Jahrmarkt der Eitelkeit
Worten: »Ah, guten Tag, Miss Sharp!« die linke Hand hin, in der Erwartung, daß die Ehre sie gänzlich verwirren werde.
Miss Sharp streckte den rechten Zeigefinger hin und nickte ihm leicht zu; ein so kühles und herablassendes Nicken, daß Rawdon Crawley, der den Vorgang vom Nebenzimmer aus beobachtete, sich kaum das Lachen verbeißen konnte, als er die völlige Schlappe des Leutnants bemerkte, sein plötzliches Zurückweichen, die Pause und die Ungeschicklichkeit, mit der er sich zuletzt herabließ, den angebotenen Finger zu ergreifen. »Sie würde noch den Teufel unterkriegen, beim Zeus!« jubelte der Hauptmann.
Der Leutnant fragte Rebekka liebenswürdig, um die Unterhaltung in Gang zu bringen, wie ihr ihre neue Stellung gefalle.
»Meine Stellung?« erwiderte Miss Sharp kühl. »Wie freundlich von Ihnen, mich daran zu erinnern! Es ist eine erträgliche Stellung, das Gehalt ist nicht schlecht, aber wohl nicht so hoch wie das von Miss Wirt bei Ihren Schwestern am Russell Square. Wie geht es den jungen Damen – wenn ich überhaupt fragen darf?«
»Warum denn nicht?« fragte Mr. Osborne erstaunt.
»Nun, sie haben sich doch nie herabgelassen, mit mir zu sprechen oder mich einzuladen, als ich bei Amelia war; aber wissen Sie, wir armen Gouvernanten sind dergleichen Hintansetzungen ja gewohnt.«
»Meine liebe Miss Sharp!« rief Osborne.
»Wenigstens in einigen Familien«, fuhr Rebekka fort. »Sie können sich aber kaum vorstellen, was es da für Unterschiede gibt. Wir in Hampshire sind nicht so reich wie ihr glücklichen Leute von der City. Dafür lebe ich aber in der Familie eines Edelmannes – gutes, altes, englisches Blut. Vermutlich wissen Sie, daß Sir Pitts Vater die Peerswürde 8 ausgeschlagen hat. Dabei sehen Sie ja, wie man mich behandelt. Ich fühle mich recht wohl. Wirklich, es ist eine gute Stellung. Aber wie außerordentlich nett von Ihnen, sich zu erkundigen.«
Osborne war wütend. Die kleine Gouvernante begönnerte und verhöhnte ihn, daß es diesem jungen britischen Löwen sehr peinlich wurde. Er hatte aber nicht so viel Geistesgegenwart, sich von diesem ergötzlichen Gespräch unter irgendeinem Vorwand zurückzuziehen.
»Ich hatte doch den Eindruck, die Cityfamilien hätten Ihnen zugesagt«, sagte er hochmütig.
»Sie meinen voriges Jahr, als ich gerade aus dieser scheußlichen, gemeinen Schule kam? Natürlich, damals. Fährt nicht jedes Mädchen während der Ferien gern nach Hause? Und woher hätte ich es besser wissen sollen? Aber ach, Mr. Osborne, eine achtzehnmonatige Erfahrung macht doch einen unheimlichen Unterschied! Achtzehn Monate, die man – entschuldigen Sie, daß ich es so ausdrücke – mit Gentlemen verbracht hat. Die liebe Amelia, das gebe ich zu, ist eine Perle und würde überall bezaubern. – Na, bitte sehr, wie ich sehe, wird Ihre Laune allmählich besser; aber nein! Diese komischen Leute! Und Mr. Joe – wie geht es dem wunderbaren Mr. Joseph?«
»Mir scheint, daß Sie den wunderbaren Mr. Joseph voriges Jahr nicht so ungern sahen«, sagte Osborne liebenswürdig.
»Wie streng Sie doch sind! Nun, entre nous 9 , seinetwegen ist mir das Herz nicht gebrochen; aber wenn er mich um das gebeten hätte, was Ihre Blicke wohl andeuten wollen (wie ausdrucksvoll und freundlich Ihre Blicke übrigens sind), so hätte ich sicher nicht nein gesagt.«
Mr. Osborne warf ihr einen Blick zu, der etwa sagen wollte: Wirklich, bin außerordentlich verbunden!
»Welche Ehre, Sie als Schwager zu haben, denken Sie nun, nicht wahr? Schwägerin von George Osborne, Esquire, Sohn von John Osborne, Esquire, Sohn von ... was war doch gleich Ihr Großvater, Mr. Osborne? Nun, nicht gleich ärgerlich werden! Sie können ja nichts für Ihren Stammbaum, und ich gebe Ihnen recht, daß ich Mr. Joe Sedley geheiratet hätte; denn konnte ein armes mittelloses Mädchen etwas Gescheiteres tun? Nun kennen Sie das ganze Geheimnis. Ich bin offen und ehrlich, und wenn ich es recht betrachte, so war es sehr nett von Ihnen, auf die Sache anzuspielen – sehr nett und höflich. Amelia, meine Liebe, Mr. Osborne und ich haben uns gerade über deinen armen Bruder Joseph unterhalten. Wie geht es ihm?«
So wurde George völlig aus der Fassung gebracht. Nicht daß Rebekka recht gehabt hätte, aber sie hatte es zuwege gebracht, ihn ins Unrecht zu setzen. Und nun ergriff er eine schimpfliche Flucht, weil er fühlte, daß er in Gegenwart Amelias zum Narren gemacht worden wäre, hätte er noch eine Minute länger
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