Jagt das rote Geister-Auto!
gefunden.
Bewußtlos. Offensichtlich angefahren, wie die Verletzungen verraten. Gesehen
hat’s niemand.“
„Das wäre der 21. Fall“, sagte Tim.
„Hängt davon ab“, überlegte Klößchen, „wer
eher dran war: Karl oder Ilona? Vielleicht ist Karl der 21., und sie...“
Er verstummte, weil er die Blicke
seiner Freunde nicht länger aushielt.
„Also gut“, wiegelte er ab, „drauf
kommt es nicht an. 21 hinterhältige Anschläge sind’s insgesamt, und das reicht.
Wie?“
Tim verlagerte das Körpergewicht aufs
andere Bein, stand aber trotzdem sehr aufrecht und locker — wie es die
fernöstlichen Kampfsport-Arten vorschreiben, wenn man einen Angriff erwartet:
Füße schulterbreit, Knie leicht gebeugt, tiefer Schwerpunkt. Wer so steht und
dabei den Rücken strafft, kann’s stundenlang aushalten, ohne zu ermüden.
„Wir müssen“, sagte er, „davon
ausgehen, daß der Geisterfahrer affenschlau ist — mit seiner Gehirnsülze. Er
benimmt sich zwar wie ein Wahnsinniger, ist es aber nicht. Möglicherweise war
das gesuchte Geisterauto ursprünglich weiß oder schwarz und wurde erst später
rot lackiert — vielleicht sogar nach der Mach’s-selber-Methode eigenhändig zu
Hause. Das erschwert die Nachforschungen. Außerdem ist das Kfz-Kennzeichen
garantiert nicht echt, sondern gefälscht — oder der motorisierte Menschenjäger
benutzt ein geklautes. Das bedeutet, wir können uns die 99 in die Socken
stecken.“
„An den Hut“, meinte Klößchen.
„Wer von uns trägt einen Hut?“
„Auch wieder wahr.“
„Wo fangen wir an?“ fragte Karl.
„Ich werde mich dem Geisterfahrer als
Köder anbieten“, sagte Tim. „Vielleicht habe ich Glück, und er nimmt mich aufs
Korn. Daß er nur nachts unterwegs ist, wissen wir. Und zwar immer vor null Uhr.
Außerdem bevorzugt er die einsamen Stadtrand-Straßen. Da müßte doch was zu
machen sein.“
Gaby schüttelte den Kopf. „Wie stellst
du dir das vor?“
„Ich trainiere mal wieder Radrennen.
Nach Einbruch der Dunkelheit presche ich durch die Außenbezirke. Je entlegener,
um so besser. Wann immer mir ein roter Wagen begegnet, flagge ich Vorsicht.“
Gabys Kornblumenaugen verschleierten
sich. Das war die Besorgnis. „Vielleicht verpaßt du das Ausweichen nicht. Er
erwischt dich, und du humpelst dann nur noch durch dein ferneres Leben.“
Tim schüttelte den Kopf. „Wenn mir
roter Lack zu nahe kommt, mache ich die Judorolle — in andere Richtung.“
„Und dann?“ fragte Karl. „Fängst du den
Wagen mit dem Lasso ein?“
„Ich ziehe mir den Anblick des
Geisterautos in die Pupille. Mit allen Einzelheiten. Einschließlich des
Fahrers. Falls überhaupt einer drin sitzt“, er lachte, „und das Geisterauto
nicht selbsttätig rumrast wie weiland der Fliegende Holländer (Gespensterschiff
ohne Besatzung) auf den Weltmeeren.“
„Das wäre eine höllische Ausgeburt der
modernen Technik“, nickte Karl: „ein Auto, das nicht nur die Luft verpestet,
sondern auf eigene Faust Menschen jagt.“
„Huch“, Klößchen tat, als fröstele er.
Gaby, die immer nur wenig ißt, bot ihm
die zweite Hälfte ihrer Butter-Semmel an. Dankbar griff er zu.
„Und vergeßt bitte nicht“, erinnerte
das TKKG-Mädchen die Jungs, „heute nachmittag sind wir bei Marga Heinze
eingeladen. Wir haben versprochen zu kommen.“
„Wegen der Kantine“, nickte Klößchen.
„Nicht deswegen. Sie will uns den
Betrieb zeigen, die Fertighausfirma Bruchseidl und Co.“
„Was sein muß, muß sein“, seufzte Tim. „Also
um 14 Uhr an der Ecke.“
7. Ein Idol stürzt vom Sockel
Die volle Stunde war vorbei: 11 Uhr.
Marga Heinze nahm ihren Make up-Spiegel
aus der Handtasche und überprüfte rasch, ob sie noch hübsch war.
Etwa achtmal am Tag tat sie das. Und
wenn nötig, wurden die Lippen frisch angemalt und die Wimpern neu getuscht.
Bei aller Tüchtigkeit, die man Marga
als Sekretärin nachsagte — das liebliche Erscheinungsbild war ihr wichtig.
Wegen Dr. Heinz Frey, ihrem Chef.
Sie saß in seinem Vorzimmer.
Sie war immer für ihn da, behielt jeden
Termin im Kopf, machte Überstunden, wimmelte lästige Kunden ab, hätte das
Chef-Büro gegen eine Armee verteidigt und errötete vor Glück, wenn Frey den
Kaffee lobte, den sie ihm kochte.
Dr. Heinz Frey war ihr Idol, der Mann
ihrer Träume. Für ihn ging sie durchs Feuer.
Jetzt schien die Vormittagssonne zum
Fenster herein, und Marga blinzelte auf ihren Steno-Block.
Die Firma Bruchseidl und Co. hatte
ihren Sitz in der
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