Jake Djones - In der Arena des Todes: Roman (German Edition)
deutlicher. Der Mann, der da etwa einen Meter über dem Boden vor ihm in der Luft schwebte, kam Jake bekannt vor. Er erkannte das warme Lächeln, die leuchtenden Augen, und der Lärm des Publikums erstarb: Es war sein Bruder Philip. Er sah nicht mehr aus wie damals, als er vor drei Jahren spurlos verschwunden war, sondern wie ein junger Mann von siebzehn Jahren. Jake wusste, die Erscheinung war eine Illusion, ein Trugbild, das sein vollkommen erschöpfter Geist ihm vorgaukelte, doch gleichzeitig wusste er: Philip lebte. Aus irgendeinem weit entfernten Winkel der Geschichte schickte er ihm dieses Lebenszeichen. Dann verblasste die Erscheinung allmählich wieder, der Anblick der Augen erst ganz zum Schluss.
Wie mit einem Knall kehrte Jakes Hörvermögen zurück und mit ihm auch die Entschlossenheit. Wenn Philip noch am Leben war – egal wo und egal in welcher Zeit –, war das allein Grund genug, nicht aufzugeben.
Jake duckte sich unter dem brüllenden Fahrtwind und feuerte die Pferde an. Als die Zuschauer merkten, wie er mit neuer Kraft vorwärtspreschte, sprangen sie auf die Beine und jubelten ihm begeistert zu.
Agata konnte vor Wut nicht mehr an sich halten und rannte an die Balustrade der Kaiserloge.
Jake bog auf die vorletzte Gerade ein und sah ihren roten Haarschopf an sich vorbeijagen. Der Streitwagen vibrierte, als würde er jeden Moment auseinanderbrechen. Jetzt hatte er das zweite Gespann eingeholt. Sein Lenker, ein muskulöser Hüne mit vernarbtem Gesicht und dunklem Bart, würdigte ihn keines Blickes, sondern starrte stur geradeaus und schlug umso heftiger mit der Peitsche auf seine Pferde ein.
Gerade als Jake auf der Innenseite überholte, riss der Kontrahent die Zügel herum und drängte Jake gegen die spina . Jake hielt dagegen, die Gestelle der Streitwagen verhakten sich ineinander, und beide Gespanne schlingerten wieder in die Bahn zurück. Jake drängte seinen Gegner nun seinerseits immer weiter ab, bis dessen äußeres Rad in den Graben vor den Zuschauerrängen abrutschte. Die ineinander verkeilten Wagen wurden abrupt abgebremst, Jake riss die Zügel herum, und sein Gespann kam frei. Der andere Wagen überschlug sich.
Die Stimmung im Stadion befand sich auf dem Siedepunkt. Jake schrie und ließ die Zügel schnalzen. Nur noch Leopardo war vor ihm, und Jake blieb nur noch eine Runde, um ihn aufzuhalten.
Leopardo blickte kurz zur Seite und schaute entsetzt ein zweites Mal hin, als er Jake erkannte, der genau in diesem Moment auf gleiche Höhe kam. Er holte mit der Peitsche aus und ließ sie auf Jake niedersausen.
Mit Schrecken sah Jake die Krähenfüße an den Enden der Peitsche auf sich zufliegen und duckte sich. Mit einem Pfeifen sausten sie über seinen Kopf hinweg und bohrten sich in den Rücken eines seiner Pferde, das vor Schmerz laut wieherte. Jake kochte vor Wut und war entschlossener denn je, dieses Monster zu besiegen. Als Leopardo ein zweites Mal zuschlug, packte Jake die Peitsche, wickelte sich die Riemen ums Handgelenk und zog mit aller Kraft. Leopardo geriet kurz ins Wanken, dann zog er ebenso heftig zurück. Die Riemen schnitten in Jakes Handgelenk, und er konnte nicht mehr loslassen. Da zauberte Leopardo den nächsten hinterhältigen Trick aus seiner Kiste: Er betätigte ein Pedal, und aus der Radnabe seines Wagens klappte ein Kranz von Klingen. Mit einem diabolischen Grinsen zog er Jakes Gespann näher heran, auf die wirbelnden Messer zu. Jake konnte nur hilflos zusehen, wie die Speichen zu Kleinholz zerhackt wurden. Die Achse brach, der Wagen schlug auf dem Boden auf und wurde vom Rückstoß in die Luft gehoben – Jake mit ihm. Jake nutzte den Schwung, stieß sich mit aller Kraft ab und landete schwankend auf der Deichsel von Leopardos Gespann.
Die Zuschauer drehten beinahe durch vor Begeisterung, als Jake bei halsbrecherischem Tempo nur wenige Zentimeter über dem Boden auf der schmalen Deichsel balancierte. Sie brüllten und schrien, nur Agata Zeldt krallte vor Verzweiflung die Fingernägel ins eigene Fleisch. Caspar stand sprachlos daneben.
Jake wandte sich gerade um, da zog Leopardo sein Schwert. Das Grinsen war ihm vergangenen. Mit wutverzerrtem Gesicht hob er die Klinge zum tödlichen Schlag, und Jake stürzte vor. Er packte Leopardos Schwerthand und schlug sie auf die Brüstung des Wagens. Das Schwert fiel klappernd zu Boden, Jake sprang auf die Plattform und versetzte Leopardo einen Fausthieb. Der taumelte kurz zurück, dann griff er Jakes Kopf und drückte ihm
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