Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Mendes.« Jetzt sah Barnum Joe endlich an. »Kennen Sie die?«
    Joe nickte. »Sie sind mir ein paar Mal zufällig begegnet. Ihre Namen und der von Ote Keeley sind im Zusammenhang mit einem Wildererring aufgetaucht. Aber soweit ich weiß, hat sie nie jemand auf frischer Tat ertappt.« Joe hatte mit den beiden mal in der Stockman Bar ein Bier getrunken. Sie waren Mitte dreißig und gehörten zu der Sorte Männer, die irgendwann die Rückkehr in die Zeit der Trapper und Waldläufer angetreten hat. Lensegrav war groß, dünn und trug eine dicke Brille auf der Hakennase. Er hatte einen zotteligen, blonden Bart. Mendes war klein und untersetzt, hatte dunkle Augen und ein gewinnendes, plötzlich aufblitzendes Lächeln. Joe hatte gehört, Mendes und Ote Keeley seien zusammen beim Militär gewesen und Anfang der 90er bis Kuwait gekommen.
    »Tja, Lensegrav oder Mendes hat niemand gesehen«, sagte Barnum. »Ich schätze, die sind gerade schwer damit beschäftigt, aus Wyoming rauszukommen, weil sie ihrem guten alten Kumpel Keeley gleich mehrmals in die Brust geschossen haben - warum auch immer.«
    »Oder sie sind noch oben in den Bergen.«
    »Tja.« Barnum sah vor sich hin und zog dabei die Lippen kraus. »Oder das. Jedenfalls wird auf allen Fernstraßen Wyomings nach ihnen gesucht. Fragt sich bloß,
womit sie unterwegs sind. Keeleys Pick-up und sein Pferdeanhänger stehen oben am Crazy Woman Creek. Von da sind die drei los. Wir versuchen gerade rauszufinden, ob auch Mendes oder Lensegrav mit dem Wagen hochgefahren sind.«
    Joe nickte Barnum zu. »Hmmmm.« Und dann herrschte zwischen ihnen eine geschlagene Minute lang unangenehmes Schweigen.
    Sheriff Barnum war im Twelve Sleep County eine Institution und seit vierundzwanzig Jahren im Amt. Bei der Wahl hatte er nur selten einen Gegenkandidaten, und wenn er mal einen hatte, fuhr er trotzdem gut siebzig Prozent der Stimmen ein. Er hielt die Zügel gern fest in der Hand und mischte überall mit - in Bürgervereinen ebenso wie bei der Eröffnung von Football- und Basketballspielen der Schulmannschaft der Highschool von Saddlestring. Er kannte jeden im County, und jeder kannte und respektierte ihn. Barnum entging kaum etwas. Mit den Jahren war er zu einer schillernden Persönlichkeit geworden, um die sich viele Geschichten rankten. Und manches Ereignis war längst Legende. Er hatte dem Vorarbeiter einer Ranch, der eben mit einer Schaufel Mutter, Bruder und einen mexikanischen Knecht zu Tode geprügelt hatte, eine Kugel stracks durch die Augenbraue gejagt. Er hatte mit seiner Sofortbildkamera Kühe fotografiert, die anscheinend von Außerirdischen, die in einem zigarrenförmigen Flugobjekt angedockt hatten, verstümmelt worden waren. Er hatte einen baskischen Schäfer in dessen Lkw verhaftet und dabei ein grellrosa gefärbtes Mutterschaf namens Maria beschlagnahmt. Und einmal hatte er mehr als zwanzig Hell’s Angels, die sich auf dem Weg zum größten Motorradfahrertreffen
der Welt in Sturgis (South Dakota) befanden, zum Umdrehen gebracht, indem er sich breitbeinig auf die Mittellinie der Landstraße gestellt und eine fette Kettensäge angeworfen hatte.
    »Ihr Büro hätte mich heute Morgen verständigen sollen«, sagte Joe plötzlich. »Schließlich bin ich hier am nächsten dran.«
    Barnum nippte an seinem Kaffee und warf Joe einen kurzen Blick zu, als nehme er ihn gerade zum ersten Mal wirklich wahr.
    »Stimmt.« Und dann: »Ote Keeley war doch der, der Ihnen die Pistole abgenommen hat, als Sie ihm eine Anzeige verpasst haben?«
    »Ja«, sagte Joe und spürte, wie seine Ohren knallrot wurden.
    »Merkwürdig, dass er hierhergekommen ist.«
    Joe nickte.
    »Vielleicht wollte er Ihnen die Pistole nochmal wegnehmen.« Barnum lächelte schief. War nur Spaß, sollte das heißen. Er war wirklich ein Aas, keine Frage. Joe kannte den Sheriff kaum, aber der hatte schon einen seiner Schwachpunkte getroffen. Joe zögerte einen Augenblick, bevor er Barnum fragte, ob er vorhabe, das Jagdlager ausfindig zu machen.
    »Klar würd ich das, aber im Moment seh ich alt aus.« Barnum knallte die Faust aufs Armaturenbrett. »Das Lager liegt weitab von jeder Straße. Da kommen wir nicht hin. Unser Hubschrauber ist an die Bundesforstverwaltung ausgeliehen, um das Feuer im Medicine Bow Forest zu bekämpfen. Den kriegen wir auf keinen Fall vor morgen Abend zurück. Und die Jungs, die ich normalerweise als Reiter aufbieten kann, sind alle schon in
den Bergen und bereiten sich auf die Jagd vor.« Barnum sah Joe

Weitere Kostenlose Bücher