
Ich hatte meinen Engel nicht retten können, aber ich konnte versuchen, Tristan beizubringen, wie er sich selbst am besten verteidigte. Das würde genügen müssen.
Amanda und Knox hatten ihr Leben in Savannah ohne große Veränderungen wiederaufgenommen, auch wenn sie mich jetzt vielleicht ein bisschen genauer im Auge behielten als früher. Wir waren wohl alle vorsichtiger geworden, jetzt, da die Naturi in unserer Welt lauerten.
Niemand schien mehr alleine jagen zu wollen, und unser Verhältnis zu den Gestaltwechslern war ein für alle Mal zerrüttet.
Auf der Tanzfläche erklang jetzt ein langsamerer, melancholischerer Song. Ich Heß den Blick über die Menge schweifen. Zum Jagen war ich nicht in der Stimmung und hatte auch keinen besonders großen Appetit. Seltsamerweise wurde mir langsam langweilig.
Meine Stadt hatte mir so sehr gefehlt, aber jetzt, da ich wieder hier war, wurde ich nervös. Mit Ausnahme von Tristan hatte ich mich von meinesgleichen abgeschottet, um allein zu sein, aber jetzt hatte ich wieder Lust, etwas zu unternehmen. Zu viele Fragen waren in Machu Picchu offen geblieben, aber mir blieb nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass andere sich zuerst bewegten. Fast wünschte ich mir, dass Danaus einfach durch die Tür spaziert wäre, mit finsterer Miene und Neuigkeiten über irgendwelche schrecklichen Ereignisse. Aber selbst er war nach Machu Picchu einfach verschwunden.
Beim Gedanken an ihn erfüllte eine nie gekannte Leere meine Brust. Die Welt war kälter, seit er nicht mehr da war. Irgendwie hatte ich mich an die warme Berührung der Kraft gewöhnt, die er verströmte, und an das Gefühl seiner Gedanken und Emotionen an der Grenze zu meinem Inneren.
Ich seufzte und wollte das Dark Room gerade auf der Suche nach einem ruhigeren Plätzchen für den Abend verlassen, als ich spürte, wie jemand den Club betrat, der mir vage bekannt vorkam. Tristan kam herein und suchte den schwach erleuchteten Club offensichtlich nach mir ab, aber es war nicht er, der mich stutzig gemacht hatte. Ich hielt inne und schnüffelte, während ich die schwache Spur eines Rasierwassers ausmachte, das ich schon eine ganze Weile nicht mehr gerochen hatte. Langsam hob ich die Füße von dem Stuhl, auf dem sie bis eben gelegen hatten, und pflanzte sie beim Aufstehen entschlossen auf den Boden. Im selben Moment fiel mein Blick auf ein schmales Gesicht, bei dessen Anblick mir ein Lächeln über die Lippen huschte. James Parker schob sich an einem großen, tätowierten Mann mit violettem Haar vorbei, während er sich nervös die Krawatte in Dunkelblau und Rot zurechtrückte. Die goldgefassten Brillengläser des Forschers von Themis blitzen im schwachen Licht, das durch die Rauchschwaden fiel.
Ich fuhr mir mit der Zunge über die Zähne und lächelte, bis ich die Eckzahne bleckte. Danaus hätte mir den Forscher nie in meine Domäne geschickt. Er wäre selbst gekommen, wenn er etwas von mir gewollt hätte. Allerdings war vielleicht der weißhaarige Zauberer Ryan bereit, wieder mit mir in den Ring zu steigen, und er war auch der wahrscheinlichste Kandidat, um mir einen Boten zu schicken.
Vielleicht ging es mit meiner Nacht ja doch noch bergauf.
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