James Bond 06 - Dr. No (German Edition)
dich!
Zehn Minuten später klebten Bonds nasse Lumpen an seinem sauber geschrubbten brennenden Körper. Sein Haar war aus seiner Stirn zurückgestrichen, und er kletterte über den Gipfel der Landzunge.
Ja, es war genau so, wie er vermutet hatte. Ein schmaler felsiger Pfad, der von den Füßen der Arbeiter geschaffen worden war, führte an der anderen Seite hinunter und um die Klippe herum.
Von irgendwo ganz in der Nähe drangen diverse Geräusche und Echos heran. Ein Kran war im Einsatz. Er konnte das Pulsieren seines Motors hören. Außerdem erklangen Schiffslaute und das Geräusch von Wasser, das von einer Lenzpumpe zurück ins Meer befördert wurde.
Bond sah zum Himmel hinauf. Er war hellblau. Gold und rosa getönte Wolken wanderten in Richtung Horizont davon. Hoch über ihm kreisten die Kormorane um den Guanoberg. Schon bald würden sie zur Futtersuche aufbrechen. Vielleicht beobachteten sie in diesem Moment bereits die Spähergruppen, die weit draußen auf dem Meer nach Fisch Ausschau hielten. Es dürfte etwa sechs Uhr sein, der Beginn eines wunderschönen Tages.
Bond, der bei jedem Schritt Blutflecke hinterließ, bahnte sich seinen Weg vorsichtig über den Pfad und am Fuß der schattigen Klippe entlang. Als er um die Kurve bog, verlief der Pfad durch ein gewaltiges Labyrinth aus großen herabgestürzten Felsbrocken. Die Geräusche wurden lauter. Bond kroch leise vorwärts und achtete darauf, dass er nicht auf lose Steine trat. Eine erschreckend nahe Stimme rief: »Bereit?« Eine ferne Antwort erklang: »Bereit!« Der Motor des Krans beschleunigte. Nur noch ein paar Meter. Nur noch ein Felsbrocken. Und dann noch einer. Jetzt!
Bond drückte sich flach gegen den Felsen und schob seinen Kopf Zentimeter für Zentimeter um die Ecke herum.
EIN TÖDLICHER SCHAUER
Bond warf einen langen Blick um die Ecke und zog dann den Kopf zurück. Er lehnte sich gegen die kühle Felswand und wartete darauf, dass sich seine Atmung normalisierte. Dann hob er sein Messer nah an seine Augen und begutachtete die Klinge sorgfältig. Zufrieden schob er es hinten in den Bund seiner Hose, sodass es an seiner Wirbelsäule ruhte. Dort würde es leicht erreichbar sein und trotzdem nicht ständig irgendwo gegenstoßen. Er fragte sich, wie es mit dem Feuerzeug aussah. Er nahm es aus seiner Gesäßtasche. Als Metallklumpen mochte es sich noch als nützlich erweisen, aber es würde keine Flamme mehr erzeugen und nur Lärm verursachen, wenn es gegen den Felsen kratzte. Er legte es ein Stück entfernt von sich auf den Boden.
Dann setzte sich Bond und ging Stück für Stück das Bild durch, das sich in sein Gedächtnis eingebrannt hatte.
Um die Ecke stand in mehr als zehn Metern Entfernung der Kran. Das Führerhäuschen hatte keine Rückwand. Im Inneren saß ein Mann an den Kontrollhebeln. Es war der Anführer der chinesischen Neger, der Fahrer des Sumpffahrzeugs. Vor ihm erstreckte sich die Anlegestelle knapp zwanzig Meter aufs Meer hinaus und endete in einer T-förmigen Konstruktion. Ein alter Tanker mit etwa zehntausend Tonnen Eigenmasse lag am Ende des Ts vertäut. Er ragte ein gutes Stück aus dem Wasser, sodass sich sein Deck etwa dreieinhalb Meter über dem Kai befand. Der Tanker trug den Namen
Blanche
, und am Heck war das ANT von Antwerpen zu erkennen. An Bord gab es kein Lebenszeichen, abgesehen von einer einsamen Gestalt, die am Steuer auf der geschlossenen Brücke herumlungerte. Der Rest der Mannschaft würde unter Deck sein, wo sie vom Guanostaub abgeschottet waren. Rechts vom Kran verlief ein hohes, wellblechverkleidetes Förderband, das aus der Klippe herauskam. Über dem Anlegesteg wurde es von hohen Stützpfosten getragen und endete kurz vor dem Laderaum des Tankers. Am Ende hing ein riesiger Fülltrichter aus Leinen von vielleicht zwei Metern Durchmesser. Der Zweck des Krans bestand darin, die mit Draht verstärkte Öffnung des Fülltrichters so zu halten, dass sie direkt über dem Laderaum des Tankers hing, und sie nach rechts und links zu bewegen, damit sich die Ladung gleichmäßig verteilte. Aus der Öffnung des Fülltrichters strömte ein beständiger Fluss rühreifarbenen Guanostaubs in den Laderaum des Schiffs. Auf diese Weise wurden einige Tonnen pro Minute verladen.
Links unter dem Anlegesteg stand leewärts von der Wolke aus Guanostaub Doktor Nos große, wachsame Gestalt.
Das war alles. Die morgendliche Brise kräuselte das tiefe Wasser des Ankerplatzes, der immer noch halb im Schatten der aufragenden Klippe
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