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Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Werners anzügliches Grinsen. »Sie bestätigen, dass vor und nach seinem Konzert nichts Ungewöhnliches passiert ist. Sie haben ihn auf seiner gesamten Tournee begleitet und sagen aus, dass sich seit seiner Ankunft in Deutschland nichts Beunruhigendes ereignet hat. Auch sind sie ziemlich sicher, dass Westland den Besuch auf dem Kiez spontan beschlossen hat. Kurz, ich glaube, dass diese beiden Möglichkeiten ausge­schlossen werden können. Und damit sind wir bei ...«
    Fabel zog einen Kreis um das Wort ENGEL.
    »Zwischen 1996 und 1999 wurden fünf Männer auf dem Kiez umgebracht. Ihr Alter lag zwischen fünfunddreißig und sie­benundfünfzig Jahren. Alle Opfer waren häufige Besucher der Reeperbahn und von Prostituierten. Jedes Opfer fand sein Ende auf die gleiche Art: Ihm wurde die Kehle mit einem einzigen seitlichen Stoß durchbohrt. Der Schnitt wurde immer an der rechten Halsseite angesetzt, wonach das Messer die Luftröhre durchtrennte. Der Tod dürfte ziemlich rasch und, da die Luft­röhre durchschnitten war, lautlos gewesen sein. Man fand die Leichen in verschiedenen Teilen des Kiez, meist im Auto der Opfer. Kriminaltechnisch ließ sich nachweisen, dass sie vom Beifahrersitz ihres Wagens angegriffen worden waren. Keine fo­rensischen Spuren - Fingerabdrücke, DNA, Fasern - sind je ent­deckt worden. Aber vielleicht hat die Mörderin diesmal einen Fehler begangen. Wir haben ein einzelnes blondes Haar am Tat­ort gefunden. Wenn es wirklich der Mörderin gehört, wäre das ein weiterer Unterschied gegenüber den vorherigen Überfällen. Außerdem ließ die als Engel bezeichnete Mörderin ihre Opfer nie so lange am Leben, dass sie uns mitteilen konnten, wer die Tat begangen hatte. Der letzte Tote der ersten Serie, ein neun­undvierzig Jahre alter Schiffsingenieur, wurde im November 1999 aufgefunden. Danach ereignete sich nichts mehr.«
    »Bis jetzt...«, sagte Werner.
    »Woher kommt der Name >der Engel    »Es gab damals ein ungeheures Medieninteresse an dem Fall, wie bestimmt noch jeder von euch weiß«, antwortete Fa­bel. »Gestern Abend bin ich vor der Davidwache von Sylvie Achtenhagen und ihrem Kamerateam empfangen worden. Frau Achtenhagen ist inzwischen durch ihre Nachrichtenshow auf HanSat ihrerseits zu einem Star geworden. Aber vor zehn Jah­ren hatte noch niemand von ihr gehört. Sie war eine junge und sehr ehrgeizige Reporterin bei einem der öffentlichen Sender. Dank ihrer Berichterstattung über die Morde konnte sie sich ein Renommee aufbauen und durfte schließlich eine einstün­dige Sondersendung über den Fall leiten.
    Ich muss zugeben, dass sie die Sache sehr geschickt gehand­habt hat, auch wenn sie mit ihren Schlussfolgerungen erheblich danebenlag. Im Wesentlichen verlieh Achtenhagen dem Gan­zen einen feministischen Dreh. Ihre Interpretation lautete, dass fast genau hundert Jahre nach Jack the Ripper ein weiblicher Ripper genau das Gleiche in Hamburg tat. Wir alle kennen die Redensart, dass Hamburg der östlichste Vorort von London ist. Achtenhagen übertrieb die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Städten. Beide Mordserien hatten mit einem scharfen chirur­gischen Messer, der Verstümmelung von Leichen und der Mit­nahme von Trophäen zu tun. Bei Jack the Ripper waren diese Trophäen manchmal Genitalien, beim Engel dagegen aus­schließlich Genitalien. Beide Mordserien fanden in Rotlicht­vierteln statt: in London in Whitechapel, in Hamburg auf dem Kiez. Und bei beiden Mordserien ging es um Prostituierte und ihre Kunden.«
    »War ... ist der Engel zweifelsfrei eine Prostituierte?«, fragte Werner.
    »Offenbar. Jedenfalls gibt sie sich als Prostituierte aus. Wie auch immer, Sylvie Achtenhagen verwies darauf, dass hier die übliche Vorstellung umgekehrt wurde: Während Jack the Rip­per die uralte Unterdrückung und Misshandlung von Frauen durch Männer repräsentiere, verkörpere der Engel ihre Befrei­ung. Völliger Blödsinn natürlich, aber er beflügelte die Fantasie, sodass der Engel zu einem feministischen Symbol wurde. Ach­tenhagen schaffte es anzudeuten - und zwar sehr subtil -, dass im Grunde die Opfer die Täter waren.«
    »Und in Sylvie Achtenhagens Dokumentarfilm wurde die Mörderin zum ersten Mal als >Engel< bezeichnet?«, wollte Anna wissen.
    »Sie hatte geplant, sich mit ihrer einstündigen Sondersen­dung einen Namen zu machen. Das ist ihr gelungen. Aber sie hat auch einen Namen für die Täterin geschaffen. Die Bezeich­nung >Engel von St. Pauli<

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