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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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Viertelmeile gegangen war, hörte ich Hufschläge. Ein Reiter kam im vollen Galopp daher, ein Hund lief neben ihm. Fort mit denbösen Ahnungen, er war es! Da saß er hoch zu Ross auf Mesrour, Pilot folgte ihm. Er sah mich, denn der Mond hatte sich jetzt gerade ein großes, blaues Feld am Himmel erobert und segelte auf dieser klaren Fläche dahin. Mr. Rochester nahm seinen Hut ab und schwenkte ihn hoch über seinem Kopf, ich lief ihm entgegen.
    »Sieh da!«, rief er aus, indem er sich vom Pferd herabbeugte und mir die Hand reichte. »Du kannst nicht ohne mich sein, das ist doch ganz offensichtlich! Steig auf die Spitze meines Stiefels, gib mir beide Hände und spring herauf!«
    Die Freude machte mich behende, ich gehorchte und schwang mich aufs Pferd. Er gab mir einen herzhaften Willkommenskuss und jubelte ein wenig über mich, was ich mir so geduldig wie möglich gefallen ließ. Dann unterbrach er die Äußerungen seiner Freude, um mich zu fragen:
    »Ist irgendetwas geschehen, Jane, dass du mir um diese Stunde entgegenkommst? Ist ein Unglück passiert?«
    »Nein. Aber ich glaubte, dass Sie nimmermehr kommen würden. Ich konnte es nicht länger ertragen, im Haus auf Sie zu warten. Und dann dieser Regen, dieser Wind!«
    »Regen und Wind, in der Tat! Ja, du triefst ja wie eine Meerjungfrau; wickle dich in meinen Mantel! Ich glaube, du fieberst, Jane – deine Wangen und deine Hände sind brennend heiß. Ich frage dich noch einmal, ist irgendetwas vorgefallen?«
    »Jetzt ist’s nichts mehr. Ich bin weder furchtsam noch unglücklich!«
    »Also dann warst du beides?«
    »Ein wenig, ja. Aber ich werde Ihnen das alles nach und nach erzählen, Sir, und ich bin fest überzeugt, dass Sie über meine Sorgen nur lachen werden.«
    »Wenn der morgige Tag vorüber ist, werde ich herzlich über dich lachen, früher habe ich nicht den Mut dazu: Der Preis ist mir noch nicht gewiss. Bist du es wirklich, die währenddes ganzen letzten Monats so glatt wie ein Aal und so dornig wie eine Heckenrose war? Ich konnte nirgends meine Hand hinlegen, ohne gestochen zu werden. Und jetzt ist es, als hielte ich ein verirrtes Lamm in meinen Armen. Du hast die Herde verlassen, um deinen Hirten zu suchen, nicht wahr, Jane?«
    »Ich sehnte mich nach Ihnen. Aber Sie dürfen deshalb nicht übermütig werden, hier sind wir in Thornfield. Lassen Sie mich absteigen.«
    Er ließ mich an der Terrasse vom Pferd steigen. Nachdem John ihm das Tier abgenommen hatte, folgte er mir in die Halle und sagte, ich solle mich mit dem Wechseln meiner Kleidung beeilen, und dann zu ihm ins Bibliothekszimmer kommen. Als ich im Begriff war, die Treppe hinaufzusteigen, hielt er mich auf, um mir das Versprechen abzunehmen, dass ich nicht lange bleiben würde. Und ich brauchte auch nicht viel Zeit; nach kaum fünf Minuten war ich wieder bei ihm. Ich fand ihn beim Abendessen.
    »Nimm einen Stuhl und leiste mir Gesellschaft, Jane. Wenn es Gott gefällt, ist dies auf lange Zeit die vorletzte Mahlzeit, die du in Thornfield einnimmst.«
    Ich setzte mich an seine Seite, sagte aber, dass ich nichts essen könne.
    »Ist es, weil du eine Reise vor dir hast, Jane? Ist es der Gedanke, dass du London sehen wirst, was dir den Appetit raubt?«
    »Heute Abend liegen meine Aussichten nicht klar vor mir, Sir, und ich weiß kaum, welche Gedanken mein Hirn durchkreuzen. Alles erscheint mir so seltsam, so unwahrscheinlich.«
    »Mit Ausnahme meiner selbst, nicht wahr? Ich bin doch Wirklichkeit? Da, berühre mich!«
    »Sie, Sir, sind von allem das Geisterhafteste – Sie sind nichts als ein Traum.«
    Er streckte mir seine Hand entgegen und fragte lachend:»Ist das ein Traum?« Dann hielt er sie mir dicht vor die Augen. Er hatte eine wohlgerundete, kräftige Hand und einen langen, starken Arm.
    »Ja, wenn ich sie auch berühre – es ist doch ein Traum«, sagte ich, als ich die Hand beiseiteschob. »Sir, haben Sie Ihre Abendmahlzeit beendet?«
    »Ja, Jane.«
    Ich zog die Glocke und ließ die Speisen abräumen. Als wir wieder allein waren, schürte ich das Feuer von Neuem und setzte mich dann auf einen niedrigen Schemel zu den Füßen meines Herrn.
    »Es ist bald Mitternacht«, sagte ich.
    »Ja, Jane, aber du hast doch nicht vergessen, dass du mir versprochen hast, in der Nacht vor meiner Hochzeit mit mir zu wachen?«
    »Ich erinnere mich dessen wohl, und ich werde mein Versprechen halten; wenigstens für ein oder zwei Stunden. Ich hege nicht den Wunsch, schlafen zu gehen.«
    »Bist du mit allen

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