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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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Landstraße schon irgendetwas zu erkennen ist. Von dort kann man in der Richtung nach Millcote sehr weit sehen.« Sie trat ans Fenster. »Da kommt er ja!«
    »Nun, John«, rief sie, sich hinauslehnend, »was gibt es? Irgendetwas zu sehen?«
    »Sie kommen, Madam«, lautete die Antwort. »In zehn Minuten werden sie hier sein.«
    Adèle flog ans Fenster. Ich folgte ihr, mich behutsam auf der Seite haltend, damit ich, vom Vorhang geschützt, sehen konnte, ohne gesehen zu werden.
    Die zehn Minuten, welche John prophezeit hatte, schienen sehr lang. Aber endlich hörten wir das Rollen der Räder; vier Reiter sprengten den Weg herauf und ihnen folgten zwei offene Wagen. Wehende Schleier und wogende Federn füllten die Equipagen; zwei der Kavaliere waren junge, elegante Herren, der dritte war Mr. Rochester auf seinem schwarzen Pferd Mesrour. Pilot sprang in großen Sätzen vor ihm her, ihm zur Seite ritt eine Dame. Sie und er waren die ersten der Gesellschaft. Ihr dunkelrotes Reitkleid berührte beinahe den Boden, ihr langer Schleier flatterte im Wind und reiche, rabenschwarze Locken schienen durch seine Falten.
    »Miss Ingram!«, rief Mrs. Fairfax aus, und in der größten Eile begab sie sich auf ihren Posten unten in der Halle.
    Die Kavalkade folgte den Biegungen des Fahrweges, der um die Ecke des Hauses bog, und ich verlor sie aus den Augen. Jetzt bat Adèle, hinuntergehen zu dürfen, aber ich nahm sie auf meinen Schoß und machte ihr begreiflich, dass sie unter keinen Umständen vor das Angesicht der Damen treten dürfe, weder heute noch zu irgendeiner anderen Zeit,wenn sie nicht ausdrücklich dazu aufgefordert werde, andernfalls würde Mr. Rochester sehr ärgerlich sein. Als ich ihr dies sagte, vergoss sie natürlich einige Tränen; da ich aber eine sehr ernste Miene machte, trocknete sie diese rasch wieder.
    Jetzt tönte ein fröhliches Lärmen aus der Halle herauf; die tiefen Stimmen der Herren und die silbernen Stimmen der Damen mischten sich harmonisch. Über allen anderen hörte man die sonore Stimme des Gebieters von Thornfield Hall, der die schönen und galanten Gäste unter seinem Dache willkommen hieß. Dann kamen leichte Schritte die Treppe herauf, und aus der Galerie vernahm man ein Trippeln, leises, fröhliches Lachen und ein Öffnen und Schließen von Türen. Dann war für eine Weile alles still.
    »Elles changent de toilettes«, sagte Adèle, welche aufmerksam lauschte und jede Bewegung verfolgte. Sie seufzte.
    »Chez maman«, sagte sie, »quand il y avait du monde, je le suivais partout, au salon et à leurs chambres; souvent je regardais les femmes de chambre coiffer et habiller les dames, et c’était si amusant: comme cela on apprend.«
    »Bist du nicht hungrig, Adèle?«
    »Mais oui, Mademoiselle: voilà cinq ou six heures que nous n’avons pas mangé.«
    »Nun gut, während die Damen in ihren Zimmern sind, will ich mich hinunterwagen und dir etwas zu essen holen.«
    Mit größter Vorsicht verließ ich mein Asyl und ging zur Hintertreppe, welche direkt in die Küche führte. Dort war alles Feuer, Hitze und Bewegung: Die Suppe und der Fisch waren im letzten Stadium des Werdens, und die Köchin hing über ihren Tiegeln in einem körperlichen und nervlichen Zustand, welcher befürchten ließ, dass sie augenblicklich Feuer fing. In der Halle der Dienstboten standen und saßen mehrere Kammerdiener und zwei Kutscher ums Feuer; die Zofen waren vermutlich oben bei ihren Gebieterinnen. Die neuen Dienstboten, welche aus Millcote gemietetwaren, waren überall geschäftig. Mich durch dieses Chaos hindurchwindend, erreichte ich endlich die Speisekammer. Dort nahm ich ein kaltes Huhn, ein Weißbrot und einige kleine Torten sowie zwei Teller und Besteck. Mit dieser Beute trat ich eilig den Rückzug an. Ich hatte die Galerie schon wieder erreicht und schloss gerade die Hintertür, als ein lauter werdendes Stimmengemurmel mir verkündete, dass die Damen im Begriff waren, ihre Zimmer zu verlassen. Ich konnte nicht in das Schulzimmer gelangen, ohne an einigen ihrer Türen vorüberzugehen und mit meiner Lebensmittelladung ertappt zu werden. Also blieb ich an diesem Ende des Ganges stehen, der keine Fenster hatte und folglich dunkel war – um diese Zeit schon vollständig dunkel, denn die Sonne war bereits untergegangen und die Dämmerung sank herab.
    In diesem Augenblick entließen die Gästezimmer ihre schönen Bewohnerinnen eine nach der anderen, und jede Einzelne kam fröhlich und lustig heraus in einer Toilette,

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