Jahrmarkt der Eitelkeit
Ich wollte, es wäre so.«
»Mein armes, liebes Kind«, rief Miss Crawley, die jederzeit bereit war, sentimental zu werden. »Wird unsere Liebe nicht erwidert? Haben wir geheimen Kummer? Erzählen Sie mir alles, und ich will Sie trösten.«
»Ich wollte, Sie könnten das«, sagte Rebekka immer noch unter Tränen. »Wirklich, ich brauche es.« Dabei lehnte sie ihren Kopf an Miss Crawleys Schulter und weinte so echt, daß die alte Dame, unversehens zum Mitleid verführt, Becky mit fast mütterlicher Freundlichkeit umarmte, ihr unendliche Male ihre Achtung und Zuneigung versicherte, ja beteuerte, sie wie eine Tochter zu lieben und alles in ihren Kräften Stehende tun zu wollen, um ihr zu helfen. »Wer ist es denn nun, meine Teure? Ist es der Bruder dieser hübschen Miss Sedley? Sie sagten etwas über eine Liebesaffäre mit ihm. Ich will ihn hierher einladen, meine Liebe. Und Sie sollen ihn bekommen, ganz bestimmt.«
»Fragen Sie mich jetzt nicht«, sagte Rebekka. »Sie werden bald alles erfahren. Ja, wirklich, liebe, gute Miss Crawley – teure Freundin, darf ich so sagen?«
»Ja, das dürfen Sie gern, mein Kind«, erwiderte die alte Dame und küßte sie.
»Ich kann es Ihnen jetzt nicht sagen«, schluchzte Rebekka; »ich bin sehr unglücklich. Ach, bitte haben Sie mich doch immer lieb! Versprechen Sie mir, daß Sie mich stets liebhaben werden!« Und unter gemeinsamen Tränen – denn die Erregung der Jüngeren hatte die Sympathien der Älteren geweckt – gab Miss Crawley ihr feierlich dieses Versprechen. Dann verließ sie ihren kleinen Schützling und segnete und bewunderte das gute, arglose, weichherzige, liebevolle und unbegreifliche Geschöpf.
Und nun war Becky allein und konnte über die plötzlichen und wunderbaren Ereignisse des Tages, über das, was geschehen war, und das, was hätte geschehen können, nachdenken. Wie, glaubst du, lieber Leser, war es um die innersten Gefühle von Miss, ach nein (ich bitte sie um Verzeihung), von Mrs. Rebekka bestellt? Wenn der Verfasser oben das Vorrecht in Anspruch genommen hat, in Miss Amelia Sedleys Schlafzimmer zu blicken und mit der Allwissenheit des Romanschreibers all die zarten Leidenschaften und Schmerzen zu verstehen, die sich auf dem unschuldigen Kopfkissen wälzten, warum sollte er dann nicht ebenfalls der Vertraute Rebekkas sein, Herr ihrer Geheimnisse und Siegelbewahrer zum Gewissen dieses jungen Mädchens?
Also: vor allem bedauerte Rebekka aufrichtig und rührend, daß ein wunderbares Glück ihr so nahe gewesen war und sie sich gezwungen sah, es von sich zu weisen. So wie sie wird wohl jeder normale Mensch empfinden. Welche gute Mutter würde nicht eine mittellose Jungfrau bemitleiden, die beinahe hätte Lady werden und viertausend Pfund im Jahr bekommen können? Welcher guterzogene junge Mensch auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit fühlt nicht mit einem fleißigen, klugen, verdienstvollen Mädchen, der ein so ehrenvolles, vorteilhaftes, reizvolles Anerbieten gerade in dem Augenblick gemacht wird, da es außer ihrer Macht liegt, es anzunehmen? Die Enttäuschung unserer Freundin Becky verdient das Mitgefühl aller und wird es auch erhalten.
Ich erinnere mich, selbst einmal an einer Abendgesellschaft auf dem Jahrmarkt teilgenommen zu haben. Ich beobachtete, wie die alte Miss Toady die kleine Mrs. Briefless, die Frau des Anwalts, die gewiß von guter Familie, aber, wie allgemein bekannt, arm wie eine Kirchenmaus ist, mit Aufmerksamkeiten und Schmeicheleien überhäufte.
Was, fragte ich mich, mag wohl der Grund für Miss Toadys Unterwürfigkeit sein? Ist Briefless über ein Provinzialgericht gesetzt worden, oder hat seine Frau ein großes Vermögen geerbt? Miss Toady erklärte es bald selbst mit jener Einfachheit, die ihr ganzes Benehmen auszeichnet. »Wissen Sie«, sagte sie, »Mrs. Briefless ist die Enkelin von Sir John Redhand, der in Cheltenham so krank daniederliegt, daß er kaum noch ein halbes Jahr zu leben hat. Der Vater von Mrs. Briefless ist sein Nachfolger; sie wird also, wie Sie sehen, die Tochter eines Baronets sein.«
Und die Toady lud Briefless und Frau für die nächste Woche zum Essen ein.
Kann die bloße Möglichkeit, Tochter eines Baronets zu werden, einer Dame in der Welt solche Ehrerbietung verschaffen, dann müssen wir ganz gewiß auch die Qualen einer jungen Frau achten, der die Gelegenheit entschlüpft ist, Gattin eines Baronets zu werden. Wer hätte es sich auch träumen lassen, daß Lady Crawley so bald sterben würde? Sie war eine
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