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Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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dass Ankes vielversprechende Laufbahn als Weltklassesportle­rin durch die Aufnahme ins Walküre-Projekt beendet wurde.«
    »Na und?«
    »Die Stasi konnte all ihre Unterlagen verschwinden lassen und den Namen Anke Wollner auslöschen. Genau wie im Fall der beiden anderen Mädchen. Aber nicht, wenn sie außerhalb der DDR erfasst war. Falls sie irgendwann mit einem Team in ein anderes Land gereist ist, selbst wenn es einer der übrigen Warschauer-Pakt-Staaten war, dann ist sie dort registriert. Vielleicht sogar mit einem Foto.«
    »Das ist eine wüste Spekulation, Jan«, entgegnete Karin Ves­tergaard. »Ihr Name ist vielleicht irgendwann und irgendwo er­fasst worden, aber das nützt uns nichts. Warum habe ich das Gefühl, dass Sie mich noch aus einem anderen Grund ange­rufen haben?«
    »Die Ermordung von Jorgen Halvorsen. Sie spielte sich doch in Drobak bei Oslo ab?«
    »Ja.«
    »Außerdem habe ich von Margarethe gehört, dass Anke auf Wintersport spezialisiert war. Skilanglauf, Biathlon, Nordische Kombination und Ähnliches.«
    »Ich begreife immer noch nicht ...«
    »Wenn man eine Juniorenwintersportlerin der Weltklasse war und in den späten Siebzigern, frühen Achtzigern in der DDR aufwuchs, was war dann das größte Ereignis ... die Ver­anstaltung, die den größten Eindruck hinterließ?«
    »Die Olympischen Winterspiele von 1984 in Sarajewo oder ...«
    »Genau, oder die Nordische Skiweltmeisterschaft in Nor­wegen. Und der Schauplatz war das Skizentrum Holmenkollen in Oslo. Sicher, es ist eine wilde Mutmaßung, aber was wäre, wenn die Walküre tatsächlich Anke ist? Vielleicht wurde sie ein bisschen nostalgisch und wollte sich den Ort ansehen, wo sie, wie sie als Mädchen geträumt hatte, eines Tages zum Wettbe­werb antreten würde. Oder sie musste einfach ein wenig Zeit totschlagen, bevor sie Halvorsen tötete.«
    »Ich werde mich an die norwegische Polizei wenden«, sagte Karin Vestergaard. »Holmenkollen ist heutzutage ein Besu­cherzentrum und Museum. Vielleicht hat man dort CCTV.«
    »Daran hatte ich auch gedacht. Danke, Karin. Es mag Spe­kulation sein, aber wenn wir dadurch ein Gesicht bekom­men ...«
     
    Er rief Susanne über ihr Handy an. Sie saß bereits im Zug nach München, und die beiden plauderten eine Zeit lang. Fabel er­wähnte, dass er auf dem Rückweg etwas essen und dann früh ins Bett gehen wolle. Ein wichtiger Tag erwarte ihn.
     
    Fabel bestellte sich eine Mahlzeit in einem Cafe in Altona-Alt­stadt, bevor er nach Hause fuhr. Am liebsten hätte er geduscht, doch er beschloss, bis zum Morgen zu warten, weil er müde war und fürchtete, dass eine Dusche ihn zu sehr aufmuntern und am Schlafen hindern würde. Gegen 22.15 Uhr sank er in einen tiefen Schlummer.
    Er hatte keine Ahnung, wie lange er fast besinnungslos dage­legen hatte. Die Grenze zwischen Schlaf und Wachen war ver­schwommen. Ihm wurde vage bewusst, dass Susannes warmer Körper neben ihm lag. Er spürte ihre Brüste an seinem Rücken, dann ihren Mund und ihre Zunge an seinem Hals; ihre Hand an seiner Seite, auf seinem Schenkel, an seinem Bauch. Nun hielt sie ihn und erweckte ihn liebkosend, streichelnd zum Leben. Sein Erwachen und seine Erregung rührten sich gemeinsam.
    Dann Verwirrung.
    Susanne war fort. Er hatte mit ihr telefoniert, doch nun spürte er ihre Zunge in seinem Ohr. Nein, nicht ihre Zunge, nicht Susannes. Jäh war er hellwach. Er versuchte, sich umzu­drehen, um herauszufinden, wer mit ihm im Bett lag, als ihm etwas die Kehle zusammenschnürte. Er konnte nicht atmen und war plötzlich benommen.
    Er hob die Hand, und die Garrotte um seinen Hals straffte sich noch mehr.
    »Lieg still«, flüsterte sie ihm ins Ohr. Wie eine Geliebte. »Lieg still, oder du stirbst.« Der Druck an seiner Kehle ließ nach, doch sie streichelte ihn immer noch mit der anderen Hand. »Ich möchte dich nicht töten.« Es war ein kaum hörba­res, atemloses Flüstern. »Aber ich werde es tun, wenn du mir nicht gehorchst. Verstehst du?«
    Fabel wollte antworten, aber die Garrotte hatte seine Stimme erstickt. Deshalb nickte er nur.
    »Weißt du, wer ich bin?«
    Er nickte erneut, und seine Benommenheit ließ mit der Lo­ckerung der Schlinge nach. Seine Gedanken überschlugen sich, und er überlegte, ob er um sein Leben kämpfen sollte. Doch er wusste, dass sie ihn erdrosseln würde, sobald er sich bewegte.
    »Ich bin eine Walküre.« Ihre Stimme war sanft und warm an seinem Ohr, und ihre Hand massierte ihn weiterhin. »Aber ich bin nicht

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