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James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

Titel: James Bond 06 - Dr. No (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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Augen. Die Gefahr durchfuhr ihn wie ein elektrischer Schlag und ließ das Leben zurück in seinen Körper fließen, vertrieb die Lethargie und brachte den Überlebenswillen zurück.
    Bond entkrampfte die Finger, die vor langer Zeit den Befehl vom Gehirn erhalten hatten, auf keinen Fall das Messer loszulassen. Er dehnte sie und erneuerte seinen Halt an dem versilberten Griff. Dann streckte er seine Hand nach unten aus und berührte das hakenförmige Ende des Drahtspeers, der immer noch in seinem Hosenbein hing. Er schüttelte ruckartig den Kopf und konzentrierte seinen Blick. Was nun?
    Unter ihm bebte das Wasser. Etwas regte sich in der Tiefe, etwas Gewaltiges. Eine große längliche, grau schimmernde Form erschien tief unten in der Dunkelheit. Etwas wand sich nach oben, eine Peitschenschnur so dick wie Bonds Arm. Die Spitze des Riemens war zu einem schmalen Oval angeschwollen und mit regelmäßigen knospenartigen Markierungen überzogen. Es wirbelte durch das Wasser, wo eben noch die Fische gewesen waren, und wurde wieder zurückgezogen. Nun war nur noch ein großer grauer Schatten zu sehen. Was machte es da? Kostete …? Kostete es etwa das Blut?
    Wie zur Antwort schwammen langsam zwei fußballgroße Augen in Bonds Sichtfeld. Sechs Meter unter seinen eigenen verharrten sie und starrten durch das ruhige Wasser zu ihm hinauf.
    Bond lief ein Schauer über den Rücken. Leise und erschöpft murmelte er einen bitteren Fluch. Das also war Doktor Nos letzte Überraschung, das Ende des Wettlaufs!
    Bond starrte halb hypnotisiert in die wabernden runden Augen unter ihm. Das also war der Riesentintenfisch, der sagenhafte Kraken, der Schiffe in die Tiefen ziehen konnte, das fünfzehn Meter lange Ungetüm, das mit Walen kämpfte und über eine Tonne wog. Was wusste er sonst noch über diese Wesen? Dass sie zwei lange Greifarme und zehn Tentakel zum Festhalten ihrer Beute hatten. Dass sie einen riesigen stumpfen Schnabel unter den Augen hatten, die die einzigen Meerestieraugen waren, die genau wie die menschlichen nach dem Kameraprinzip funktionierten. Dass ihre Gehirne leistungsstark waren, dass sie mit dreißig Knoten rückwärts durchs Wasser schießen konnten, indem sie eine Art Düsenantrieb einsetzten. Dass Harpunen an ihrer schleimigen Haut zerplatzten, ohne sie zu beschädigen. Dass … Die hervorquellenden schwarz-weißen Scheiben der Augen näherten sich ihm. Die Wasseroberfläche zitterte. Nun konnte Bond den Wald aus Tentakeln sehen, der aus dem Gesicht der Kreatur wuchs. Sie wanden sich vor seinen Augen wie ein Knäuel dicker Schlangen. Bond konnte die Punkte der Saugnäpfe an ihrer Unterseite erkennen. Hinter dem Kopf bewegte sich der große Lappen des Mantels lautlos auf und ab, und dahinter verschwand der gummiartige, schimmernde Körper in der Tiefe. Gott, das Ding war so groß wie eine Lokomotive!
    Langsam und vorsichtig wand Bond zuerst seine Füße und dann seine Arme durch die Löcher im Draht und verankerte sich so darin, dass ihn die Tentakel entweder in Stücke reißen oder die gesamte Drahtbarriere mit ihm herunterzerren mussten. Er schaute nach rechts und links. Auf beiden Seiten waren es bis zum Land knapp zwanzig Meter. Und Bewegung, selbst wenn er dazu in der Lage wäre, würde sich als tödlich erweisen. Er musste vollkommen reglos bleiben und beten, dass das Ding das Interesse verlieren würde. Falls das nicht passierte … Bonds Finger klammerten sich vorsichtig um das kümmerliche Messer.
    Die Augen beobachteten ihn kalt und geduldig. Behutsam, wie der tastende Rüssel eines Elefanten, durchbrach einer der langen Fangarme die Oberfläche und kroch am Gitter entlang auf sein Bein zu. Er erreichte seinen Fuß. Bond spürte den harten Kuss der Saugnäpfe. Er bewegte sich nicht. Er wagte es nicht, nach unten zu greifen und damit den Halt seiner Arme im Gitter zu lösen. Die Saugnäpfe zerrten sanft und prüften, wie sehr er nachgeben würde. Es war nicht genug. Wie eine riesige schleimige Raupe kroch der Tentakel langsam an seinem Bein hinauf. Er erreichte die blutige, verbrannte Kniescheibe und hielt dort interessiert inne. Bond biss vor Schmerz die Zähne zusammen. Er konnte sich die Botschaft, die durch den dicken Tentakel zum Hirn wanderte, förmlich vorstellen: Ja, das ist gutes Futter! Und das Gehirn antwortete: Dann schnapp es dir! Bring es zu mir!
    Die Saugnäpfe wanderten weiter bis zum Oberschenkel. Die Spitze des Tentakels war verjüngt, doch dann verbreiterte sie sich plötzlich, sodass sie

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