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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
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Prolog
    Wenn eine Gewehrkugel mit großer Wucht ein Lebewesen trifft, erzeugt das ein bestimmtes Geräusch - ein Pow-WHOP, das selbst über weite Entfernungen schwer zu verwechseln ist. Nur selten hört man dabei ein klares Echo oder einen verschwommen abklingenden Widerhall. Und ein länger anhaltendes, grollendes Summen ist typisch für einen Fehlschuss. Bei einem Treffer rollt erst ein satter Knall übers Gelände, wird dann aber plötzlich unterbrochen, als pralle er zurück. Der Einschlag klingt durch die Luft wie ein deutliches, kräftiges Ächzen. Wer das einmal gehört und erkannt hat, wird es kaum wieder vergessen.
    Als Joe Pickett, Jagdaufseher in Wyoming, dieses Geräusch vernahm, errichtete er gerade einen gut zwei Meter hohen Wapitizaun um das Heulager eines Ranchers. Er hielt mit der Kombizange in der Drehbewegung inne, trat ein paar Schritte zurück, senkte den Kopf und lauschte. Er schob die Zange in seine Jeans, nahm seinen Cowboyhut aus Stroh ab und wischte sich mit einem Tuch über die Stirn. Sein rotes Uniformhemd klebte an der Brust, und er spürte, wie ihm ein Schweißtropfen langsam das Rückgrat herunterlief.
    Er wartete. Mit den Jahren hatte er gelernt, dass man draußen auf dem Land leicht von allen möglichen Geräuschen genarrt werden konnte. Ein plötzlicher Knall in der Entfernung konnte ein Gewehrschuss sein, ja, aber
auch ein umstürzender Baum, ein brechender Ast, eine Kuh, die im Winter durchs Eis kracht, oder die Fehlzündung eines Motors. Erst der zweite Schuss lässt dich den ersten zweifelsfrei erkennen - das war eine Grundregel in der freien Natur. Auch erfahrene Wilderer wussten das. Darum waren sie gewöhnlich sehr gute Schützen.
    In gewisser Hinsicht hoffte Joe, keinen zweiten Schuss zu hören. Der Zaun war noch nicht fertig, und wenn jemand schoss, war es Joes Pflicht, dem nachzugehen. Er war erst seit einer Woche im Amt und mit der Arbeit, die sich seit dem Ausscheiden des legendären Jagdaufsehers Vern Dunnegan vor drei Monaten aufgehäuft hatte, hoffnungslos im Rückstand. Der Staat war dafür verantwortlich, Wapitirudel von den Heulagern der Bauern fernzuhalten, und die Arbeitsaufträge für diese Zäune stapelten sich zwei Zentimeter hoch auf seinem Schreibtisch. Selbst wenn er vom Morgengrauen bis tief in den Abend Zäune errichtete, würde er damit zu Beginn der Jagdsaison noch immer nicht fertig sein.
    Hier im Twelve Sleep County, Wyoming, war es eigentlich nicht ungewöhnlich, zu jeder Tages- und Nachtzeit und das ganze Jahr über Schüsse zu hören. Jeder besaß Waffen. Ein Rancher mochte auf einen Kojoten geschossen haben. Oder ein paar junge Kerle aus der Stadt hatten ihre Gewehre auf eine Zielscheibe gerichtet.
    Pow-WHOP.
    Joe sah nach Nordwesten, von wo der zweite Schuss gekommen war. Dort zogen sich auf den Ausläufern der Berge Wälder wie ausgestreckte Finger in die Ebene hinunter, wo der hoch aufgeschossene Salbei in der Hitze blau schimmerte. Der Schuss war aus großer Entfernung gekommen, aus fünf bis acht Kilometern.

    Auch Maxine, die achtjährige Labradorhündin, hatte den Knall gehört und kam aus dem Schatten unter Joes grünem Pick-up hervor. Sie spürte, dass es Arbeit gab. Joe öffnete die Beifahrertür, die das Emblem der Jagd- und Fischereibehörde von Wyoming trug, und Maxine sprang in den Wagen. Dann zog Joe sein Gewehr mit Zielfernrohr aus dem Waffenkoffer hinterm Sitz, tat es ins Gestell an der Heckscheibe, nahm seinen Pistolengurt vom Boden des Autos und schnallte ihn um. Zwar schrieb die Dienstordnung vor, stets eine Handfeuerwaffe zu tragen, doch Joe hasste es, mit angelegtem Holster Auto zu fahren - die schwere Pistole drückte dabei unangenehm.
    Als er in den Wagen stieg, hörte er kurz hintereinander zwei weitere Schüsse. Der erste summte grollend durchs Unterholz, der zweite war sicher ein weiterer Treffer. Da hat’s mindestens zwei Tiere erwischt, dachte Joe.
    Er schaltete auf Allradantrieb und fuhr so schnell nach Westen auf die Berge zu, wie es das Gelände nur erlaubte. Es gab hier keine befestigten Straßen. Deshalb folgte er mit den linken Reifen einem Kuhpfad und brach mit den rechten durch kniehohes, dann oberschenkelhohes Salbeigestrüpp. Die großen Vorderpfoten auf dem Armaturenbrett, lehnte Maxine gegen die Windschutzscheibe und behauptete bei den heftigen Unebenheiten des Geländes ihr Gleichgewicht. Ihre Zunge schwang nach links und rechts und spritzte Speichel auf die Konsole.
    »Mach dich auf was gefasst«, sagte

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