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Jagablut

Jagablut

Titel: Jagablut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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Supermarkt so lange quengelt, bis es endlich bekommt, was es will.
    Er sah wieder in den Rückspiegel. Da waren noch
immer die Scheinwerfer des Wagens, der eine ganze Weile schon in etwa gleichem
Abstand hinter ihnen fuhr.
    Er überlegte ein paar Sekunden lang, wo die
nächste Parkbucht oder wo eine Einfahrt in einen Waldweg wäre. Es erschien ihm
sehr verlockend, sein Glück der letzten Stunden um einige weitere Minuten zu
strecken, ihre Haut zu schmecken, ihre Haare zu riechen, sein Gesicht an ihre
kleinen, festen Brüste und in ihren flaumigen Schritt zu drücken.
    Wenn die Scheinwerfer nicht gewesen wären …
    Es irritierte ihn, dass ein Fahrzeug hinter ihnen
war. Dass es, sobald er verlangsamen und rechts ranfahren würde, an ihm
vorbeizöge. Und dass dann der Fahrer oder die Fahrerin und alle Insassen dieses
Wagens sehen würden, dass er, Spiss, mit einem splitternackten Mädchen durch
die Nacht fuhr.
    Er fasste nach ihrer Hand, schob sie sanft
beiseite, sagte: »Heute nicht mehr, kleiner Schatz«, und trat fester aufs Gas.
Was er gelernt hatte im Verlauf seines Lebens, war, dass man einen Genuss nicht
größer machen konnte, indem man ihn zu verlängern versuchte.
    »Wir kommen zu spät«, sagte er. Und er fingerte
den Mantel vom Rücksitz und gab ihn Carla. »Zieh dir wenigstens den über.«
    Er fuhr durch Steinach, schneller als erlaubt,
die hell erleuchtete Straße war leer – kein Wagen, kein Passant, nichts rührte
sich mehr. Nur weit hinter ihnen war weiterhin das Scheinwerferpaar zu sehen.
Natürlich hätte er nicht sagen können, ob es sich immer noch um dasselbe
Fahrzeug handelte. Und Carla bekam ohnehin von alldem nichts mit. Doch
irgendwie beunruhigte es ihn. Und so beschleunigte er am Ortsende von Steinach
stark und fuhr mit hoher Geschwindigkeit auf der langen Geraden nach Matrei.
    * * *
    Der fährt ja wie ein Verrückter, dachte
Tinhofer. Der Tacho seines Opels stieg auf hundert, hundertzehn,
hundertzwanzig.
    »Das ist doch Wahnsinn, bei diesem Sauwetter«,
maulte er vor sich hin. Sein Fahrzeug war bejahrt, der Motor röhrte laut bei
solch einer Geschwindigkeit, und der Scheibenwischer schmierte mehr, als dass
er reinigte.
    Wenigstens kommt kaum noch ein Fahrzeug entgegen,
dachte Tinhofer. Die Nässe, die schlechten Scheibenwischer – und wenn dann noch
der Gegenverkehr blendet …
    Die Kamera mit dem großen Tele hatte er neben
sich auf dem Beifahrersitz liegen. Eigentlich hätte er mit der Ausbeute des
Abends zufrieden sein können: Ein paarmal hatte er Spiss und das Mädchen zwar
nicht küssend, aber doch in traulicher Umarmung »erwischt«. Und doch war er
nicht sicher, ob die Bilder beim Entwickeln wirklich so viel zeigen würden, wie
er brauchte, um einen guten Schnitt zu machen.
    Er hoffte inständig, sie würden noch einmal wo
anhalten, aussteigen, sich küssen. Oder sie würden in eine Nebenstraße
hineinfahren und sich im Wagen befummeln. Er wagte gar nicht, darauf zu hoffen,
dass dies geschehen würde und er sich hinschleichen könnte und Fotos bekäme,
die einschlagen würden wie eine Bombe.
    Das brächte Kohle, dachte er. Richtig Kohle.
    Er sah die Titel in fetten Lettern vor seinem
geistigen Auge: »Sex-Affäre: Reifen-Multi Spiss verführt Minderjährige« oder
»Schülerin wird Millionär zum Verhängnis« oder auch »Lolita-Sex: Wie Reinhold S.
Frau und Familie betrog«.
    Tinhofer verscheuchte die Gedanken. Die
Geschwindigkeit war hoch, und er spürte, dass er sich ganz aufs Fahren
konzentrieren musste. Bei diesen Verhältnissen durfte man sich keinen Fehler
erlauben. Weiß Gott nicht.
    Vielleicht ist das, was ich hier mache, ja schon
ein Fehler, dachte er. War es richtig, sein Zielobjekt zu verfolgen? Musste es
Spiss nicht auffallen, dass er immer dasselbe Fahrzeug hinter sich hatte? Wäre
es nicht besser, ihn ziehen zu lassen und den Faden ein anderes Mal neu
aufzugreifen? Oder war es genau das Richtige, sich auf seine Fährte zu setzen
und ein »Alles oder nichts« zu versuchen?
    Lauter Fragen. Keine Antwort, die beruhigen
konnte. Er tat, was er tat, wie so oft in seinem Job, aus dem Bauch heraus. Er
verließ sich auf seinen Instinkt. Und dieser Instinkt sagte ihm, dass er heute
noch ein starkes Bild bekommen würde.
    * * *
    Bald hinter Matrei begannen die Kurven. Eng
geschnitten, zwischen Kilometer fünfzehn und Kilometer acht immer eine an die
nächste gereiht, schon bei Tag und im Sommer mit einiger Vorsicht zu genießen.
Früher, als der Verkehr hier noch

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