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Jagd in die Leere

Jagd in die Leere

Titel: Jagd in die Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.M. O'Donnell
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Donnerstag; dem letzten Donnerstag im Monat März, und sogar in den klimatisierten Korridoren war es erstickend heiß an diesem Tag, dem heißesten 27. März seit vielen Jahren. Della, die abwechselnd in der Rezeption saß oder unruhig auf und ab ging, konnte das Unheil förmlich riechen, das zusammen mit den staubigen Rückständen in der Luft hing, die die Klimaanlage – nach dem Winter nun wieder in Gebrauch – die Korridore entlangblies. Man machte keine Untersuchung, keine Tests und keine intravenösen Injektionen, um Archer aufzupäppeln, der immerhin schon dreiundfünfzig war und auch nicht mehr gerade das beste Herz hatte. Es war alles furchtbar ernst. Della wurde das Gefühl nicht los – das sie letzte Nacht so stark überkommen hatte –, daß in wenigen Augenblicken die Lautsprecher angeschaltet würden, und der Tod ihres Gatten beiläufig mit Worten bekanntgegeben würde, die von Hintergrundmusik untermalt wurden. Und man würde alle Fenster in den Korridoren verriegeln, damit sie sich nicht hinauslehnen und schreien konnte.
    Natürlich fanden sie es sofort, als sie die Schädeldecke öffneten, und es war sogar noch schlimmer, als Perkins gesagt hatte. Wäre Archer bei Bewußtsein gewesen – er konnte es jetzt nicht mehr sein, wie in die sem Augenblick aus diesem Roman hervorgeht – wür de er einen letzten Verzweiflungsschauer über die physische Existenz dessen, was er für einen Komplex, ein psychisches Leiden gehalten hatte, erlebt haben. Dort war es, langsam schwellend, direkt neben der öligen Grauen Masse: Der eine, der große, hatte sich derma ßen tief im Gehirn verwurzelt, daß ihnen bewußt wur de, daß sie, falls sie ihn entfernten, sie Archers Verstand und Erinnerungsvermögen vollständig mitentfernen würden. Alles, was man da noch machen konnte, war, mit dem Kopf zu nicken und den Schädel wieder zu schließen, genauso wie man über einem Topf, der bis zum Rand mit einer ekelhaften Flüssigkeit gefüllt ist, den Deckel schließt. Dann brachten sie ihn wieder zurück, in die Abteilung für Halbprivatpatienten, ließen die Jalousien herunter und warteten darauf, daß er aufwachte. Falls er überhaupt aufwachte.
    Zwei Monate oder etwas weniger, sagten sie zu Della , während sie in einer Traube um sie herumstanden; zwei hinter ihr, bereit sie aufzufangen, bevor sie auf den Boden schlug. Und um die Berufsethik nicht zu durchbrechen, sagen wir Ihnen lieber, daß die letzten Wochen schrecklich sein werden.
    Della nahm es schwer. Sie fiel nicht in Ohnmacht, weil ihr das in einundvierzig Jahren nicht passiert war und es nun auch keinen Grund gab, um damit anzufan gen; aber sie ertrug die Nachricht aufgrund dieser ei nen kleinen Leistung keineswegs leichter. Nicht nur, daß sie Archer gern hatte, sie hatte mit ihm die fünfzehn erfülltesten Jahre ihres Lebens verbracht, die im Anschluß an ein sehr schwieriges Vorspiel kamen (alles ist ein Vorspiel, hatte sie gedacht, bevor sie ihn heiratete, um dann zu lernen, daß es bei gewissen Dingen so etwas wie ein Ende gibt). Nicht nur, daß die Szene im Restaurant der Anfang wirklicher Angst gewesen war: Es war mehr als das. Es hatte mit der Tatsache zu tun, daß die unabänderliche Art seines Sterbens, die ihn, wie es schien, auf ein Häufchen Elend reduzierte, das vom Tode nicht erlöst wird – der Tod würde zu langsam sein –, unerträglich schien.
    Früher war er ein geduldiger Liebhaber gewesen, ein sorgsamer Ernährer, immer herzlich, auch in schlechten Zeiten, und er hatte ihr ein gutes Jahrzehnt gegeben, bevor sie beide das Interesse aneinander verloren. Na ja, als er früh herausgefunden hatte, daß sie frigide war, brachte er auch nicht mehr Gefühl auf, als unbedingt nötig war, und wurde langsam zu einem Mann, den sie vielleicht nicht geheiratet hätte, aber dies – dieser Krebs – war weder sein Fehler noch ihrer beider Fehler, noch irgend jemands Fehler; er war von niemandem verursacht worden. Genau wie Archer fühlte auch Della eine dumpfe Wut aufsteigen, die, wenn man sie erst einmal hatte, kein anderes Gefühl mehr zuließ; es gab keinerlei Konsequenzen. So hörte sie den Ärzten zu, mit einem ruhigen, bestimmten Starrsinn, der nur durch ihr Kopfschütteln zum Ausdruck kam und die Ärzte perplex machte, als sie herausfanden, daß es nicht nur eine auferzwungene Haltung von ihr war, daß sie nicht zu weinen anfing.
    Sie hatte nicht die Absicht zu weinen. Was sie such te, war eine andere Ansicht.

 
Drei
     
    DRINNEN:
    Der

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