Jahrmarkt der Eitelkeit
freut mich, Sie zu sehen. Haben Sie und Emmy mit Joseph bereits Streit gehabt, daß er durchaus fortwill?«
»Ich versprach meinem Kameraden Bonamy, mit ihm zu speisen«, erklärte Joseph.
»Ei, ei! Sagtest du nicht deiner Mutter, du wolltest zu Hause speisen?«
»Aber so wie ich angezogen bin, ist es unmöglich.«
»Sehen Sie ihn doch an, Miss Sharp; ist er nicht schön genug, um überall zu speisen?«
Hierauf blickte Miss Sharp natürlich ihre Freundin an, und beide brachen in ein Gelächter aus, das dem alten Herrn sehr angenehm war.
»Haben Sie je bei Miss Pinkerton solch ein Paar wildlederne Hosen gesehen?« fuhr er fort, seinen Vorteil ausnutzend.
»Um Himmels willen! Vater!« rief Joseph.
»Da haben wir's! Nun habe ich seine Gefühle verletzt. Mrs. Sedley, meine Liebe, ich habe die Gefühle deines Sohnes verletzt. Ich habe auf seine ledernen Hosen angespielt. Frag doch Miss Sharp, ob es stimmt! Komm, Joseph, versöhn dich mit Miss Sharp, und laßt uns essen gehen.«
»Es gibt einen Pilau 2 , Joseph, ganz so, wie du ihn liebst, und Papa hat den besten Steinbutt von Billingsgate 3 mitgebracht.«
»Komm, komm, mein Junge, geh mit Miss Sharp hinunter, und ich werde mit diesen zwei jungen Damen folgen«, sagte der Vater, reichte Frau und Tochter den Arm und ging munter davon.
Wenn Miss Rebekka Sharp im Innern beschlossen hatte, diesen dicken Beau zu erobern, so glaube ich nicht, meine Damen, daß wir ein Recht haben, sie zu tadeln; denn obgleich die jungen Mädchen das Geschäft der Jagd nach dem Ehemann im allgemeinen mit geziemender Sittsamkeit ihren Mamas überlassen, so müssen wir uns doch erinnern, daß Miss Sharp keine liebevolle Mutter besaß, die diese heikle Angelegenheit für sie in Ordnung bringen könnte, und daß, wenn sie sich nicht selbst einen Mann verschaffte, niemand in der weiten Welt ihr diese Mühe abnehmen würde. Weshalb lassen sich junge Mädchen sonst in der Gesellschaft einführen, wenn nicht aus dem edlen Streben, einen Mann zu finden? Was führt sie zu Hunderten in die Bäder? Was bewegt sie, eine entsetzlich lange Saison hindurch bis fünf Uhr morgens zu tanzen? Was treibt sie, sich mit Klaviersonaten abzumühen, bei dem gerade modernen Gesangmeister für eine Guinee pro Stunde vier Lieder zu lernen, Harfe zu spielen, falls sie wohlgeformte Arme und hübsche Ellbogen haben, grüne Jägerhütchen mit Federn zu tragen, wenn nicht der Wunsch, mit diesen tödlichen Waffen einen »begehrenswerten« jungen Mann zur Strecke zu bringen? Was veranlaßt respektable Eltern, ihre Teppiche zusammenzurollen, im Hause das Unterste zuoberst zu kehren und ein Fünftel ihres Jahreseinkommens für Bälle und eisgekühlten Champagner auszugeben? Ist es bloß die Liebe zu ihresgleichen oder der echte Wunsch, junge Leute beim Tanzen glücklich zu sehen? Pah! Sie wollen ihre Töchter verheiraten; und wie die ehrliche Mrs. Sedley in der Tiefe ihres wohlwollenden Herzens bereits ein Dutzend kleiner Pläne zur Verheiratung ihrer Amelia ausgedacht hatte, so hatte auch unsere geliebte, aber schutzlose Rebekka beschlossen, ihr möglichstes zu tun, sich einen Mann zu sichern, den sie sogar noch notwendiger brauchte als ihre Freundin. Sie besaß eine lebhafte Phantasie; außerdem hatte sie »Tausendundeine Nacht« sowie »Guthrie's Geographie« gelesen, und tatsächlich hatte sie sich beim Ankleiden zum Essen, nachdem sie Amelia gefragt hatte, ob ihr Bruder sehr reich sei, ein prachtvolles Luftschloß gebaut, dessen Herrin sie war, mit einem Ehemann irgendwo im Hintergrund (sie hatte ihn noch nicht gesehen, und seine Gestalt war daher noch etwas verschwommen); sie war geputzt mit einer unendlichen Menge von Schals, Turbanen und Diamanthalsbändern, unter den Klängen des Marsches aus »Blaubart« 4 auf einen Elefanten gestiegen, um dem Großmogul einen Höflichkeitsbesuch abzustatten. Bezaubernde Märchenträume! Es ist das glückliche Vorrecht der Jugend, euch zu ersinnen, und manches phantasiereiche junge Geschöpf hat schon wie Rebekka Sharp solchen Tagträumen nachgehangen.
Joseph Sedley war zwölf Jahre älter als seine Schwester Amelia. Er stand im Zivildienst der Ostindischen Kompanie 5 , und sein Name war zu der Zeit, von der wir schreiben, in der bengalischen Abteilung des »Ostindischen Registers« als Steuereinnehmer von Boggley Wollah aufgeführt – ein ehrenvoller und einträglicher Posten, wie man allgemein weiß. Will der Leser erfahren, zu welchen höheren Stellungen Joseph im Dienste
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