Jagablut
gar Wochen. Er
würde sie vermissen in jeder Stunde dieser Tage, und in den Nächten würde er
von ihr träumen oder, in den seltenen Fällen, da dies noch geschah, würde er an
sie denken, wenn er mit seiner Frau schlief.
Carla schien seine Gedanken zu erraten. Sie warf
den Mantel auf den Rücksitz. Im Licht der ersten Ortschaft – Gries am Brenner –, durch die sie gerade fuhren, konnte er ihre helle Haut sehen.
Die Heizung war hochgestellt, und im Wagen war es
während der wenigen Minuten, die sie vom Pass hierher gebraucht hatten, wohlig
warm geworden.
»Du bist so schön«, sagte Spiss. »Ich möchte dich
nicht heimbringen. Möchte dich immer bei mir haben.«
Carla lächelte ihn an. Sie sagte nichts.
»Weißt du, was das Allerschlimmste für mich
ist?«, fragte Spiss.
Carla lächelte weiterhin, zog aber die
Augenbrauen ein wenig in die Höhe.
»Das Schlimmste ist, dass ich nie ganz dein Mann
sein kann. Selbst wenn ich mich von meiner Frau, meiner Familie trennen würde.
Selbst, wenn wir irgendwohin gingen und ganz neu anfangen würden.«
Das Lächeln verschwand aus Carlas Gesicht. Sie
sah ihn jetzt nur mehr fragend an.
»Schau mich nicht so an«, sagte er. »Bitte, schau
nicht so.« Und nach einem Augenblick der Stille fügte er hinzu: »Du bist so
jung. Ein Jahr jünger als Evelyn, meine Tochter …«
»Ich weiß«, sagte sie. »Aber was ist das
Problem?«
Jetzt lächelte Spiss. Aber er spürte in seinem
Lächeln die ganze Wehmut, die ihn immer dann befiel, wenn ein Treffen mit Carla
zu Ende ging.
»Ich mache mir nichts vor, Kleines«, sagte er.
»Jetzt bin ich interessant für dich. Und ich traue mir schon zu, das noch
einige Zeit zu sein. Aber in ein paar Jahren …«
Er zögerte, sprach dann aber weiter: »In ein paar
Jahren bin ich für dich alt. Du könntest dein Leben nicht mit mir verbringen,
du würdest ausbrechen, davonfliegen. Ich bin dreiundvierzig. Du bist siebzehn,
knapp – wir wären ein komisches Paar.«
Er merkte, dass ihn Carla unterbrechen, ihm
widersprechen wollte. Er nahm die rechte Hand vom Lenkrad und drückte ihr mit
zwei Fingern sanft die Lippen zu.
»Sag nichts. Glaub mir einfach. Es ist so, wie
ich es sage.«
Als er aber die Finger von ihrem Mund nahm,
sprach sie doch.
»Wir könnten einfach abhauen, du und ich. Am
besten auf eine Insel in der Südsee. Hab erst neulich Fotos in einer
Zeitschrift gesehen: tiefblaues Meer, der Sand am Strand ganz weiß, Kokospalmen
und das ganze Jahr lang Sommer. Ich würde von früh bis spät nackt für dich
herumlaufen – Ehrenwort.«
Und wie um ihm einen Beweis zu liefern, hob sie
ihr Hinterteil an, rückte ihr Minikleid nach hinten und zog es sich dann mit
etwas ungelenken Bewegungen über den Kopf.
»Schau!«, sagte sie. »So!«
Spiss sah sie nackt neben sich sitzen. Nackt bis
auf die Schuhe, zierliche Ballerinas. Draußen war es dunkel, und im Wagen war
es warm. Ihre Haut war weiß, alles andere war schwarz. Nur die Beleuchtung der
Armaturen gab in Blau und Rot ein schwaches Licht ab.
Er schaute in den Rückspiegel. Weit hinten sah er
ein Scheinwerferpaar. Wer auch immer darin saß, konnte nicht sehen, dass er ein
nacktes Mädchen bei sich im Auto hatte. Die Schülerin Carla, deren Haut er sah,
deren Körper er roch, die er vor Kurzem geliebt hatte, körperlich und zwei
Stunden lang, und deretwegen er am liebsten rechts herangefahren wäre und das
Gleiche noch einmal getan hätte.
»So wäre ich immer für dich da«, sagte Carla. Und
sie strich ihm mit den Fingerspitzen über den Oberschenkel, ganz leicht nur und
ganz langsam. Vor und zurück und dabei seinem Schritt immer näher kommend.
Einen Moment lang fragte sich Spiss, woher ein so
junges und bis vor nicht allzu langer Zeit zweifellos unerfahrenes Mädchen
derart viel sexuelles Selbstbewusstsein und so viel erotische Raffinesse nahm.
»Du kleine, süße Hexe«, sagte er. Und er hatte
dabei Mühe, sich auf das Fahren zu konzentrieren. Er steuerte das Auto durch
die Kurven zwischen Gries und Wolf, sah schon die Lichter von Steinach.
»Du musst dir wieder etwas anziehen«, sagte er zu
Carla. »Da vorn kommt Steinach, da ist um die Zeit noch alles hell erleuchtet.
Wenn dich jemand sieht …«
»Und wenn schon«, sagte sie.
»Wenn dich jemand so nackt sieht … So können wir
doch nicht durch die Gegend fahren …«
»Dann fahr halt noch mal rechts ran«, sagte sie.
»Nur zehn Minuten. Bitte.«
Wie ein schmollendes Kind, dachte Spiss. Wie ein
Kind, das im
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