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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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meinen Verwandten nicht auf einem solchen Fuße, dass ich das Recht hätte, Gefälligkeiten von ihnen zu verlangen. Aber ich werde annoncieren.«
    »Sie würden die ägyptischen Pyramiden hinaufklettern!«, knurrte er. »Aber annoncieren Sie nur immer auf Ihre eigene Gefahr hin! Ich wünschte, ich hätte Ihnen nur einen Souvereign anstatt jener zehn Pfund gegeben. Geben Sie mir neun Pfund zurück, Jane, ich brauche sie!«
    »Und ich brauche sie ebenfalls, Sir«, entgegnete ich, indem ich die Hand mit der Börse hinter meinem Rücken verbarg.»Ich kann unter keinen Umständen auf das Geld verzichten.«
    »Kleiner Geizhals!«, sagte er, »Sie schlagen meine Bitte um Geld wirklich ab! Geben Sie mir fünf Pfund, Jane!«
    »Nicht fünf Schilling, Sir, noch nicht einmal fünf Pence.«
    »Lassen Sie mich das Geld nur noch einmal sehen!«
    »Nein, Sir, ich kann Ihnen nicht trauen.«
    »Jane!«
    »Sir!«
    »Versprechen Sie mir eins!«
    »Ich verspreche ihnen alles, Sir, wovon ich denke, dass ich es halten kann.«
    »Annoncieren Sie nicht. Und überlassen Sie die Suche nach einer Stellung mir. Ich werde rechtzeitig etwas für Sie finden.«
    »Das will ich mit Freuden tun, Sir, wenn Sie mir Ihrerseits versprechen, dass sowohl ich wie Adèle glücklich aus dem Hause sein werden, bevor Ihre Braut einzieht.«
    »Sehr gut! Sehr gut! Darauf kann ich Ihnen mein Wort geben! Sie reisen also morgen?«
    »Ja, Sir, sehr früh.«
    »Werden Sie nach dem Dinner noch in den Salon hinunterkommen?«
    »Nein, Sir. Ich muss meine Reisevorbereitungen treffen.«
    »So müssen wir uns jetzt für eine kleine Weile Lebewohl sagen?«
    »Vermutlich, Sir.«
    »Und wie betragen sich die Menschen bei der Zeremonie des Abschiednehmens, Jane? Lehren Sie mich das, ich verstehe mich nicht recht darauf.«
    »Sie sagen ›Lebe wohl!‹ oder irgendetwas anderes, das ihnen gefällt.«
    »Also sagen Sie es.«
    »Leben Sie wohl, Mr. Rochester, für jetzt.«
    »Und was muss ich sagen?«
    »Dasselbe, wenn Sie wollen, Sir.«
    »Leben Sie wohl, Miss Eyre, für jetzt! – Ist das alles?«
    »Ja.«
    »Nach meinen Begriffen klingt das armselig, trocken und unfreundlich. Ich möchte noch etwas anderes, eine kleine Zugabe zum Ritual. Wenn man sich zum Beispiel die Hände reichte … Aber nein, das würde mich auch noch nicht zufriedenstellen. Sie wollen also nichts weiter tun, als mir einfach Lebewohl sagen, Jane?«
    »Es genügt, Sir. Ein einziges herzliches Wort kann genauso viel Wohlwollen enthalten wie viele Wörter.«
    »Vielleicht! Aber es klingt doch leer und kalt – ›Leben Sie wohl!‹«
    ›Wie lange wird er noch so mit dem Rücken gegen die Tür gelehnt dastehen?‹, fragte ich mich. ›Ich möchte doch gern mit dem Packen anfangen.‹
    Die Dinnerglocke läutete, und plötzlich schoss er pfeilschnell ohne ein weiteres Wort zur Tür hinaus. Ich sah ihn an diesem Tag nicht wieder, und am nächsten Morgen war ich schon lange unterwegs, bevor jemand im Hause aufgestanden war.
    Am Nachmittag des ersten Mai erreichte ich gegen fünf Uhr das Pförtnerhäuschen von Gateshead. Bevor ich zum Herrenhaus hinaufging, trat ich zunächst hier ein. Es war außerordentlich sauber und hübsch. Vor den architektonisch schönen Fenstern hingen kleine, weiße Vorhänge, der Fußboden war fleckenlos, der Herd und die Feuerzange waren blank poliert, und das Feuer loderte lustig empor. Bessie saß in der Ofenecke und stillte ihren Letztgeborenen, Robert und sein Schwesterchen spielten still in einem Winkel.
    »Gott segne Sie! Ich wusste ja, dass Sie kommen würden!«, rief Mrs. Leaven bei meinem Eintritt.
    »Ja, Bessie«, sagte ich, nachdem ich sie umarmt hatte, »und hoffentlich komme ich nicht zu spät. Wie geht es Mrs. Reed? Sie ist doch noch am Leben?«
    »Ja, sie lebt noch, und sie ist ruhiger und gesammelter als sie war. Der Doktor sagt, dass es noch eine oder zwei Wochen mit ihr dauern kann, aber er glaubt nicht, dass sie sich noch einmal erholen wird.«
    »Hat sie kürzlich wieder von mir gesprochen?«
    »Heute Morgen erst hat sie von Ihnen gesprochen und gewünscht, dass Sie kommen möchten. Aber jetzt schläft sie. Wenigstens schlief sie, als ich vor zehn Minuten oben im Herrenhaus war. Gewöhnlich liegt sie während des ganzen Nachmittags in einer Art von Lethargie und erwacht erst gegen sechs oder sieben Uhr. Miss, wollen Sie sich hier nicht eine Stunde ausruhen? Später werde ich dann mit Ihnen hinaufgehen.«
    Hier trat Robert ein, und Bessie legte ihr schlafendes Kind in

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