James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)
War vermutlich mein Fehler. Jedenfalls ist es jetzt vorbei.«
M ließ eines seiner seltenen Lächeln aufblitzen, das er eher mit den Augen als mit dem Mund ausdrückte. »Tut mir leid, dass es nicht geklappt hat, James«, sagte er. In Ms Stimme lag Mitgefühl. Bonds »Frauengeschichten«, wie er sie nannte, missfielen ihm, auch wenn er sich gleichzeitig eingestand, dass sein diesbezügliches Vorurteil ein Überbleibsel seiner viktorianischen Erziehung war. Doch als Bonds Vorgesetzter wollte er erst recht nicht, dass Bond dauerhaft an den Rockzipfel einer Frau gebunden war. »Vielleicht ist es wirklich das Beste. In diesem Geschäft ist es nicht sehr vorteilhaft, sich mit neurotischen Frauen einzulassen. Sie hängen sich an Ihren Waffenarm, wenn Sie verstehen, was ich meine. Verzeihen Sie mir, dass ich danach gefragt habe? Ich musste die Antwort kennen, bevor ich Ihnen erzähle, was sich ergeben hat. Das ist eine äußerst seltsame Geschichte. Es wäre schwierig gewesen, Sie in die Sache einzubeziehen, wenn Sie kurz vor einer Eheschließung gestanden hätten oder so etwas.«
Bond schüttelte den Kopf und wartete auf die Geschichte.
»Also gut«, sagte M. In seiner Stimme klang Erleichterung mit. Er lehnte sich zurück und zog mehrmals hintereinander schnell an seiner Pfeife, um sie richtig in Gang zu bringen. »Folgendes ist passiert: Gestern haben wir ein langes Telegramm aus Istanbul erhalten. Offenbar bekam der Leiter der Station T am Dienstag eine anonyme, mit Schreibmaschine verfasste Nachricht, in der ihm mitgeteilt wurde, er solle sich für acht Uhr abends ein Rundfahrtticket für den Fährdampfer kaufen, der zwischen der Galatabrücke und der Mündung des Bosporus verkehrt. Das war alles. Der Leiter von T ist ein recht abenteuerlustiger Bursche, also nahm er natürlich den Dampfer. Er stand vorne an der Reling und wartete. Nach etwa einer Viertelstunde kam ein Mädchen und stellte sich neben ihn, eine Russin, sehr hübsch, wie er sagt, und nachdem sie sich ein wenig über die Aussicht und so weiter unterhalten hatten, wechselte sie plötzlich das Thema und erzählte ihm in demselben beiläufigen Tonfall eine unglaubliche Geschichte.«
M hielt inne, um ein weiteres Streichholz an seine Pfeife zu halten. Bond stellte eine Zwischenfrage: »Wer ist der Leiter von T, Sir? Ich habe noch nie in der Türkei gearbeitet.«
»Ein Mann namens Kerim, Darko Kerim. Hat einen türkischen Vater und eine englische Mutter. Ein bemerkenswerter Bursche. Er war schon vor dem Krieg der Leiter von T. Einer der besten Männer, die wir je irgendwo hatten. Er macht einen hervorragenden Job und liebt seine Arbeit. Er ist sehr intelligent und kennt diesen Teil der Welt wie seine Westentasche.« M beendete seine Lobeshymne auf Kerim mit einer ruckartigen Seitwärtsbewegung seiner Pfeife. »Jedenfalls lautete ihre Geschichte, dass sie ein Korporal beim MGB sei. Sie habe dort seit ihrem Schulabschluss gearbeitet und sei soeben als Fernmeldeoffizierin ins Zentrum in Istanbul versetzt worden. Sie behauptete, die Versetzung eingefädelt zu haben, weil sie aus Russland heraus und nach England kommen wolle.«
»Das ist gut«, sagte Bond. »Es könnte sich als nützlich erweisen, eins ihrer Chiffriermädchen zu haben. Aber warum will sie nach England kommen?«
M sah über den Tisch zu Bond. »Weil sie verliebt ist.« Er hielt inne und fügte dann sanft hinzu: »Sie behauptet, in Sie verliebt zu sein.«
»In
mich
?«
»Ja, in Sie. Zumindest sagt sie das. Ihr Name lautet Tatjana Romanowa. Haben Sie je von ihr gehört?«
»Gute Güte, nein! Ich meine, nein, Sir.« M lächelte angesichts der Mischung verschiedener Ausdrücke auf Bonds Gesicht. »Aber wie zum Teufel meint sie das? Ist sie mir je begegnet? Woher weiß sie überhaupt, dass es mich gibt?«
»Tja«, sagte M. »Die ganze Sache klingt vollkommen lächerlich. Aber sie ist so verrückt, dass sie vielleicht wahr sein könnte. Dieses Mädchen ist vierundzwanzig Jahre alt. Seit sie dem MGB beigetreten ist, hat sie für deren Zentralregister gearbeitet, das ist das Gleiche wie unser Archiv. Und sie war dort in der englischen Abteilung tätig. Sie war sechs Jahre lang dort. Eine der Akten, die sie bearbeitete, war Ihre.«
»Die würde ich gerne mal sehen«, kommentierte Bond.
»Sie behauptet, sie hätte sich zuallererst in die Fotos verguckt, die sie dort von Ihnen haben. Hat Ihr gutes Aussehen bewundert und so weiter.« Ms Mundwinkel zuckten nach unten, als ob er gerade in eine
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