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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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obgleich es in London keine Dame von Welt gab, die ihre Freunde leichteren Herzens aufgab, sobald sie ihrer Gesellschaft überdrüssig war (und keine wurde ihrer schneller überdrüssig), so war sie doch, solange ihr engouement 11 anhielt, sehr anhänglich, und noch klammerte sie sich mit aller Kraft an Rebekka.
    Die Nachricht von Lady Crawleys Tod erregte in Miss Crawleys Familienkreis nicht mehr Kummer oder Beachtung, als man hätte erwarten können. »Ich werde wohl die Gesellschaft, die ich am Dritten geben wollte, verschieben müssen«, meinte Miss Crawley und setzte nach einer Pause hinzu: »Hoffentlich besitzt mein Bruder den Anstand, sich nicht wieder zu verheiraten.«
    »Pitt wird sich totärgern, wenn er es doch tut«, bemerkte Rawdon mit seiner gewöhnlichen Hochachtung vor dem älteren Bruder. Rebekka sagte nichts. Sie schien die Ernsteste und Ergriffenste von der ganzen Familie zu sein. Sie verließ an diesem Tage das Zimmer, ehe Rawdon ging; aber zufällig trafen sie sich unten, als er sich verabschiedet hatte und gerade aufbrechen wollte. Sie sprachen lange miteinander.
    Als Rebekka am nächsten Morgen aus dem Fenster blickte, erschreckte sie Miss Crawley, die ganz friedlich mit einem französischen Roman beschäftigt war, durch den Schreckensruf: »Sir Pitt kommt, Madame!« Das Klopfen des Baronets folgte dieser Ankündigung unmittelbar.
    »Meine Liebe, ich kann ihn nicht sehen. Ich will ihn nicht sehen. Sagen Sie Bowls, ich sei nicht zu Hause, oder gehen Sie hinunter und sagen Sie ihm, ich sei zu krank, um jemanden zu empfangen. Meine Nerven könnten meinen Bruder in diesem Augenblick wirklich nicht ertragen«, rief Miss Crawley aus und kehrte zu ihrem Roman zurück.
    »Sie ist zu krank, um Sie zu empfangen, Sir«, sagte Rebekka und trippelte Sir Pitt entgegen, der gerade die Treppe erklimmen wollte.
    »Um so besser«, antwortete Sir Pitt. »Ich will ja Sie sprechen, Miss Becky. Kommen Sie mit mir in das Empfangszimmer.« Sie betraten gemeinsam das Zimmer.
    »Sie müssen unbedingt nach Queen's Crawley zurück, Miss«, sagte der Baronet und heftete seine Augen auf sie, als er die schwarzen Handschuhe und den Hut mit dem breiten Trauerflor ablegte. Sein Blick war so seltsam, so starr auf sie gerichtet, daß Rebekka Sharp fast zu zittern begann.
    »Ich hoffe, ich kann bald kommen«, sagte sie leise, »sobald es Miss Crawley besser geht. Dann werde ich zu – zu den lieben Kindern zurückkehren.«
    »So reden Sie nun schon drei Monate lang, Becky«, erwiderte Sir Pitt, »und immer noch haben Sie sich nicht von meiner Schwester losmachen können. Die wird Sie wie einen alten Schuh wegwerfen, wenn sie Sie satt hat. Ich sage Ihnen, ich brauche Sie. Ich fahre zur Beerdigung nach Hause. Kommen Sie zurück? Ja oder nein?«
    »Ich wage es nicht – ich glaube nicht – daß es sich schicken würde – so ganz allein – mit Ihnen, Sir«, sagte Becky, offensichtlich in großer Erregung.
    »Ich sage es noch einmal: Ich brauche Sie«, rief Sir Pitt und hämmerte auf den Tisch. »Ich komme ohne Sie nicht weiter. Als Sie fort waren, habe ich es erst gemerkt. Im Hause geht alles schief. Es ist alles wie verdreht. Meine Rechnungen sind wieder ganz durcheinander. Sie müssen zurückkommen. Ach, kommen Sie doch zurück! Liebe Becky, kommen Sie doch!«
    »Kommen – als was, Sir?« keuchte Rebekka.
    »Kommen Sie als Lady Crawley, wenn Sie wollen«, sagte der Baronet und griff nach seinem Trauerhut. »So! Sind Sie damit zufrieden? Kommen Sie zurück und werden Sie meine Frau. Sie sind die Richtige. Zum Henker mit der Abstammung! Sie sind so gut eine Lady wie jede andere. Sie haben in Ihrem kleinen Finger mehr Verstand als irgendeine Baronetsfrau in der Grafschaft. Wollen Sie kommen? Ja oder nein?«
    »Oh, Sir Pitt!« sagte Rebekka tief bewegt.
    »Sagen Sie ja, Becky«, fuhr Sie Pitt fort. »Ich bin ein alter Mann, aber noch ganz gut beisammen. Zwanzig Jahre treibe ich es noch. Ich werde Sie glücklich machen, das werden Sie erleben. Sie können tun, was Sie möchten, können alles so einrichten, wie Sie es wollen. Ich setze Ihnen eine Summe aus. Ich werde alles in Ordnung bringen. Da, sehen Sie!« Und der alte Mann fiel auf die Knie und blinzelte wie ein verliebter Satyr 12 .
    Rebekka fuhr zurück – ein Bild der Bestürzung. Im Laufe dieser Geschichte haben wir sie noch nie die Geistesgegenwart verlieren sehen; nun tat sie es, und sie weinte einige der echtesten Tränen, die je ihren Augen entfielen.
    »Ach, Sir Pitt!«

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