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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
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Erdhörnchen war? Dafür war es zu groß. Ein Murmeltier? Dafür war es zu schnell und geschmeidig. So was hatte sie noch nie gesehen, obwohl sie jedes Fleckchen im Hof kannte. Und die Tiere, die sich
dort herumtrieben. Sheridan wusste sogar, wo die winzigen Feldmäuse lebten, und hatte sich die rosafarbenen nackten Jungen genau angesehen, die gekrümmt und zappelnd mit noch geschlossenen Augen im Nest gelegen hatten. Aber dieses Tier war lang und dünn, und es war schnell wie der Blitz.
    Sie schnappte nach Luft und zuckte zusammen, als ihre Mutter hinter ihr ärgerlich »Sheridan« sagte. Eilig fuhr sie herum, doch Marybeth sah gar nicht auf den Holzstapel, sondern streng auf sie runter. Sheridan hielt eisern den Mund, als ihre Mutter sie vom Fenster wegzog und mit ihr zum Auto ging.
    Marybeth setzte rückwärts aus der Einfahrt und fuhr Richtung Saddlestring. Lucy trällerte eines ihrer unsinnigen Lieder. Und Sheridan beobachtete über die Schulter und durch die Heckscheibe, wie das Haus immer kleiner wurde. Von der ersten Hügelkuppe aus war es nur noch so groß wie eine Streichholzschachtel.
    Hinter dem Streichholzhaus gibt es einen Holzstapel, dachte Sheridan. Und da ist das Geschenk drin, das ich mir herbeigewünscht habe.

Zweiter Teil
    Gefährdete und bedrohte Arten:
     
    Der Minister legt durch Rechtsverordnung fest, welche Arten als gefährdet oder bedroht gelten.
     
    Dabei sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:
    a. die erfolgte oder drohende Zerstörung, Veränderung oder Verkleinerung ihres Biotops;
    b. die übermäßige Beanspruchung zu kommerziellen, wissenschaftlichen, sportlichen oder pädagogischen Zwecken oder zu Zwecken der Erholung;
    c. Krankheit oder Verfolgung;
    d. die Unzulänglichkeit bisheriger Schutzbestimmungen; oder
    e. weitere natürliche oder zivilisatorische Faktoren, die das Fortbestehen der Art gefährden.
     
    Aus: ZUSÄTZE (1982) ZUM GESETZ ÜBER GEFÄHRDETE ARTEN.

5
    In Wyoming gab es fünfundfünfzig Jagdaufseher - eine handverlesene Gruppe -, und Joe Pickett und Wacey gehörten dazu. Wacey hatte Wildbestandspflege studiert und das Geld für seine Ausbildung in den Semesterferien mit Stierreiten auf Sommerrodeos verdient. Joe hatte drei Jahre nach Wacey seinen Abschluss in Jagd- und Forstwissenschaft gemacht. Nach weiteren schriftlichen und mündlichen Prüfungen sowie einem psychologischen Eignungstest hatten die beiden dann die Polizeischule von Wyoming in Douglas absolviert, um danach in den Revieren Jeffrey City beziehungsweise Gillette die Ausbildung zum Jagdaufseher anzutreten. In diesem Beruf verdienten sie jetzt knapp sechsundzwanzigtausend Dollar im Jahr.
    Auf dem Weg zum Eagle Mountain Club dachte Joe darüber nach, wie heftig dieser Morgen in den üblichen Gang der Dinge eingebrochen war. Ote Keeley war aus den Bergen direkt in den Sonntagstrott von Familie Pickett geritten. Dieser Trott hatte sie auf den vielen Umzügen durch ganz Wyoming begleitet - nach Baggs im Süden; nach Saddlestring, wo Joe seine Ausbildung bei dem sehr renommierten Vern Dunnegan abgeschlossen hatte; dann nach Buffalo, einer Kleinstadt östlich der Bighorn Mountains, wo Joe seine erste richtige Stelle als Jagdaufseher bekommen hatte. Sechs Dienstwohnungen
in fünf Countys, und das in neun Jahren. Alle Wohnungen - und vor allem die jetzige - waren klein und runtergekommen. In der Zentrale passte man gut auf, dass die Steuerzahler nicht den Eindruck bekamen, die Gebühren für ihre Jagdlizenzen würden für komfortable Beamtenwohnungen ausgegeben. Das Haus der Picketts stand mit Scheune, Koppel und separater Garage am Ausgang eines kleinen Canyons. Sie waren wieder ins Twelve Sleep County gezogen, nachdem Vern plötzlich aus dem Staatsdienst ausgeschieden war und Joe endlich diesen heiß ersehnten Posten bekommen hatte - hier gefiel es ihm und Marybeth nämlich am besten.
    Das hätte beinahe nicht geklappt. Vern hatte ihn empfohlen und seinen Einfluss in der Zentrale spielen lassen, damit Joe ein Bewerbungsgespräch beim Amtsleiter bekam. Aber Joe hatte den Termin falsch im Kalender eingetragen und das Treffen glatt versäumt. Er habe da einen seiner größeren Böcke geschossen, meinten Joe und Marybeth später darüber. Wenn Joe etwas versiebte, dann meist gründlich und in aller Öffentlichkeit. Der Amtsleiter war fuchsteufelswild gewesen, und Joe hatte es nur Verns Fürsprache zu danken gehabt, dass er einen zweiten Termin bekam und sich den Job sichern konnte.
    Marybeth und Joe

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