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James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

Titel: James Bond 06 - Dr. No (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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fast Bonds gesamten Oberschenkel bedeckte. Und dahinter befand sich ein schmaleres Stück. Das war Bonds Ziel. Er würde den Schmerz und das Entsetzen einfach ertragen müssen und warten, bis dieser Bereich in seine Reichweite kam.
    Eine Brise, die erste sanfte Brise des frühen Morgens, wehte flüsternd über die metallisch schimmernde Wasseroberfläche der Bucht. Sie wirbelte kleine Wellen auf, die sanft gegen die Felswände der Klippe schwappten. Ein Schwarm Kormorane erhob sich vom Guanoberg, der sich hundertfünfzig Meter über der Bucht befand, in die Luft, und flog leise krächzend aufs Meer hinaus. Als sie über ihn hinwegsegelten, erreichte der Lärm, der sie aufgeschreckt hatte, auch Bonds Ohren – das dreifache Dröhnen einer Schiffssirene, das bedeutete, dass es bereit war, seine Ladung aufzunehmen. Es kam von Bonds linker Seite. Das Schiff musste sich direkt um die Ecke hinter dem nördlichen Ausläufer der Bucht befinden. Der Tanker aus Antwerpen war eingetroffen. Antwerpen! Ein Teil der Welt dort draußen – der Welt, die eine Million Kilometer entfernt und außerhalb von Bonds Reichweite lag – zweifellos für immer. Direkt um diese Ecke würden sich die Männer in der Kombüse über ihr Frühstück hermachen. Das Radio würde plärren. Das Brutzeln von Eiern und Speck sowie der Geruch von Kaffee würden in der Luft liegen … das Frühstück würde …
    Die Saugnäpfe waren jetzt an seiner Hüfte. Bond konnte in die hornigen Schalen sehen. Ein abgestandener Meeresgeruch drang an seine Nase, während der Arm langsam weiter nach oben kroch. Wie fest war die fleckige graubraune, gummiartige Haut? Sollte er zustechen? Nein, es musste ein schneller, harter Schnitt sein, quer über den Tentakel, als würde man ein Seil durchschneiden. Es spielte keine Rolle, wenn er sich dabei selbst verletzen würde.
    Jetzt! Bond warf einen schnellen Blick in die beiden fußballgroßen Augen, die so geduldig und gleichgültig zu ihm hinaufstarrten. In diesem Moment durchbrach der zweite Fangarm die Oberfläche und schoss direkt auf sein Gesicht zu. Bond zuckte zurück, und der Arm ballte sich vor seinen Augen um das Gitter herum zu einer Faust. In einer Sekunde würde sich der Tentakel um seinen Arm oder seine Schulter legen, und dann wäre er erledigt. Jetzt!
    Der erste Tentakel lag auf seinen Rippen. Fast ohne zu zielen, sauste Bonds Messerhand nach unten und zur Seite. Er spürte, wie die Klinge in das puddingartige Fleisch schnitt, und dann wurde ihm das Messer beinahe aus der Hand gerissen, als der verletzte Tentakel zurück ins Wasser schnellte. Einen Augenblick lang brodelte das Meer um ihn herum. Nun löste sich der zweite Tentakel vom Gitter und klatschte auf seinen Bauch. Der spitz zulaufende Fangarm saugte sich an ihm fest wie ein Blutegel. Bond schrie, als sich die Saugnäpfe in sein Fleisch gruben. Unablässig hieb er wie wild mit dem Messer auf den Tentakel ein. Gott, es fühlte sich an, als würde ihm der Magen herausgerissen! Das Gitter zitterte unter dem Kampf. Unter ihm brodelte und schäumte das Wasser. Er würde nachgeben müssen. Noch ein Stich, dieses Mal in die Oberseite des Tentakels. Es funktionierte! Der Tentakel ließ von ihm ab, wand sich nach unten und verschwand blutend im Wasser, wo er kleine rote Kreise hinterließ.
    Bond hatte keine Zeit, sich Gedanken darüber zu machen. Denn nun hatte der Kopf des Kraken die Oberfläche durchbrochen, und das Meer schäumte unter den Bewegungen des großen, schweren Mantels, der ihn umgab. Die Augen starrten rot und drohend zu ihm hinauf, und der Wald aus Armen schoss zu seinen Füßen und Beinen hinauf, wo sie sich daran machten, den Stoff von der Haut zu reißen. Bond wurde Stück für Stück nach unten gezogen. Der Draht schnitt in seine Achselhöhlen. Er konnte sogar spüren, wie seine Wirbelsäule gestreckt wurde. Wenn er sich weiterhin festhielt, würde er in zwei Hälften gerissen werden. Nun befanden sich die Augen und der große dreieckige Schnabel direkt über dem Wasser, und der Schnabel schnappte nach seinen Füßen. Ihm blieb noch eine letzte Hoffnung, nur eine!
    Bond klemmte sich das Messer zwischen die Zähne und griff nach dem Drahtspeer. Er zog ihn heraus, hielt ihn mit beiden Händen fest und bog den doppelten Draht fast gerade. Er würde einen Arm benötigen, um sich abzustützen und in Reichweite zu gelangen. Wenn er danebentraf, würde er am Zaun in Stücke gerissen werden.
    Schnell, bevor er vor Schmerzen starb! Jetzt!

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