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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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Glut mein Gesicht überzog. Weshalb meine Hand zitterte und ich unwillkürlich die Hälfte meiner Tasse auf die Unterschale vergoss, darüber wollte ich nicht weiter nachdenken.
    »Nun, manchmal ist mir’s, als lebten wir hier zu einsam; aber jetzt werden wir für eine kurze Weile vielleicht genug zu tun bekommen«, sagte Mrs. Fairfax, während sie noch immer den Brief vor ihre Brillengläser hielt.
    Bevor ich mir noch erlaubte, sie um eine Erklärung zu bitten, band ich Adèles Schürzenbänder, die lose herabhingen, wieder zusammen. Nachdem ich ihr noch einen Kuchen gegeben und ihren Becher erneut mit Milch gefüllt hatte, sagte ich ganz nachlässig:
    »Vermutlich kehrt Mr. Rochester fürs Erste noch nicht zurück?«
    »In der Tat kehrt er zurück – in drei Tagen schon, wie er sagt. Das würde also am nächsten Donnerstag sein, und er kommt nicht allein. Ich weiß nicht, wie viele von den feinen Leuten von Leas mit ihm kommen, er schickt mir nur dieWeisung, dass alle guten Fremdenzimmer instand gesetzt werden müssen. Die Bibliothek und die Salons sollen gereinigt werden, und aus dem ›George Inn‹ in Millcote soll ich mir Hilfspersonal für die Küche holen lassen, oder wenn nicht von dort, so von irgendeinem andern Orte. Die Damen werden ihre Zofen und die Herren ihre Kammerdiener mitbringen; wir werden also ein volles Haus haben.« Und Mrs. Fairfax verschlang schnell ihr Frühstück und eilte von dannen, um mit den Vorbereitungen zu beginnen.
    Wie sie es vorausgesagt hatte, brachten die drei Tage Beschäftigung genug. Ich hatte immer geglaubt, dass alle Zimmer auf Thornfield Hall aufs Schönste gereinigt und hergerichtet wären, aber anscheinend hatte ich mich geirrt. Drei Frauen wurden geholt, um Hilfsdienste zu leisten, und niemals habe ich vorher oder nachher ein solches Scheuern, solches Bürsten, solches Waschen von Wänden, Ausklopfen von Teppichen, Herabnehmen und Wiederaufhängen von Bildern, Polieren von Spiegeln und Kronleuchtern, solch ein Anzünden von Kaminfeuern in Schlafzimmern, solch ein Lüften von Betttüchern und Federbetten gesehen. Adèle rannte inmitten all dieser Vorgänge wie wild umher. Die Vorbereitungen für die Besucher und die Aussicht auf ihre Ankunft schienen sie förmlich in Ekstase zu versetzen. Sie wollte, dass Sophie all ihre
toilettes
, wie sie ihre Kleider nannte, genau durchsah. Jene, welche
passées
waren, mussten ausgebessert werden, die neuen mussten gelüftet und bereitgelegt werden. Was sie selbst anbetraf, tat sie nichts, als in den Vorderzimmern umherzulaufen, auf die Betten hinauf- und wieder herunterzuspringen und sich vor den enormen Feuern, welche in den Kaminen loderten, auf den aufgehäuften Matratzen, Kopfkissen und Federpolstern umherzuwälzen. Von allen Schulpflichten war sie dispensiert; Mrs. Fairfax hatte mich verpflichtet, ihr zur Hand zu gehen, und ich war während des ganzen Tages in den Vorratskammern, ihr und der Köchin helfend oder auch beidein ihrer Arbeit hindernd. Ich lernte Vanillepudding, Käsekuchen und französisches Gebäck zu bereiten, Dessertschüsseln zu garnieren und Wildbret zu spicken.
    Die Gesellschaft wurde am Donnerstagnachmittag erwartet, rechtzeitig, um das Dinner um sechs Uhr einnehmen zu können. In der dazwischen liegenden Zeit hatte ich nicht die Muße, meinen Schimären nachzuhängen, und ich glaube, dass ich ebenso fröhlich und tätig war wie alle anderen – mit Ausnahme Adèles. Aber dann und wann wurde meine Fröhlichkeit doch gedämpft, und gegen meinen Willen verfiel ich wieder in Zweifel und die Region der Möglichkeiten und dunklen Vermutungen. Dies geschah immer nur, wenn mein Auge zufällig auf die Treppentür des dritten Stockwerks fiel, und diese, die in der jüngsten Zeit immer verschlossen gewesen war, sich langsam öffnete und Grace Pooles Gestalt mit sauberer Mütze, weißer Schürze und Halstuch heraustrat. Oft sah ich sie die Galerie entlanggleiten, ihr leiser Tritt wurde noch durch dicke Filzschuhe gedämpft. Dann pflegte sie wohl in eines der Schlafzimmer zu treten, in denen alles drunter und drüber ging, und den Arbeitsfrauen Anweisungen zu geben, wie man ein Kamingitter am besten polieren oder einen Kaminsims reinigen oder Flecken von den Tapeten entfernen könne. Dann ging sie weiter. So stieg sie einmal am Tag in die Küche hinunter, aß ihr Mittagsmahl, rauchte eine kleine Pfeife in der Ofenecke und ging dann zurück, einen Topf mit Porter zu ihrem privaten Trost in ihren eigenen, düsteren,

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