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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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Zeilen, die mich sonststets gefesselt hatten. Also öffnete ich die Glastür, welche aus dem Frühstückszimmer in den Garten führte. Die jungen Anpflanzungen lagen still vor mir; der strenge Frost, weder durch Sonne noch Wind gestört, hatte sein Reich im Garten aufgeschlagen. Ich bedeckte meinen Kopf und meine Arme mit dem Rand meines Kleides und lief hinaus, um in einen abgeschiedenen Teil des Parks zu gelangen. Aber ich fand keine Freude an den stillen, bewegungslosen Bäumen, den herabfallenden Tannenzapfen, den erstarrten Relikten des Herbstes, den braunen, welken Blättern, welche der Wind in Haufen zusammengefegt und der Frost bewegungslos gemacht hatte. Ich lehnte mich gegen eine Pforte und blickte auf eine einsame Weide, auf welcher keine Schafe mehr grasten, wo das kurze Gras geschwärzt, welk und traurig aussah. Es war ein sehr grauer Tag. Ein matter Himmel, der voll Wolken hing, wölbte sich über die Landschaft; dann und wann fielen einige Schneeflocken, die auf den hart gefrorenen Wegen, den Büschen und Bäumen liegenblieben, ohne zu schmelzen.
    Da stand ich nun, ein unglückliches Kind, und flüsterte immer wieder: »Was soll ich tun? Was soll ich nur tun?«
    Plötzlich hörte ich eine helle Stimme nach mir rufen: »Miss Jane! Wo sind Sie? Kommen Sie zum Mittagessen!«
    Ich wusste sehr wohl, dass es Bessie war, aber ich rührte mich nicht von der Stelle. Dann ertönte ihr leichter Schritt auf dem Gartenweg.
    »Sie unartiges, kleines Ding!«, sagte sie. »Weshalb kommen Sie nicht, wenn man Sie ruft?«
    Bessies Gegenwart hellte die düsteren Gedanken auf, die meine Gesellschaft gewesen waren, obwohl Bessie wie gewöhnlich etwas zornig war. Eigentlich machte ich mir nach meiner siegreichen Auseinandersetzung mit Mrs. Reed kaum noch etwas aus dem vorübergehenden Zorn des Kindermädchens. Ich war vielmehr geneigt, mich in ihrer jugendlichen Unbeschwertheit zu sonnen. So schlang ichdenn meine beiden Arme um ihren Hals und sagte schmeichelnd: »Komm Bessie, schimpf nicht mit mir!«
    Dies war natürlicher und furchtloser als nur irgendetwas, was ich mir je erlaubt hatte; aber anscheinend gefiel es Bessie auch.
    »Sie sind ein sonderbares Kind, Miss Jane«, sagte sie, indem sie zu mir herabblickte. »Ein ruheloses, einsames kleines Ding. Und nun wird man Sie also in die Schule schicken?«
    Ich nickte.
    »Und wird es Ihnen nicht schwer werden, Ihre arme Bessie zu verlassen?«
    »Was sollte das Bessie schon ausmachen? Sie schimpft ja immer nur mit mir.«
    »Weil Sie ein so furchtsames, scheues, sonderbares kleines Ding sind. Sie sollten mutiger sein.«
    »Was? Um noch mehr Schläge zu bekommen?«
    »Unsinn! Aber es ist schon wahr, es wird hart mit Ihnen umgegangen. Als meine Mutter mich vorige Woche besuchte, sagte sie, dass sie keins von ihren kleinen Kindern an Ihrer Stelle wissen möchte. – Aber kommen Sie jetzt nur herein, ich habe Ihnen etwas Schönes zu erzählen!«
    »Ach nein, Bessie, das glaube ich nicht.«
    »Kind! Was fällt Ihnen denn ein? Mit welch traurigen Augen Sie mich ansehen! Nun, die gnädige Frau und die jungen Damen und Master John fahren heute Nachmittag zum Tee aus, und Sie sollen mit mir Tee trinken. Ich werde die Köchin bitten, dass sie Ihnen einen kleinen Kuchen bäckt. Und später sollen Sie mir helfen, Ihre Schränke und Schubladen durchzusehen, denn ich werde bald Ihren Koffer packen müssen. Die gnädige Frau hat beschlossen, dass Sie in ein bis zwei Tagen Gateshead verlassen sollen. Sie dürfen sich die Spielsachen aussuchen, die Sie mitnehmen möchten.«
    »Bessie, du musst mir versprechen, nicht mehr mit mir zu schimpfen, solange ich noch hier bin.«
    »Nun, das will ich Ihnen versprechen! Aber nun müssenSie auch ein gutes Kind sein und sich nicht mehr vor mir fürchten. Schrecken Sie nicht immer gleich auf, wenn ich einmal ein bisschen scharf spreche, das ärgert mich!«
    »Nein, ich glaube nicht, dass ich mich jemals wieder vor dir fürchten werde, Bessie; ich habe mich jetzt an dich gewöhnt, und gar bald werden andere Leute da sein, vor denen ich mich zu fürchten habe.«
    »Wenn Sie sich vor den Leuten fürchten, so werden die Sie niemals mögen.«
    »So wie du, Bessie?«
    »Oh, ich habe Sie lieb, Fräulein, ich glaube, ich halte mehr von Ihnen, als von all den anderen.«
    »Aber du zeigst es mir nicht!«
    »Sie kluges, kleines Ding! Sie sprechen mit einem Mal ganz anders. Was macht Sie denn so mutig, so verwegen?«
    »Nun, ich werde ja bald weit von hier sein, und

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