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James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

Titel: James Bond 06 - Dr. No (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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war außer Kontrolle. Der Motor war im Leerlauf, die Stahltrosse riss an der Kabeltrommel, der Ausleger des Krans neigte sich ganz langsam nach unten wie der Hals einer Giraffe, der Fülltrichter am Ende des Förderbands war eingeknickt und ergoss seine Staubsäule nun zwischen den Anlegesteg und das Schiff. Doktor No starrte nach oben. Sein Mund stand offen. Vielleicht rief er etwas. Ruhig brachte Bond die Maschine wieder unter Kontrolle, indem er die Hebel und Pedale wieder zurück in die Position versetzte, in der der Kranführer sie gehalten hatte. Der Motor beschleunigte, das Getriebe schnurrte und alles funktionierte wieder. Die Trosse wurde zurückgezogen und beförderte den Fülltrichter zurück über das Schiff. Der Ausleger hob sich und verharrte. Alles war wie zuvor. Jetzt!
    Bond griff nach vorne und umfasste das metallene Lenkrad, das der Fahrer bedient hatte, als Bond ihn zum ersten Mal gesehen hatte. In welche Richtung musste er es drehen? Bond versuchte es mit links. Der Ausleger des Krans neigte sich leicht nach rechts. Also gut. Bond drehte das Steuer nach rechts. Ja, bei Gott, das Ding reagierte, bewegte sich quer über den Himmel und zog das Ende des Förderbands mit sich.
    Bonds Augen zuckten zum Anlegesteg. Doktor No hatte seine Position verändert. Er war ein paar Schritte zu einem Stützpfeiler gegangen, den Bond übersehen hatte. Er hatte ein Telefon in der Hand. Er versuchte, die Leute auf der anderen Seite des Berges zu kontaktieren. Bond konnte sehen, wie er wie wild an der Gabel des Apparats herumfummelte, um eine Verbindung zu bekommen.
    Bond drehte das Steuerrad. Herrgott, konnte es sich denn nicht schneller bewegen? In wenigen Sekunden würde Doktor No durchkommen, und dann würde es zu spät sein. Der Ausleger des Krans schwenkte langsam durch die Luft. Nun spuckte die Öffnung des Fülltrichters die Staubwolke an der Seite des Schiffs herunter. Jetzt bewegte sich der gelbe Hügel lautlos über den Steg. Fünf Meter, vier, drei, zwei! Dreh dich nicht um, du Mistkerl! Ha, hab ich dich! Halt das Steuer an! Jetzt sind
Sie
dran, Doktor No!
    Bei der ersten Berührung mit der stinkenden Staubsäule hatte sich Doktor No umgedreht. Bond sah, wie er die langen Arme ausstreckte, als wollte er die fallende Masse umarmen. Ein Knie hob sich, um loszurennen. Der Mund öffnete sich, und ein dünner Schrei drang über den Lärm des Motors an Bonds Ohren. Dann erhaschte er einen kurzen Blick auf eine Art tanzenden Schneemann. Und dann war da nur noch ein Berg aus gelbem Vogelmist, der höher und höher wurde.
    »Gott!« Bonds Stimme hallte blechern von den Wänden des Führerhäuschens wider. Er dachte an die schreiende Lunge, die sich mit dem widerlichen Staub füllte, an den Körper, der sich unter dem Gewicht beugte und zusammenbrach, an den letzten ohnmächtigen Tritt der Füße, den letzten Gedankenblitz – Wut, Entsetzen, Niederlage? – und dann die Stille des stinkenden Grabs.
    Der gelbe Berg war jetzt sechs Meter hoch. Das Zeug rieselte an den Seiten des Stegs herunter ins Meer. Bond schaute zum Schiff. Während er das tat, ertönte die Sirene drei Mal hintereinander. Der Lärm hallte von den Klippen wider. Dann folgte ein viertes Aufjaulen, das nicht mehr aufhörte. Bond konnte sehen, wie sich der Wachmann an einem Tau festhielt, als er sich aus dem Fenster der Brücke lehnte und nach unten schaute. Bond ließ die Kontrollen los und kümmerte sich nicht weiter darum. Es war Zeit, zu verschwinden.
    Er rutschte vom Metallsitz und beugte sich über die Leiche. Dann nahm er den Revolver aus dem Holster des toten Mannes und betrachtete ihn. Er lächelte hart – .38 Smith & Wesson, das Standardmodell. Er steckte die Waffe in seinen Hosenbund. Es tat gut, das schwere, kalte Metall an seiner Haut zu spüren. Er ging zur offenen Seite des Führerhäuschens und sprang vom Kran hinunter.
    Hinter dem Kran verlief eine Metallleiter an der Klippe nach oben zu der Stelle, an der das Gehäuse des Förderbands aus dem Fels ragte. Eine kleine Tür führte ins Innere der Wellblechkonstruktion. Bond kletterte hastig die Leiter hinauf. Die Tür ließ sich leicht öffnen, und ihm schlug eine Wolke aus Guanostaub entgegen, als er hindurcheilte.
    Im Inneren war das Klappern des Förderbands auf seinen Rollen ohrenbetäubend, doch es gab dämmrige Notlichter in der Felsdecke des Tunnels sowie einen schmalen Steg, der neben dem Band entlang in den Berg hineinführte. Bond lief über den Steg und atmete flach, um

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