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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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sagte sie. »Ach, Sir – ich – ich bin doch schon verheiratet!«

15. Kapitel
In dem Rebekkas Mann für kurze Zeit erscheint
    Jedem sentimentalen Leser (und wir wünschen uns keinen anderen) muß das tableau 1 , womit der letzte Akt unseres kleinen Dramas schloß, gefallen haben, denn kann es ein hübscheres Bild geben, als Amor auf den Knien vor der Schönheit?
    Als aber Amor das schreckliche Geständnis der Schönheit hörte, daß sie bereits verheiratet sei, sprang er aus seiner demütigen Haltung auf dem Teppich auf und schrie Worte, die die arme kleine Schönheit in größere Angst versetzten, als sie im Augenblick ihres Geständnisses empfunden hatte.
    »Verheiratet! Sie machen wohl Witze«, schrie der Baronet nach dem ersten Ausbruche von Wut und Staunen. »Sie halten mich zum Narren, Becky. Wer würde Sie schon heiraten, ohne einen Shilling Vermögen?«
    »Verheiratet! Verheiratet!« schluchzte Rebekka, in Tränen aufgelöst, vor Erregung sprachlos, das Taschentuch an die strömenden Augen gedrückt. So stand sie, an den Kamin gelehnt, um nicht in Ohnmacht zu sinken – ein Bild des Schmerzes, das auch das verstockteste Herz hätte rühren müssen. »Ach, Sir Pitt, lieber Sir Pitt, halten Sie mich nicht für undankbar gegenüber all der Güte, die Sie mir erwiesen haben. Nur Ihre Großmut hat mir mein Geheimnis entlockt.«
    »Zum Henker mit der Großmut!« brüllte Sir Pitt. »Mit wem sind Sie denn verheiratet? Wo war es denn?«
    »Oh, lassen Sie mich mit Ihnen wieder aufs Land gehen, Sir! Lassen Sie mich über Ihnen wachen, so treu wie je! Ach, bitte, trennen Sie mich nicht von dem lieben Queen's Crawley!«
    »Der Kerl hat Sie also sitzenlassen, ja?« fragte der Baronet, der glaubte, daß ihm allmählich ein Licht aufginge. »Nun, Becky, kommen Sie zurück, wenn Sie wollen. Man kann einen Kuchen nicht zweimal essen. Auf jeden Fall habe ich Ihnen ein ehrliches Anerbieten gemacht. Kommen Sie zurück als Gouvernante – Sie können alles so einrichten, wie Sie es wollen.«
    Sie streckte eine Hand aus und weinte dabei, als ob ihr das Herz brechen sollte; ihre Locken fielen ihr übers Gesicht und über den marmornen Kaminsims, auf dem ihr Kopf ruhte.
    »Der Halunke ist also durchgegangen, he?« sagte Sir Pitt in einem schrecklichen Versuch, sie zu trösten. »Es macht nichts, Becky, ich werde für Sie sorgen.«
    »Oh, Sir! Es wäre der Stolz meines Lebens, nach Queen's Crawley zurückzukehren und wie früher für die Kinder und für Sie zu sorgen, wo Sie mir doch immer gesagt haben, daß Sie mit den Diensten Ihrer kleinen Rebekka zufrieden wären. Wenn ich mir überlege, was Sie mir eben angeboten haben, so schwillt mir das Herz vor Dankbarkeit, wirklich. Ich kann nicht Ihre Frau werden, Sir; lassen Sie mich – lassen Sie mich Ihre Tochter sein!«
    Bei diesen Worten sank nun Rebekka ihrerseits in tragischer Pose auf die Knie, nahm Sir Pitts schwielige schwarze Hand in ihre beiden (die sehr hübsch und weiß und so weich wie Seide waren) und blickte mit einem Ausdrucke tiefster Leidenschaft und unbegrenzten Vertrauens zu ihm auf, als – als die Tür aufging und Miss Crawley hereinsegelte.
    Mrs. Firkin und Miss Briggs hatten, bald nachdem der Baronet und Rebekka das Empfangszimmer betreten hatten, zufällig an der Tür gestanden, hatten dann, abermals zufällig, durchs Schlüsselloch hindurch den alten Herrn vor der Gouvernante knien sehen und seinen großmütigen Antrag gehört. Er war ihm kaum von der Zunge, so eilten Mrs. Firkin und Miss Briggs die Treppe hinauf, stürzten in den Salon, in dem Miss Crawley mit ihrem französischen Roman saß, und überbrachten der alten Dame die erstaunliche Nachricht, daß Sir Pitt vor Miss Sharp auf den Knien liege und ihr einen Heiratsantrag mache. Berechnet man nun die Zeit, die der oben wiedergegebene Dialog dauerte, und dann die Zeit, die die Briggs und die Firkin brauchten, um zum Salon zu fliegen, die Zeit, die Miss Crawley benötigte, um in Erstaunen zu geraten, ihren Pigault-Lebrun 2 fallen zu lassen und die Treppe herabzukommen, so wird man feststellen, wie genau diese Geschichte stimmt und daß Miss Crawley gerade in dem Augenblick erscheinen
mußte,
als Rebekka die demütige Stellung eingenommen hatte.
    »Die Dame liegt doch auf den Knien, nicht der Herr«, sagte Miss Crawley mit tiefer Verachtung in Blick und Stimme. »Man hat mir gesagt,
du
lägest auf den Knien, Sir Pitt; knie doch noch einmal nieder, damit ich das hübsche Paar sehen kann!«
    »Ich habe Sir

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