Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
Vom Netzwerk:
hätte ich Sie gefragt, ob dieser Schmuck nicht gut genug sei für ein Mädchen, das ihrem Gatten weder Reichtum, noch Schönheit oder Familie zubringen könne. Ich sah deutlich vor mir, wie Sie aussehen würden, und ich hörte schon Ihre ungestümen, republikanischen Antworten und Ihre hochmütige Versicherung, dass Sie es nicht nötig hätten, Ihren Reichtum durch die Heirat mit einem Geldbeutel oder Ihre Stellung durch die Verbindung mit einer Krone zu befestigen.«
    »Wie gut du mich zu lesen verstehst, du kleine Hexe!«, fiel Mr. Rochester hier ein. »Was fandest du aber außer der Stickerei noch an dem Schleier? Hast du Gift oder einen Dolch darin gefunden, dass du so traurig aussiehst?«
    »Nein, nein, Sir, außer der Zartheit und dem Reichtum der Arbeit fand ich nur noch Fairfax Rochesters Stolz darin, und der erschreckte mich nicht, weil ich an den Anblick dieses Dämons schon gewöhnt bin. Aber, Sir, als es dunkel wurde, erhob sich der Wind. Gestern Abend wehte er nicht, wie er jetzt weht, wild und laut, sondern mit einem klagenden Laut, der viel gespensterhafter klang. Wie wünschte ich, dass Sie zu Hause wären. Ich trat in dieses Zimmer, und der Anblick des kalten, schwarzen Kamins und Ihres leeren Lehnstuhls ließ mich frösteln. Als ich endlich zu Bett gegangen war, konnte ich noch lange nicht schlafen – ein Gefühl angstvoller Erregung quälte mich. Der noch immer pfeifende Wind schien mir einen anderen, traurigen Laut zu übertönen. Ob dieser aus dem Haus oder von draußen käme, konnte ich zuerst nicht unterscheiden, aber als der Wind sich einen Augenblick legte, hörte ich ihn von Neuem: langsam, trübselig und gedehnt. Schließlich meinte ich, dass es ein Hund sein müsse, der in einiger Entfernung heulte. Ich war froh, als es endlich aufhörte. Beim Einschlafen nahm ich das Bild einer düsteren, stürmischen Nacht mit in meine Träume hinüber, aber auch den innigen, heißen Wunsch, in Ihrer Nähe zu sein – und das Bewusstseineines Hindernisses, das sich zwischen uns auftürmte und uns trennte. Während der ersten Stunden meines Schlafes verfolgte ich einen unbekannten, verschlungenen Pfad, totale Finsternis umgab mich, der Regen durchnässte mich. Ich trug eine schwere Last, ein kleines Kind, ein sehr zartes, kleines Wesen, das zu jung und zu schwach war, um zu gehen, und das in meinen Armen vor Kälte bebte und jämmerlich schrie. Mir war, Sir, als seien Sie mir auf derselben Straße um eine lange Strecke voraus, und ich spannte alle meine Kräfte an, Sie einzuholen. Ich machte unzählige Anstrengungen, Ihren Namen zu rufen und Sie zu bitten, dass Sie in Ihrem Lauf innehalten möchten, aber meine Bewegungen waren gelähmt, und meine Stimme verhallte ungehört, während Sie – das fühlte ich – sich weiter und weiter entfernten.«
    »Und diese Träume lasten jetzt noch auf deiner Seele, Jane, jetzt, wo ich doch an deiner Seite bin? Du kleines, nervöses Ding! Vergiss dein eingebildetes Weh und denk nur an dein wirkliches Glück! Du sagst, dass du mich liebst, Janet, ja – ich werde das niemals vergessen, und du kannst es auch nicht leugnen.
Diese Worte
erstarben nicht auf deinen Lippen, ich vernahm sie klar, sanft und deutlich; vielleicht um eine Spur zu feierlich, aber süß wie Musik: ›Ich finde es wunderbar, hoffen zu dürfen, mit dir zu leben, Edward, denn ich liebe dich.‹ – Liebst du mich, Jane? Wiederhole es.«
    »Ich liebe Sie, Sir. – Ich liebe Sie von ganzem Herzen.«
    »Nun«, sagte er nach minutenlangem Schweigen, »es ist seltsam, aber diese Worte haben meine Brust schmerzhaft durchbohrt. Warum? Ich weiß es nicht. Vielleicht, weil du die Worte mit einem so ernsten, frommen Nachdruck aussprachst, und weil du mich mit so viel innigem Glauben, so viel Vertrauen und Hingebung anblicktest. Es ist immer, als umschwebe mich irgendein Geist. Blicke böse, Jane, das verstehst du ja so gut; schenk mir dein wildes, scheues, herausforderndes Lächeln; sag mir, dass du mich verabscheust– necke mich, ärgere mich; tu alles, nur mache mich nicht weich! Ich möchte lieber, dass du mich erzürnst, als dass du mich rührst.«
    »Wenn ich meine Geschichte zu Ende erzählt habe, will ich Sie herausfordern und rasend machen, Sir. Aber jetzt müssen Sie mir noch zuhören.«
    »Ich glaubte, Jane, dass du mir schon alles erzählt hättest. Ich meinte, dass die Quelle deiner Melancholie diesem Traum entspringen würde!«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Was gibt es noch mehr? Ich will nicht

Weitere Kostenlose Bücher