Jägerin der Nacht - Der Anfang (Ein Patricia Vanhelsing Roman) (German Edition)
auch von seinen Mitarbeitern.
Morgens war Swann oft der erste in der Redaktion, abends ging er als letzter. Zu Anfang meiner Zeit bei den LONDON EXPRESS
NEWS war er mir gegenüber ziemlich skeptisch gewesen.
Aber Leistung erkannte er stets an und so hatten wir uns bald gut verstanden.
Er ließ den Blick durch das Großraumbüro gleiten. Als er mich gefunden hatte, bewegte er sich in meine Richtung.
Mit schnellen Schritten hatte er mich erreicht.
"Was ist mit der Trafalgar-Square-Story?" fragte er.
Ich faßte es kurz zusammen. Swann runzelte die Stirn. "Eine Mordserie?" echote er.
"Scotland Yard schließt das nicht aus."
"Okay, Sie haben 50 Zeilen, Patti!"
"Sechzig."
"Patti, wir sind hier in einer Zeitungsredaktion, nicht auf dem Basar!"
Ich zuckte die Achseln. "Wir können die Bilder kleiner machen", schlug ich vor. "Es dürfte ohnehin nicht viel darauf zu sehen sein, außer einer Menschenmenge und ein paar Kriminalbeamten - und den Trafalgar Square kann sich jeder im Reiseführer ansehen, sofern man ihn nicht schon kennt!"
Swann seufzte.
Ein nachsichtiges Lächeln erschien auf seinem Gesicht, während er die kräftigen Arme in die Hüften stemmte.
"Sie wissen genau, daß Ihren Text niemand liest, wenn kein vernünftiges Bild daneben zu sehen ist, Patti!"
Jim grinste zufrieden. "Es freut mich, daß wenigstens Sie meine Arbeit zu schätzen wissen, Mr. Swann!"
Swann wandte den Kopf zu Jim herum und hob die Augenbrauen.
"Ich schätze Ihre Arbeit sehr, Jim! Allerdings hoffe ich auch, daß sie heute noch fertig wird!"
"Ein Becher Kaffee und ich bin schon unterwegs ins Labor, um die Bilder entwickeln zu lassen!" versprach Jim.
"Na, schön. Wenn einer von Ihnen beiden Mr. Hamilton sehen sollte, so sagen Sie ihm, daß er sofort zu mir kommen soll!"
Damit drehte Swann sich um und verschwand wenig später wieder in seinem Büro. Jim machte sich indessen an der Kaffeemaschine zu schaffen. Er reichte auch mir einen Pappbecher mit dampfenden Kaffee.
"Nur ein Becher!" erinnerte ich ihn.
"Klar doch! Aber der Inhalt ist ja noch sehr heiß. Da brauche ich eine Weile!"
Wir lachten beide.
*
Jim hatte seinen Kaffee gerade ausgetrunken, da betrat Tom Hamilton das Redaktionsbüro. Jim winkte ihn herbei.
Und dabei beugte er sich zu mir und raunte: "Soll ich dir sagen, was für einen Auftrag Swann ihm gegeben hat?"
"Nein."
"Er durfte Jürgen Klinsmann interviewen, der die Tottenham Hotspurs vor dem Abstieg retten soll..."
"Das klingt ja nach Neid!" stellte ich fest.
"Das klingt nicht nur so!" erwiderte Jim.
Tom Hamilton war ein großer, dunkelhaariger Mann von etwa 35
Jahren, der seit einiger Zeit zur Reportermannschaft der LONDON EXPRESS NEWS gehörte. Zuvor war er Korrespondent einer großen Nachrichtenagentur in Übersee gewesen. Ein Job, von dem viele bei uns nur träumen konnten. Für Tom war die Stelle bei der NEWS ein Rückschritt in der Karriere und nicht wenige bei uns fragten sich, was dahintersteckte.
Aber Tom war - was seine Person betraf - alles andere als gesprächig. Ich hatte mal ein Gerücht aufgeschnappt, wonach er in Asien monatelang verschollen gewesen war. Man munkelte, daß die Tatsache, daß er jetzt nicht mehr für seine ehemalige Agentur arbeitete, damit zusammenhing. Aber etwas Genaues wußte ich nicht.
Tom begrüßte uns kurz.
Der Blick seiner graugrünen Augen ruhte einen Augenblick auf mir. Ein verhaltenes Lächeln spielte um seine Lippen. Er war ein Mann mit großer Ausstrahlung. Ein sympathischer Kollege, den allerdings immer die Aura des Geheimnisvollen umgab. Er war schwer zu durchschauen und tat selbst nicht das geringste dafür, daß sich daran etwas änderte.
Jim konnte ihn deshalb nicht besonders gut leiden.
Ich selbst hatte noch nicht so recht entschieden, was ich von ihm halten sollte.
"Mr. Swann will Sie sprechen, Tom", hörte ich Jim sagen. In seinen blauen Augen blitzte es angriffslustig. "Ich weiß zwar nicht genau, worum es geht, aber ich glaube, daß Ihr Klinsmann-Interview leider aus dem Blatt fliegt. Aus aktuellem Anlaß!" Er warf den Pappbecher in den Papierkorb und wandte sich kurz in meine Richtung. "Bis nachher, Patti!"
Tom sah ihm amüsiert nach.
"Welche Laus ist ihm denn über die Leber gelaufen?"
"Er meint es nicht so."
"Ich fürchte doch, Patricia." Sein Lächeln wirkte nachsichtig. Er schien das Ganze mit einer Art überlegenen Gelassenheit zu betrachten.
"Aus irgendeinem Grund scheint Jim mich nicht sonderlich leiden zu können!" stellte
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