Jahrmarkt der Eitelkeit
darauf stürzte er, wie wir gesehen haben, geradewegs zur Klingel und wollte fort, bis die Scherze seines Vaters und die Bitten seiner Mutter ihn einhalten ließen und zum Bleiben bewogen.
Zweifelnd und erregt führte er die junge Dame zum Essen. Hält sie mich wirklich für schön, dachte er, oder nimmt sie mich nur auf den Arm? Wir haben davon gesprochen, Joseph Sedley sei eitel wie ein Mädchen. Der Himmel beschütze uns! Die Mädchen brauchen nur den Spieß umzudrehen und von ihresgleichen zu behaupten: »Sie ist so eitel wie ein Mann«, und sie haben vollkommen recht. Das bärtige Geschlecht ist ebenso erpicht auf Lob, ebenso wählerisch in bezug auf die Kleidung, ebenso stolz auf persönliche Vorzüge, sich ebenso seiner Unwiderstehlichkeit bewußt wie je eine Kokette auf der Welt.
So gingen sie also die Treppe hinab, Joseph über und über rot, Rebekka sehr sittsam, die grünen Augen zu Boden geschlagen. Sie war weiß gekleidet, die bloßen Schultern weiß wie Schnee – ein Bild von Jugend, schutzloser Unschuld und bescheidener, jungfräulicher Naivität.
Ich muß sehr sanft sein, dachte Rebekka, und recht viel Interesse für Indien an den Tag legen.
Nun haben wir gehört, daß Mrs. Sedley einen schönen Curry 9 zubereitet hatte, gerade wie ihr Sohn ihn mochte, und im Laufe des Essens wurde Rebekka eine Portion davon angeboten. »Was ist das?« wollte sie wissen und richtete einen fragenden Blick auf Mr. Joseph.
»Köstlich«, erwiderte er, mit vollem Munde kauend. Sein Gesicht war rot von der heiligen Handlung des Hinunterschlingens. »Mutter, er ist so gut wie meine eigenen Currys in Indien.«
»Ach, wenn es ein indisches Gericht ist«, sagte Miss Rebekka, »muß ich es versuchen. Ich bin sicher, alles, was von dort kommt, muß gut sein.«
»Gib doch Miss Sharp etwas Curry, meine Liebe«, sagte Mr. Sedley lachend.
Rebekka hatte das Gericht noch nie zuvor gekostet.
»Finden Sie ihn auch so gut wie alles andere, was aus Indien kommt?« fragte Mr. Sedley.
»Oh, vortrefflich!« antwortete Rebekka, der der Cayennepfeffer Höllenqualen bereitete.
»Essen Sie ein Chili 10 dazu, Miss Sharp«, sagte Joseph, voll ehrlicher Anteilnahme.
»Ein Chili«, keuchte Rebekka, nach Luft schnappend. »Ja, ja!« Sie glaubte, ein Chili sei, dem Namen nach zu urteilen, etwas Kühlendes, und ließ sich daher eins geben.
»Wie frisch und grün sie aussehen«, meinte sie und steckte eins in den Mund. Es brannte aber noch mehr als der Curry; Fleisch und Blut konnten es nicht länger ertragen. Sie legte die Gabel weg. »Wasser, um Himmels willen, Wasser!« rief sie. Mr. Sedley brach in ein lautes Gelächter aus (er war ein ungehobelter Mann und an der Börse tätig, wo man handgreifliche Scherze liebte). »Sie sind echt indisch, das kann ich Ihnen versichern«, sagte er. »Sambo, gib Miss Sharp Wasser.«
Das väterliche Lachen rief bei Joseph ein Echo hervor, der den Spaß äußerst gelungen fand. Die Damen lächelten nur wenig. Sie dachten, die arme Rebekka habe zuviel auszustehen. Diese hätte zwar den alten Sedley gern erwürgt, aber sie schluckte ihren Ärger hinunter, wie vorher den abscheulichen Curry, und sagte, sobald sie sprechen konnte, aufgeräumt, mit drolliger Miene:
»Ich hätte an den Pfeffer denken sollen, den die persische Prinzessin aus ›Tausendundeiner Nacht‹ in die Sahnetörtchen streut. Streut man in Indien Cayennepfeffer in die Sahnetörtchen, mein Herr?«
Der alte Sedley begann zu lachen und dachte, Rebekka sei doch ein munteres Ding. Joseph aber sagte bloß: »Sahnetörtchen, Miss? Unsere Sahne in Bengalen ist herzlich schlecht. Gewöhnlich brauchen wir Ziegenmilch; und, weiß Gott, der gebe ich jetzt den Vorzug.«
»Nun werden Sie wohl nicht mehr alles, was aus Indien kommt, lieben, Miss Sharp?« fragte der alte Herr; als sich aber die Damen nach dem Essen zurückgezogen hatten, bemerkte der schlaue alte Bursche zu seinem Sohn: »Nimm dich in acht, Joe; das Mädchen hat es auf dich abgesehen.«
»Pah, Unsinn!« sagte Joe, höchlich geschmeichelt. »Ich erinnere mich, da war ein Mädchen in Dumdum, eine Tochter Cutlers von der Artillerie, die später Lance, den Stabsarzt, heiratete. Sie hat mir im Jahre 1804 nachgestellt, mir und Mulligatawney, von dem ich vor dem Essen erzählt habe, ein verteufelt tüchtiger Kerl, dieser Mulligatawney, er ist jetzt Beamter in Budgebudge und wird in fünf Jahren sicherlich im Gouvernementsrat sein. Kurz und gut, die Artillerie gab einen Ball, und Quintin
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