Jamaica Lane - Heimliche Liebe
merkte ich, dass sie anerkennend meine Beine musterten.
Noch vor wenigen Monaten wäre ich der felsenfesten Überzeugung gewesen, dass sie nicht anerkennend schauten, sondern belustigt, weil das fette Mädchen sich getraut hatte, einen Rock anzuziehen. Doch inzwischen war ich eines Besseren belehrt. Ich hatte schöne Beine, die ich gerne zur Schau stellte.
Allerdings nicht für diese zwei.
Nein, meine Beine waren ausschließlich für Nate Sawyer bestimmt. Einzig und allein für ihn.
Ich freue mich für dich, Soda Pop.
Ich lächelte in mich hinein. Ja. Bestimmt hätte meine Mom sich sehr für mich gefreut.
Ich hatte gerade das Ende der Schlange vor dem Club 39 erreicht, als mein Handy klingelte. Ich zog es aus der schwarzen Clutch mit der Rubinschließe, die zu meinem scharlachroten Kleid passte, und las »Dad« auf dem Display. Ich nahm sofort ab.
»Hey, Kleines. Dee und ich wollten fragen, ob du und Nate vielleicht Lust habt, auf ein Bier vorbeizukommen.«
»Das klingt toll, Dad, aber wie wäre es mit morgen? Ich treffe mich mit Nate und der Clique in der Bar.«
»Kein Problem. Morgen passt es auch gut. Ist Nate da? Ich wollte ihn fragen, ob er schon mit seinem Kollegen gesprochen hat, der vielleicht einen Artikel über die Firma schreiben wollte.«
Ich schmunzelte und betrachtete derweil meine Stilettos. Sie waren aus dunkelrotem Wildleder, der absolute Hammer. Ich hatte mein Outfit sorgfältig zusammengestellt – für Nate. Nate, mit dem ich offiziell erst seit einer Woche zusammen war – und schon bat mein Dad ihn um eine Gefälligkeit. »Ich treffe ihn drinnen. Du kannst ihn morgen selbst fragen.«
»In Ordnung, Schatz.« Er schwieg einen Moment, während ich in der Schlange vorrückte. »Dann läuft es gut mit euch beiden?«
»Sehr gut sogar.«
»Ich freue mich für dich. Deine Mom hätte sich auch für dich gefreut.«
Prompt stiegen mir die Tränen in die Augen. »Weißt du was? Gerade eben habe ich genau dasselbe gedacht.«
»Also.« An der barschen Stimme meines Vaters hörte ich, dass er mit seiner Rührung kämpfte. »Dann will ich dich mal nicht länger stören. Amüsier dich gut.«
»Bye, Dad.«
Während ich das Handy wieder in meiner Clutch verstaute, sinnierte ich darüber, wie gut es mir ging. Zum ersten Mal seit einer scheinbaren Ewigkeit hatte ich das Gefühl, frei atmen zu können. Nate gegenüber hatte ich einmal gestanden, dass ich Angst davor hatte, ich könnte meiner Mutter insgeheim die Schuld dafür geben, wie mein Leben gelaufen war. Mittlerweile wusste ich, dass das nicht stimmte. In Wahrheit hatte ich nur vor einem Angst: davor, sie zu enttäuschen. Und ich hatte auch erkannt, dass ich sie nur enttäuschen konnte, wenn ich unglücklich war.
Es war kaum zu glauben, wie unbeschreiblich gut es sich anfühlte, glücklich zu sein.
Alles in meinem Leben fügte sich zusammen. Ich hatte einen Job, den ich liebte, tolle Freunde, eine wunderbare Ersatzfamilie, ich mochte mich endlich mit all meinen Facetten, und ich war in einen einzigartigen Mann verliebt, der mich genauso sehr liebte wie ich ihn.
Das hatte Nate mir die ganze vergangene Woche über nach Kräften in allen Variationen bewiesen.
Der Türsteher des Club 39 schenkte mir zur Begrüßung ein wölfisches Grinsen und nickte mir zu, als ich mit einem kleinen Lächeln an ihm vorbeiging. Allerdings lächelte ich nicht wegen ihm. Sondern weil ich gleich Nate sehen würde. Angus hatte mich gebeten, heute etwas länger zu bleiben, also hatte ich Nate angerufen, um ihm zu sagen, dass wir uns direkt in der Bar treffen würden. Zum einen hatte das den Vorteil, dass ich einen Auftritt hinlegen konnte, zum anderen war es ein Garant dafür, dass wir auch tatsächlich ausgingen, statt im Schlafzimmer hängenzubleiben. Und es war wichtig, dass wir heute Abend ausgingen, denn dies war der erste Abend, den wir als offizielles Paar gemeinsam mit der Clique verbringen würden. Sogar Joss wollte mit dabei sein, auch wenn sie natürlich keinen Alkohol trank.
»Du kommst?«, hatte ich sie erstaunt gefragt, als sie mich angerufen hatte, um sich zu erkundigen, um wie viel Uhr wir uns treffen wollten.
»Aber klar doch. Nate Sawyer wurde gezähmt. Das will ich auf jeden Fall mit eigenen Augen sehen.«
»Ich habe ihn nicht gezähmt«, widersprach ich.
»Olivia, solange ich ihn kenne, hat er alles flachgelegt, was weiblich ist und zwei Beine hat. Die ganze Zeit habe ich mich danach gesehnt, dass endlich eine Frau kommt, die ihn aus seiner
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