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Jahrestage 1: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl

Jahrestage 1: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl

Titel: Jahrestage 1: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Johnson
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Rander Chaussee.
    – Haben wir hier auch: schrieb Cresspahl. - Faschisten nennen die sich hier. In Chelsea ist ihr Hauptquartier, mit Wachen vor der Tür und Truppentransportwagen auf dem Hof. Freikorps spielen die. Aber totschlagen dürfen sie, glaube ich, noch nicht. Kennst du eine Elisabeth Lieplow aus Kröpelin? Schreib mal, dann schreiben wir uns.
     
    Die New York Times hat sich für uns im East Village von Manhattan umgehört. Was sagen die Bewohner des Viertels über die Hippies?
     
    – Die Sache mit der Liebe ist tot. Die Sache mit den Blumen ist tot. (Ein hochgewachsener junger Mann, mit Stahlbrille.)
    – Die Hippies gehen uns wirklich auf die Nerven, weil wir wissen, die können hier runter kommen, eine Zeit lang ihre Spiele spielen und dann abhauen. Und wir können das nicht, Mann. (Ein junger Neger.)
    – Die sagen, zieh dich zurück aus der Gesellschaft. Darum geht es eben nicht für unsere Jungen. Die wollen rein! (Ein junger Neger, früher Bandenchef, jetzt Jugendfürsorger.)
    – Groovy Hutchinson wäre in vier Jahren so wie so tot gewesen. Er hatte es mit
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und Sie wissen ja, wie es heißt: »Geschwindigkeit ist tödlich«. Aber ihm machte das nichts. Er war großartig. (Ein Mädchen, genannt Gespenst.)

12. Oktober, 1967 Donnerstag, Kolumbustag
    Wegen des Feiertages ist die Schalterhalle der Bank für das Publikum geschlossen. Jedoch in allen Stockwerken darüber wird gearbeitet. Das Restaurant im Keller war mittags so dicht besetzt, daß eine Reihe Wartender den Sitzenden in den Nacken sah und die Serviererinnen die abgegessenen Platten so raffgierig wegrissen, daß an Zeitunglesen nicht zu denken war. Und wir haben uns auch nicht unsere abonnierte Bedienung aussuchen können, die Flotte, die Zerstreute, die Fürsorgliche, die so genußvoll jammern kann und wie zu Leidensgenossen sagt: Ach, Gesine …
    Die New York Times hat sich aus La Paz schreiben lassen, daß der Agitator Guevara wahrscheinlich noch 24 Stunden nach seiner Gefangennahme gelebt hat und erst dann umgebracht wurde. Sieben Schußwunden, zwei tödliche in beiden Lungen, eine gerade durchs Herz.
    Die Sowjetunion hat den Arabern die Verluste an Kriegsgerät im Junikrieg zu 80 Prozent ersetzt. Nach Angaben der Israelis, die die Westmächte um Lizenzen für Waffenkäufe ersuchen.
    Und auch die Post stellt normal zu. Die Phonopost aus Griechenland ist schon ausgepackt, eingespannt in die Tonbandmaschine, die Marie fertig hat stehen lassen. Sie wartet am anderen Ende des Tisches auf das Abspielen, auf eine fürsorgliche Art vergnügt. Sie hat es schon zweimal abgehört.
    An die Telefonnummer SIX AUKS in New York. An das rechtmäßige Personal der Wohnung 204. Liebe Mitarbeiter und Schulfreunde, Patrioten und Landesverräter, ihr Sechs Tordalken, Lummen, ihr isländischen Riesenalken, Papagei- und Krabbentaucher. Gruß zuvor.
    Du hast du bist ein Stück du hast die Bandkassette markiert kann ich sie nicht austauschen muß ich mit jedem Wort von mir eines von dir auslöschen warum. Warum Gesine gibst du deine Stimme nur leihweise her nicht geschenkt warum vertraust du auf mein Versprechen hätte ich mir doch überspielen lassen können oh doch. Nein.
    Dear Mary. Nicht contrary sondern wie ihr gesagt habt ist es gemacht worden. Als ich ankam waren alle schon da und in Kopenhagen ging ich in euer Hotel und wohnte in der Höhe wo die Zimmer unablässig über den krummen roten Dächern fliegen es roch nach Amerika auf den Gängen nicht Hilton sondern Sheraton Boston. Die Dänen waren alle sauer ein Westdeutscher ein Wehrtechniker hat Jütland für den idealen unversenkbaren Flugzeugträger der Bundesrepublik erklärt sollen die sich doch selber versenken so weit die Staatsgeheimnisse. Mit meinem Dänisch ich weiß nicht es ist etwas faul.
    Wettrennen mit einer Bodenstewardess auf Kastrup ausgeführt auf den Tretrollern die sie da haben doch Marie Tretroller. Standen zwei ostdeutsche Maschinen im Regen kleine verheulte Hunde ach was. Im Gegenteil der Kommunismus ist gut für dich laß ihn dir vorlegen verlange danach.
    Deutschland nicht. Wüßte schon wie die notfalls versenkt werden ganz ideal lauter Schweizer in der Maschine große Familie auf dem Heimweg mit meinem Französisch ich weiß nicht es ist etwas angegangen. In dem westdeutschen Nachrichtenmagazin haben sie doch ohne den Blick niederzuschlagen unsere dowe alte Tante Hallelujah abgedruckt was die so Memoiren nennt nein wahr Abhörskandale ist Westberlin noch zu retten das

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