Jan Fabel 05 - Walküre
Verbrechensablauf passte, ein vergessenes Indiz, durch das sich das gesamte Bild änderte - das waren Dinge, die Werner auffielen, auch wenn alle anderen, darunter Fabel, sie übersahen. Fabel baute auf Werners Ratschläge, und es beunruhigte ihn, dass sein Freund meinte, er mache Anna gegenüber einen Fehler.
»Ich weiß«, sagte Werner, »dass du nach einem Ersatz für Maria Klee suchst, damit ich wieder einen Partner habe. Lass mich bis dahin mit Anna zusammenarbeiten. Henk und Dirk könnten vorläufig ein Team bilden. Ich glaube, dass Anna und ich einander gut ergänzen würden. Lass es uns ein oder zwei Monate lang versuchen. Wenn du dann immer noch meinst, dass sie gehen soll, dann werde ich nichts dagegen einwenden.«
»Hast du mit ihr bereits über diese Idee gesprochen?«, fragte Fabel misstrauisch.
»Nein, ganz bestimmt nicht. Aber Anna will unbedingt in der Mordkommission bleiben, Jan. Und ihr Weggang wäre ein großer Verlust für das Team. Noch ein Verlust. Sie ist eine gute Beamtin, die nur auf Vordermann gebracht werden muss. Lass mich einen Versuch machen.«
»Gut, ich werd mir's überlegen«, versprach Fabel.
5.
»Ein anstrengender Tag?«
»Ich dachte, du würdest schlafen«, flüsterte Fabel dem Schatten im Bett zu.
»Habe ich auch. Aber war's ein anstrengender Tag?«
»Das Übliche. Mord. Chaos. Papierkram. Und bei dir?«
»Genauso. Wie ich höre, hast du einen neuen Prominentenmord am Hals. Bist du sicher, dass du sie nicht selbst begehst, nur um deine Laufbahn voranzubringen?«
»Unsere Laufbahn. Wahrscheinlich werde ich dich heranziehen müssen«, sagte Fabel. »Also abgemacht, ich bringe sie weiterhin um, damit wir beide Arbeit haben.« Er schlüpfte zwischen die Laken, die sich kühl und sauber auf seiner Haut anfühlten. »Übrigens, hast du meinen MP3-Player herumliegen sehen?«
»Nein. Das hast du mich schon gefragt. Wie ist es mit Renate gelaufen?«
Fabel atmete tief durch. »Wie soll es mit Renate schon laufen? Sie war verbittert wie immer. Ich weiß nicht, wie sie es schafft, die Situation so umzudrehen, dass sie plötzlich die Geschädigte ist. Behrens hat ihr den Laufpass gegeben, nicht ich.«
»Das ist typisch Frau.« Susanne kehrte ihm immer noch den Rücken zu. »Wenn du den Mann, der die Schuld hat, nicht finden kannst, dann finde einen Mann, dem du die Schuld geben kannst. Ich mache dich dafür verantwortlich, dass mich Heinz Zimmermann nicht als Partnerin für unsere Kindergartenparade gewählt hat.«
»Ich wusste doch, dass du mir irgendetwas übel nimmst«, meinte Fabel. »Egal, Gabi denkt daran, Polizistin zu werden. Renate gibt mir dafür die Schuld und will, dass ich es ihr ausrede.«
»Wirst du das tun?«
»Nein. Ich werde es ihr nicht ausreden, sondern ihr alles ganz genau beschreiben, damit sie sich ein vollständiges Bild machen kann.«
»Lass uns morgen darüber sprechen.« Susannes Stimme war belegt vor Schläfrigkeit, doch Fabel rutschte an sie heran, legte die Arme um sie und ließ eine Hand auf ihrer Brust ruhen.
»Ich möchte die Sache mit der Kindergartenparade gern wiedergutmachen«, murmelte er.
6.
Jespersen war erleichtert gewesen, dass im Flugzeug niemand neben ihm gesessen hatte. Er nutzte Reisen am liebsten, um seine Gedanken zu ordnen: um die Dinge zu bewerten und umfassendere Überlegungen anzustellen. Der Flug der Scandinavian Airlines von Kopenhagen nach Hamburg-Fuhlsbüttel hatte nur wenig mehr als fünfzig Minuten gedauert, doch für Jens Jespersen reichte das, die Informationen zu verarbeiten, die er sich von Europol über den Ersten Kriminalhauptkommissar Jan Fabel verschafft hatte.
Die meisten Einzelheiten bezogen sich auf die Beraterrolle, die Fabel für Fälle außerhalb der Hamburger Zuständigkeit spielte. Europol pries ihn als bedeutenden Experten für komplexe Mordermittlungen an. Als »Mann für schwierige Fälle«, wie die Amerikaner sagen würden. Jespersen hatte wenig für die Amerikaner übrig. Und für die Deutschen noch weniger.
Als die Sitzgurtlämpchen angingen und Jespersen den Ordner in seinen Aktenkoffer verstaute, räumte er widerwillig ein, dass der Hauptkommissar wahrscheinlich die beste Kontaktperson für eine Unterredung war. Eine Unterredung worüber? Plötzlich begriff Jespersen, dass er eine lange Strecke zurückgelegt hatte, um den Deutschen zu treffen, obwohl es gar nicht viel zu besprechen gab. Alles, was er hatte, war die Bemerkung eines
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